Macht eine Mobbingklage gegen den Arbeitgeber Sinn?

  • 16 Minuten Lesezeit

Viele haben Arbeitnehmer, wenn sie vom Arbeitgeber oder Kollegen gemobbt werden, die Vorstellung, es solle eine Klage („Mobbingklage„) gegen den Arbeitgeber angestrengt werden.

Mit einer solchen Mobbingklage hat ein Arbeitnehmer das Ziel verfolgen, die Unterlassung von Mobbinghandlungen zu erreichen oder einen Schadensersatzanspruch durchzusetzen.

Ob eine Mobbingklage gegen den Arbeitgeber wegen des Mobbings die richtige und erfolgversprechende Lösung ist, muss sorgfältig abgewogen werden.

In der überwiegenden Zahl der Fälle muss dem Arbeitnehmer von einer solchen Mobbingklage gegen den Arbeitgeber abgeraten werden.

Alternativen prüfen

Auch wenn dem Arbeitnehmer von einer Mobbingklage abzuraten ist, bedeutet dies nicht, dass es keine alternativen Lösungsansätze gibt.

Selbstverständlich kann Arbeitnehmern, die von Mobbing geplagt sind, geholfen werden.

Die Anfeindungen und Schikanen im Betrieb des Arbeitgebers muss ein Arbeitnehmer nicht hinnehmen.

Das Abraten von einer Mobbingklage bedeutet nicht, dass gegen den Arbeitgeber keine Klage angestrengt werden sollte.

Es muss sich nur nicht in jedem Fall um eine Mobbingklage handeln.

Mobbing wirft schwierige Rechtsfragen auf.

Die Arbeitsgerichte sehen den Arbeitgeber in der Pflicht, den Arbeitnehmer im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auch vor Gefahren psychischer Art zu schützen.

Der Arbeitnehmer hat danach einen Anspruch auf Schutz vor systematischen Anfeindungen und vor schikanösem Verhalten durch Kollegen oder Vorgesetzte.

Die Realisierung dieser Rechte erweist sich in der Praxis aber als so schwierig, dass Mobbingklagen vor dem Arbeitsgericht in der überwiegenden Zahl der Fälle scheitern.

größte Problem = Darlegungs- und Beweislast

Für Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht stellt sich als größtes Problem die Erfüllung der Darlegung- und Beweislast – das bedeutet: Wer sein Recht bekommen muss, muss es auch beweisen können.

Wenn eine Mobbingklage des Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Erfolg haben soll, muss der betroffene Arbeitnehmer alle Vorfälle, die in ihrer Gesamtheit das Mobbing ausmachen, im Einzelnen darlegen (Darlegungslast) und, wenn die Vorfälle vom Arbeitgeber bestritten werden, auch beweisen (Beweislast).

Die Darlegungslast des Arbeitnehmers bedeutet, dass der Sachverhalt sorgfältig aufbereitet und dem Arbeitsgericht detailliert vorgetragen werden muss.

Der betroffene Arbeitnehmer muss die Anfeindungen, Schikanen, Diskriminierungen und Erniedrigungen, schlicht alles, was das konkrete Mobbing über Monate oder vielleicht Jahre ausmacht in allen Einzelheiten schildern.

Erforderlich sind auch Zeitangaben.

Zwar müssen die betroffenen Arbeitnehmer nicht das genaue Datum oder gar Uhrzeit benennen, es genügen auch ungefähre zeitliche Eingrenzungen, wann sich die Vorfälle zugetragen haben, damit das Arbeitsgericht ein solches Vorbringen überhaupt würdigt und nicht als „unsubstantiiert“ verwirft.

Weiterhin muss der betroffene Arbeitnehmer jeden einzelnen Vorfall unter Beweis stellen.

Als Beweismittel kommen hauptsächlich Zeugen und Schriftstücke – der Rechtsanwalt spricht von Urkunden – in Betracht.

Zeugen können beispielsweise Arbeitskollegen, Kunden oder Betriebsratsmitglieder sein.

Nach Möglichkeit sollten die Zeugen sich an die Vorkommnisse, über die sie etwas bekunden sollen, auch noch erinnern können und in der Lage sein, Angaben zum Beweisthema zu machen.

Notizen, die ein Zeuge sich etwa über die Begebenheit gemacht hat, wären hilfreich, sind aber in der Regel nicht vorhanden.

