Liegt eine Erpressung vor, wenn man jemanden dazu zwingt einen Diebstahl zu begehen?

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Erpressung ist ein Vermögensdelikt, welches das Vermögen des Geschädigten und dessen persönliche Freiheit der Willensentschließung und Willensbetätigung schützt. Unterschieden wird zwischen der einfachen Erpressung gemäß § 253 StGB und der räuberischen Erpressung gemäß § 255 StGB.

Die einfache Erpressung gemäß § 253 StGB

In § 253 StGB heißt es:

„Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ 

Erforderlich ist also zunächst eine Nötigungshandlung in Form der Gewalt gegen Sachen oder der Drohung mit einem empfindlichen Übel. Unter Gewalt ist dabei jede physische Beeinträchtigung notstandsfähiger (körperlicher) Güter zu verstehen. Eine Drohung mit einem empfindlichen Übel meint, dass der Täter ein empfindliches Übel in Aussicht stellt, auf das er Einfluss zu haben vorgibt.

Auch notwendig ist ein Nötigungserfolg. Man muss durch die Nötigungshandlung eine Handlung, Duldung oder Unterlassung des Geschädigten erzielen.  

Zudem muss der Geschädigte durch die Nötigung einen Vermögensnachteil erleiden. Ein solcher liegt vor, wenn die durch einen Vergleich aller geldwerten Güter zu ermittelnde Vermögenslage des Genötigten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nach der Nötigung ungünstiger ist als zuvor.

Die räuberische Erpressung gemäß § 255 StGB 

Die räuberische Erpressung gemäß § 255 StGB stellt eine Qualifikation zur einfachen Erpressung dar und zeichnet sich dadurch aus, dass der Täter qualifizierte Nötigungsmittel verwendet.

In § 255 StGB heißt es:

„Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.“

Während bei der einfachen Erpressung auch die Gewalt gegen Sachen ausreicht, so setzt die räuberische Erpressung gemäß § 255 StGB die Gewalt gegen eine Person voraus. Auch hinsichtlich der Androhung gibt es Unterschiede. Bei der einfachen Erpressung ist es ausreichend, dass das angedrohte Übel z.B. einen Vermögensnachteil darstellt, bei der räuberischen Erpressung ist es jedoch notwendig, dass der Täter mit gegenwärtiger Gefahr für Leben oder Leib droht.

Begründet die Nötigung zur Begehung einer Straftat eine Strafbarkeit wegen Erpressung?

In seiner Entscheidung vom 08. Januar 2020 (4 StR 548/19) beschäftigte sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob eine Nötigung zur Begehung einer Straftat einen Vermögensnachteil bei dem Betroffenen und somit eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen Erpressung begründet.

Der Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Der Angeklagte wollte sich vorliegend Marihuana kaufen, hatte jedoch kein Geld dafür. Er bedrohte daher zwei 13-jährige Jungen mit einem Messer und forderte sie auf, für ihn in der Innenstadt von Detmold Wertgegenstände zu stehlen. Die beiden Jungen hatten verständlicherweise Angst vor dem Angeklagten und waren von dem vorgehaltenen Messer so beeindruckt, dass sie sich dem Angeklagten zunächst nicht widersetzten. Auf dem Weg in die Innenstadt gelang es den beiden Jungen aber, wegzulaufen und sich somit dem Angeklagten zu entziehen.

Das Landgericht Detmold hatte den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, wobei es in zwei Fällen bei dem Versuch blieb, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, sowie wegen Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Einheitsjugendstrafe von vier Jahren verurteilt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs hält die Verurteilung wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung gemäß §§ 22, 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB einer rechtlichen Überprüfung jedoch nicht stand, da der Tatplan des Angeklagten in subjektiver Hinsicht nicht auf die Begehung einer Erpressung gerichtet gewesen sei.

Es liege keine Erpressung zum Nachteil der beiden Nötigungsopfer vor, da die Handlung, zu welcher der Angeklagte die beiden Jungen nötigen wollte, nicht mit einem Vermögensnachteil dieser verbunden war. Einem abverlangten Verhalten, das sich in der Begehung einer Straftat erschöpft, komme im Vermögen des Genötigten kein wirtschaftlicher Wert zu, sodass die erzwungene Vornahme einer Straftat keinen Vermögensschaden beim Nötigungsopfer begründen könne.

Auch komme eine Erpressung zum Nachteil der durch die angestrebten Diebstahlstaten Geschädigten nicht in Betracht, da es nach den Vorstellungen des Angeklagten im Zeitpunkt der Nötigungshandlung an dem für eine Dreieckserpressung erforderlichen Näheverhältnis der Genötigten zu den geschädigten Vermögensinhabern fehle.

Der Angeklagte habe sich daher der versuchten Nötigung in zwei tateinheitlichen Fällen gemäß § 240 Abs. 1, 2 und 3 StGB schuldig gemacht.

Fazit 

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass sich ein Beschuldigter, welcher einen Betroffenen zu der Begehung einer Straftat nötigt, um sich an den Taterträgen zu bereichern, nicht wegen Erpressung strafbar macht, da der Betroffene keinen Vermögensnachteil im Sinne einer Erpressung erleidet.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht 

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen einfacher oder räuberischer Erpressung strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Steffen Dietrich

Beiträge zum Thema