Leivtec XV3: Bei Behörden beliebtes Geschwindigkeitsmessgerät zeigt erneut Schwächen

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Hinter dem Namen Leivtec XV3 verbirgt sich ein kleines unscheinbares Lasermessgerät, das ohne besondere Aufbauvoraussetzungen universell eingesetzt werden kann. Man kann aus einem Fahrzeug heraus messen, es auf einem Stativ am Straßenrand oder im Gebüsch abstellen oder mit einer Halterung an einem Baum oder an einem Zaun befestigen. Besonders beaufsichtigen muss man es beim Messbetrieb nicht, jedenfalls nicht, um die Messungen zu kontrollieren. Weil der Einsatz so einfach ist, ist es bei Polizei und Bußgeldstellen beliebt. Das System wird vor allem innerorts oder an Landstraßen betrieben. Man kann Kameras und Blitzgeräte anschließen, muss das aber nicht. Messungen geschehen ohne Blitz sehr unauffällig. Nachfolgende Verkehrsteilnehmer werden durch den Messvorgang nicht gewarnt.

Allgemein wird das Gerät von Behörden und Bußgeldrichtern bis jetzt für sehr zuverlässig gehalten. Die Obergerichte in Deutschland bestätigen immer wieder, dass es sich um ein standardisiertes Messverfahren handelt. Darunter versteht man ein geprüftes zugelassenes Gerät, dessen Ergebnisse der Bußgeldrichter verwerten darf und muss, ohne das richtige Zustandekommen der Messwerte überprüfen zu müssen oder in Zweifel ziehen zu dürfen, jedenfalls solange sich nicht aus den vorzulegenden Unterlagen Zweifel aufdrängen.

Zu einer Messung gehören sehr übersichtliche Informationen, die sich im Wesentlichen auf Messprotokoll, Eichschein und zwei Messfotos beschränken. In den Messfotos befindet sich ein eingeblendeter Auswerterahmen, in welchem sich an definierter Position das gemessene Fahrzeug befinden muss. Im Grunde lässt sich sagen, dass bei den Messungen, die von den Behörden für verwertbar erachtet werden und die nach Einsprüchen dem Gericht vorgelegt werden, diese Unterlagen gewöhnlich passen und sich daraus keine Zweifel an der Richtigkeit der Messung aufdrängen. Für Betroffene waren Erfolge daher bisher kaum zu erwarten.

Das ist aber gerade bei Leivtex XV3 durchaus verwunderlich, denn das Gerät war in den letzten Jahren immer mal wieder in der Kritik. Es begann schon vor über 10 Jahren, als das Vorgängersystem, das noch bei den Messungen mit Videoaufzeichnungen arbeitete, wegen des Verbots von verdachtsunabhängig angefertigten Filmaufnahmen technisch überarbeitet werden musste. In Dresden kam damals noch hinzu, dass die Auswertung der Videos einer privaten Firma überlassen worden war, obwohl nicht nur die Messwerterhebung, sondern auch die Auswertung hoheitliche Aufgabe ist, die nicht auf Privatfirmen delegiert werden kann. Später wurde in einem gerichtlichen Verfahren entdeckt, dass im Gerät Systemkomponenten mit einem Spiralkabel verbunden waren, das auseinandergezogen eine größere Länge aufwies, als von der Zulassungsbehörde vorgegeben war. Ein Desaster für Bußgeldrichter, die nun in vielen Verfahren aufwändig trotz des Mangels die Verwertbarkeit der Messungen mit Sachverständigengutachten herbeizuführen bemüht waren.

Im letzten Jahr schließlich gehörte auch Leivtec XV3 zu den drei Lasergeräten, denen der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes attestierte, dass ihre Messwertbildung für Betroffene mit von ihnen beauftragten Sachverständigen nicht überprüfbar ist, was im gerichtlichen Verfahren ein Verstoß gegen Grundsätze eines fairen Verfahrens wäre. Zumindest vorübergehend sind dann alle drei Geräte im Saarland nicht mehr für Geschwindigkeitsmessungen eingesetzt worden.

Nun hat sich erneut herausgestellt, dass das Gerät alles andere als zuverlässig misst. Eine Gruppe von Sachverständigen hat herausgefunden, dass es bei bestimmten Messsituationen zu erheblichen Messwertabweichungen kommen kann, die von den Fehlertoleranzen nicht mehr gedeckt sind. Dadurch entsteht die Situation, dass nur noch ein Sachverständiger überprüfen kann, ob eine Messung korrekt ist oder nicht. Der Beteiligte im Verfahren, der nicht Sachverständiger ist, also beispielsweise der Verteidiger oder der Richter, kann anhand der Messunterlagen nicht erkennen, ob das Messergebnis fehlerbehaftet ist oder nicht. Die Konsequenz müsste jetzt sein, bei dem Einsatz dieses Gerätes nicht mehr von einem standardisierten Verfahren auszugehen und daher für jede Messung eine weitergehende Prüfung durchzuführen. Das kann die Justiz aber mit vertretbarem Aufwand nicht leisten. Bisherige noch nicht abgeschlossene Verfahren sollten eingestellt und bis zur technischen Aufklärung der Probleme das System nicht mehr eingesetzt werden.


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