Betroffene Arbeitnehmer sollten auch bedenken, dass Zeugen in der Praxis dann, wenn es sich um Arbeitskollegen, also um Arbeitnehmer des Arbeitgebers handelt, oftmals wenig geneigt sind, gegen den eigenen Arbeitgeber auszusagen.

Arbeitnehmer, die als Zeugen gegen den eigenen Arbeitgeber fungieren, befinden sich schließlich in einem Konflikt, weil sie befürchten, im Fall einer Aussage Repressalien durch den Arbeitgeber ausgesetzt zu sein.

Als Beweismittel kommen auch Schriftstücke in Betracht, z.B. beleidigende Mails oder schriftlich dokumentierte Anfeindungen oder Fotos von Aushängen im Betrieb oder ähnlich.

Die Möglichkeit, auf solche Beweismittel zurückzugreifen, besteht erfahrungsgemäß eher selten.

Betroffene Arbeitnehmer werden schnell erkennen, dass die Hürden, die einer Mobbingklage entgegenstehen, unüberwindlich sind.

Die meisten Mobbingfälle kommen erst gar nicht vor das Arbeitsgericht, weil das Mobbingopfer keine oder nur unzulängliche Aufzeichnungen besitzt, die Vorfälle aus der Erinnerung im Nachhinein nicht mehr genau darlegen und sie erst recht nicht einem bestimmten Datum zuordnen kann.

Es genügt nicht, wenn ein betroffener Arbeitnehmer dem Arbeitsgericht vorträgt, ein Vorgesetzter oder Arbeitskollege habe ihn ständig erniedrigt, blöd angesehen und schikaniert.

Die Mobbingklage wird vom Arbeitsgericht als unschlüssig angesehen und abgewiesen, wenn das Vorbringen nicht hinreichend konkretisiert wird.

Das Arbeitsgericht wertet nur solche Vorfälle, die detailliert geschildert werden und sich wenigstens ungefähr datieren lassen.

Das bedeutet nicht, dass betroffenen Arbeitnehmern der eigene Rechtsanwalt oder das Arbeitsgericht nicht glauben, doch das Arbeitsgericht kann nur ein Urteil zugunsten des betroffenen Arbeitnehmers erlassen, wenn es anhand von Darlegungen und Beweismitteln davon überzeugt ist, dass die Vorfälle so auch passierten.

Arbeitnehmer, die Mobbingopfer sind ist als erstes ein sogenanntes Mobbingtagebuch zu raten, in welchem die Geschehnisse lückenlos dokumentiert sind und jedes Vorkommnis unter Angabe von Datum und Uhrzeit genau festgehalten ist und notiert wird, wer davon etwas mitbekommen hat (Zeugen).

Die Frage wird von betroffenen Arbeitnehmern sehr oft verneint.

Ohne Aufzeichnungen ist es praktisch unmöglich, in einer Klageschrift die Ereignisse, die das Mobbing ausmachen, so hinreichend zu beschreiben und mit einer ungefähren Zeitangabe zu versehen, dass für das Arbeitsgericht deutlich wird, dass es sich nicht etwa nur um zusammenhanglose Begebenheiten, sondern um fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende Vorkommnisse und somit um Mobbing handelt.

Die Vorkommnisse, die das Mobbing ausmachen, müssen dem Arbeitsgericht in einer Klageschrift zunächst genau (substantiiert) und unter Angabe der Beweismittel geschildert werden.

Als nächstes muss in der Klageschrift vorgetragenen Tatsachen auch beweisen.

Der Rechtsanwalt spricht dabei von der sogenannten Beweislast.

Selbst wenn der betroffene Arbeitnehmer meint, über Beweismittel (Zeugen, Dokumente etc.) zu verfügen, bedeutet das noch lange nicht, dass die Beweisführung vor dem Arbeitsgericht auch gelingt.

Der Arbeitgeber wird die Behauptungen des klagenden Arbeitnehmers in der Regel ganz einfach bestreiten.

Der betroffene Arbeitnehmer muss dann den Beweis vor dem Arbeitsgericht führen.

Der betroffene Arbeitnehmer muss sich deshalb zunächst die Frage stellen, ob die Beweismittel ausreichen, das Arbeitsgericht vom Mobbing zu überzeugen.

Gelingt der Beweis für den betroffenen Arbeitnehmer nicht, wird das Arbeitsgericht die Mobbingklage abweisen.

Der von Mobbing betroffene Arbeitnehmer trägt, um dies nochmals zu verdeutlichen, die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher Tatsachen (Mobbinghandlungen).

Der Arbeitnehmer muss dann, wenn er mit der Mobbingklage Schadensersatz fordert oder einen Schmerzensgeldanspruch geltend macht oder Unterlassung fordert, auch den Nachweis über den ihm entstandenen Schaden bzw. die erlittenen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen führen.

Wegen dieser hohen Anforderungen zeigt bereits oft in der Vorbereitung der Mobbingklage in der Regel kaum zu überwindenden Hürden auf, die den Erfolg in eine weite Ferne rücken lassen.

Liegt Mobbing vor?

Ansprüche wegen Mobbings sind, wie die Praxis zeigt, in der überwiegenden Zahl der Fälle rechtlich nicht durchsetzbar.

Die Rechtslage ist ungeklärt und umstritten.

Die Rechtsprechung hat zu den Ansprüchen wegen Mobbing bisher noch keine scharfen Konturen entwickelt.

Auch sind die Rechtsfolgen (Schadensersatz, Schmerzensgeld, Zurückbehaltungsrechte, Abhilfeanspruch, Unterlassungsanspruch etc.) ebenfalls sehr umstritten.

Eine Mobbingklage kann nur dann Erfolg haben, wenn es sich bei den Angriffen (Anfeindungen, Schikanen, Diskriminierungen), denen der betroffene Arbeitnehmer ausgesetzt ist, um „Mobbing“ im Rechtssinne handelt.

Unter Zugrundelegung der von der Rechtsprechung definierten Anspruchsvoraussetzungen mag ein Arbeitnehmer zwar in vielen Fällen subjektiv das Gefühl haben, von Mobbing betroffen zu sein.

Tatsächlich lassen sich aber die meisten Fälle nicht als Mobbing im Rechtsinne klassifizieren, weil es an einer systematischen, gegen den Arbeitnehmer gerichteten Vorgehensweise fehlt, die zielgerichtet ist, den Arbeitnehmer in seinen Rechten zu beeinträchtigen.

Aus diesen Gründen zeigt die Praxis, dass Ansprüche von Arbeitnehmern wegen Mobbing in der überwiegenden Zahl der Fälle schlicht vor dem Arbeitsgericht nicht durchsetzbar sind.

Mobbingklagen spielen in der Praxis der Rechtsanwälte und in der Folge auch vor dem Arbeitsgericht so gut wie keine Rolle.

In der arbeitsrechtlichen Literatur werden seit Jahren die gleichen – nur ganz wenigen – Urteile zitiert, die Mobbing zum Gegenstand haben.

Neue Urteile kommen kaum hinzu.

Und wer in juristischen Datenbanken recherchiert, wird feststellen, dass die betroffenen Arbeitnehmer, also die Mobbingopfer, nur selten vor dem Arbeitsgericht gewinnen.

Mehrheitlich werden diese Mobbingklagen abgewiesen.

Urteile, in denen der betroffene Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht Recht bekommen hat, finden sich nur vereinzelt.

Solche Urteile werden dann zwar in der Presse und der Literatur prominent erwähnt, so dass der Eindruck entsteht, Mobbingklagen seien Erfolg versprechend – das Gegenteil ist aber tatsächlich der Fall, denn die meisten Klagen werden „leise“ abgewiesen.

Mobbingklage = große psychische Belastung

Betroffene Arbeitnehmer mögen auch bedenken, dass dann, wenn sie mit der Mobbingklage gegen den Arbeitgeber vor das Arbeitsgericht ziehen, enormen psychischen Belastungen ausgesetzt sind.

Betroffene Arbeitnehmer sollten diesen Faktor zwingend in die Überlegung einer Mobbingklage auch mit einbeziehen, dass die gerichtliche Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht psychisch enorm belasten wir und „alte Wunden“ wieder aufbricht und gegenwärtig macht.

Jeder Psychologe wird betroffenen Arbeitnehmern von dieser Selbstschädigung abraten.

Ein betroffener Arbeitnehmer muss seinen Rechtsanwalt mit den erforderlichen Informationen versorgen.

Diese Informationen muss der betroffene Arbeitnehmer zusammentragen und sorgfältig aufbereiten.

Das ist nicht nur mit einem erheblichen Aufwand verbunden.

Die Erinnerungen an alle Übergriffe und Schikanen, denen betroffene Arbeitnehmer ausgesetzt waren, werden so wieder lebendig.

Betroffene Arbeitnehmer durchleben das ganze Leid, dass sie erfahren haben, praktisch noch einmal.

Eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, speziell wenn es sich um eine Mobbingklage handelt, kann sich lange hinziehen.

Wenn die Mobbingklage eingereicht ist, findet zunächst ein Gütetermin statt.

Im Gütetermin wird der Sachverhalt zunächst grob erörtert.

Das Arbeitsgericht hat im Gütetermin die Aufgabe, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken.

Um die Sachlage erörtern zu können und auszuloten, ob Verständigungsmöglichkeiten durch einen Vergleich bestehen, wird das Arbeitsgericht wahrscheinlich die Teilnahme am Gütetermin für erforderlich halten und das persönliche Erscheinen des betroffenen Arbeitnehmers und des Arbeitgebers anordnen.

Das bedeutet, dass der betroffene Arbeitnehmer an dem Gütetermin teilnehmen muss und hier dann auch noch mit einem bevollmächtigten Vertreter des Arbeitgebers oder gar mit dem Arbeitgeber persönlich konfrontiert wird.

Viele von Mobbing betroffene Arbeitnehmer fühlen sich dazu nicht in der Lage.

Betroffene Arbeitnehmer sollten sich auch die Frage stellen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Arbeitgeber im Gütetermin einlenkt und sich zur Unterlassung von Mobbing oder gar zur Leistung von Schadensersatz verpflichtet.

Der Arbeitgeber würde damit praktisch anerkennen, dass der Arbeitnehmer gemobbt wurde.

Dies ist sehr unwahrscheinlich.

Es ist zu erwarten, dass der Gütetermin ohne Einigung endet und damit scheitert.

Das Arbeitsgericht beraumt dann einen weiteren Termin, den sogenannten Kammertermin, an, der erfahrungsgemäß drei bis sechs Monate später stattfindet.

Bis dahin bleibt alles in der Schwebe.

Betroffene Arbeitnehmer sind durch die Mobbingklage im gerichtlichen Verfahren gefangen und die psychische Belastung dauert an.

Das Arbeitsgericht gibt dem Arbeitgeber nun auf, zu der Mobbingklage, also zu den Mobbingvorwürfen, Stellung zu nehmen.

Es ist zu erwarten, dass der Arbeitgeber hier alle Situationen, Handlungen und Behauptungen bestreiten wird.

Es ist regelmäßig so, dass Arbeitgeber, die Beschuldigungen nicht auf sich sitzen lassen.

Nicht selten kommt es vor, dass die mit einer Mobbingklage vor das Arbeitsgericht ziehende Arbeitnehmer als Lügner, Psychopath, Sensibelchen oder Querulanten hingestellt werden, der maßlos übertreibt und sich das meiste nur eingebildet hat.

Auch dies wird den betroffenen Arbeitnehmer weiter psychisch schwer in Mitleidenschaft ziehen.

Sollte die Psyche des betroffenen Arbeitnehmers schon vorher angeschlagen gewesen sein, kann es sogar so weit kommen, dass er spätestens durch die Mobbingklage krank wird.

Damit bleibt festzustellen, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Mobbingklage zu verlieren, größer ist, als die Chance, ihn zu gewinnen.

Von Mobbing betroffene Arbeitnehmer riskieren so, am Ende als der Verlierer dazustehen und der Arbeitgeber den Triumph zu gönnen, den Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht geschlagen zu haben.

Betroffene Arbeitnehmer sollten also gründlich überlegen eine Mobbingklage gegen den eigenen Arbeitgeber anzustrengen.

Im Zweifel ist dies nicht der richtige Weg.

Aus diesem Grund raten Rechtsanwälte in der überwiegenden Zahl der Fälle – eigentlich so gut wie immer – von einer Mobbingklage ab.

Alternative zur Mobbingklage

Aber auch dann, wenn von einer Mobbingklage abzuraten ist, bedeutet das nicht, dass betroffene Arbeitnehmer keine Aussicht haben, etwas zu erreichen.

Fast immer kann einem betroffenen Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber oder im Betrieb des Arbeitgebers angefeindet oder schikaniert wird, ein Weg aufzeigen, der ihn aus seiner Krise herausführt.

Wenn Sie an Arbeitnehmer am Arbeitsplatz gemobbt werden, bedarf es einer sorgfältigen Analyse der konkreten Situation.

Die Analyse ermöglicht es dem betroffenen Arbeitnehmer, zu entscheiden, was die bessere Alternative ist, nämlich das Arbeitsverhältnis fortsetzen oder beenden.

Diese beiden Alternativen müssen gegeneinander abgewogen werden, um hieraus die für beste Entscheidung herzuleiten.

Wenn sich Arbeitnehmer dafür entscheiden, das Arbeitsverhältnis zu beenden, so sollte dies natürlich zu den bestmöglichen Bedingungen geschehen:

  • Der Arbeitnehmer sollte während der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeit freigestellt werden. 
  • Der Arbeitgeber sollte eine angemessene Abfindung zahlen. 
  • Außerdem sollte dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis erhalten, welches dem beruflichen Fortkommen dient. 
  • Und schließlich sollte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses so gestaltet werden, dass die Agentur für Arbeit keine Sperrzeit verhängt, falls der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht sofort eine Anschlussbeschäftigung finden.

Für die zu treffende Entscheidung sollte der Arbeitnehmer sich zunächst selbst fragen, ob es realistisch ist, dass in der Zukunft ein konfliktfreier Arbeitsplatz beim Arbeitgeber gegeben ist.

Dies ist der Fall, wenn die realistische Möglichkeit besteht, dass die Konfliktsituation am Arbeitsplatz bereinigt werden kann und dass es möglich ist, Voraussetzungen zu schaffen, das Arbeitsverhältnis irgendwann unbelastet fortzusetzen.

Diese Möglichkeit ist gegeben, wenn irgendetwas gibt, was denjenigen oder diejenigen, von denen das Mobbing ausgeht, dazu veranlassen könnte, ihr Verhalten in Zukunft zu ändern.

Um diese Hoffnung zu rechtfertigen, bedarf es greifbarer Umstände.

Arbeitnehmer sollten eingehend prüfen, ob die Erwartungen an das zukünftige Verhalten des Arbeitgebers oder der Kollegen realistisch ist oder ob es sich nur um Wunschdenken handelt.

Wenn betroffene Arbeitnehmer hingegen davon ausgehen, dass das Mobbing niemals enden wird und der Mobbingtäter nicht freiwillig einlenken wird, dann ist das Arbeitsverhältnis nicht aufrecht zu erhalten.

Viele Arbeitnehmer glauben dennoch, dass sie ein Ziel erreichen können, wenn sie gegen den Arbeitgeber rechtlich vorgehen, beispielsweise mit einer Mobbingklage.

Aus der Erfahrung heraus kann jedoch gesagt werden, dass Arbeitnehmer, wenn sie sich von durch einen Rechtsanwalt beraten lassen, entweder schon alle Möglichkeiten einer Konfliktbereinigung ausgeschöpft haben, oder sie halten den Versuch einer außergerichtlichen Bereinigung des Konflikts von vornherein für nicht Erfolg versprechend.

Arbeitnehmer, die nicht glauben oder nicht mehr daran glauben, dass sich im Guten noch etwas mit dem Arbeitgeber in Bezug auf das Mobbing regeln lässt suchen dann oft die Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber.

Arbeitnehmer, die von Mobbing geplagt sind, wollen dann ihre Rechte mit juristischen Mitteln durchsetzen und suchen dazu die Unterstützung eines Rechtsanwalts.

Den von Mobbing betroffenen Arbeitnehmer geht es schlicht um Gerechtigkeit.

Aber solche Gerechtigkeit wird mit einer Mobbingklage, also einer auf Wiedergutmachung (Unterlassung, Schadensersatz etc.) gerichteten Klage, im Zweifel kaum etwas erreichen werden.

Im Gegenteil wird durch eine Mobbingklage gegen den Arbeitgeber der Arbeitnehmer erst richtig unbeliebt.

Sind Arbeitnehmer erst einmal – unter Einschaltung eines Rechtsanwalts – gegen den Arbeitgeber vorgegangen und haben diesen verklagt, werden die Arbeitnehmer schnell feststellen, dass sie beim Arbeitgeber verbrannt sind.

Arbeitnehmer müssen jetzt noch viel mehr damit rechnen, dass ihnen das (Arbeits-)Leben schwer gemacht wird.

Viele Arbeitnehmer haben den Optimismus, den längeren Atem zu haben und zäh zu sein.

Die Arbeitnehmer meinen, wenn sie nur lange genug durchhalten, werden ihre Widersacher am Ende aufgeben oder nachgeben.

Sehr häufig sind Zweifel angebracht, ob der Optimismus gerechtfertigt ist.

Oft sind berechtigte Zweifel angebracht, ob der Arbeitnehmer wirklich über das erforderliche Durchhaltevermögen verfügt.

Oft ist bei Arbeitnehmer festzustellen, dass sich schon erste Symptome einer psychischen Krise zeigen, die sich durch unruhigen Schlaf bis hin zur Schlaflosigkeit, nächtliche Schweißausbrüche, Angst vor dem nächsten Tag, Widerwillen, überhaupt zur Arbeit zu gehen, zeigen.

Wenn Arbeitnehmer bereits diese Symptome bei sich feststellen, ist es nach sehr illusorisch, anzunehmen, dass sie den gegenwärtigen Zustand noch sehr viel länger durchhalten werden.

Arbeitnehmer sollten sich die ernsthafte Frage stellen, wie wahrscheinlich es ist, in einem halben oder einem Jahr noch gesund zu sein.

Arbeitnehmer sollten sich in einer anhaltenden Mobbingsituation eingestehen, dass die Aussicht, bei unverändertem Fortbestehen der Situation an Ihrem Arbeitsplatz auf Dauer gesund zu bleiben, vielleicht doch nicht so hoch ist.

Arbeitnehmer sollten sich weitere die Frage stellen, ob sie das Arbeitsverhältnis unter allen Umständen fortsetzen wollen, auch auf die Gefahr hin, ernsthaft zu erkranken.

Arbeitnehmer wenden dann oft ein, dass sie gar keine Wahl haben, weil der Arbeitsplatz von existenzieller Bedeutung ist.

Das mag zwar so sein.

Arbeitnehmer sollten aber bedenken, dass ein Arbeitsplatz auch dann nichts mehr nützt, wenn der Arbeitnehmer am Ende auf der Strecke bleibt, weil er krank wird.

Wenn die Gesundheit erst einmal ruiniert ist, können Arbeitnehmer unter Umständen auf längere Sicht überhaupt nicht mehr arbeiten – und zwar weder beim derzeitigen Arbeitgeber noch bei einem potenziellen neuen Arbeitgeber.

In den allermeisten Fällen, in denen eine Entspannung der Konfliktlage am Arbeitsplatz nicht zu erwarten ist, ist eine Strategie, die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zielt zu favorisieren.

Erst recht gilt dies dann, wenn die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers entweder bereits angegriffen oder zumindest bedroht ist.

In diesen Fällen sollte nach dem Grundsatz gehandelt werden: „Lieber ein Ende mit Schrecken – als Schrecken ohne Ende!“

Bei objektiver Betrachtung verliert die gewollte Herbeiführung des Endes des Arbeitsverhältnisses seinen Schrecken, wenn man sich die Alternativen klarmacht.

Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit des Weiterbestehens der Konfliktlage am Arbeitsplatz bis hin zum Verlust der Gesundheit.

Arbeitnehmer, die sich dies vor Augen halten können, sich vielleicht vorstellen, dass die Furcht vor den Konsequenzen, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit sich bringt, seinen Schrecken verliert, bei dem Gedanken an die Zukunft, die dann vor ihnen liegt.

Wenn es dem Arbeitnehmer gelingt, das Arbeitsverhältnis und alles damit verbundene Negative hinter sich zu lassen, wird der Arbeitnehmer in der Lage sein, sich einer besseren Zukunft zuzuwenden.

Arbeitnehmern ist zu raten rechtzeitig aktiv zu werde, solange sie gesundheitlich noch dazu in der Lage sind!

Wenn sich der Arbeitnehmer entschließt, das Arbeitsverhältnis zu beenden und eine Strategie zu verfolgen, mit der sie den Arbeitgeber veranlassen können, eine Abfindung zu zahlen, so ist es ein unschätzbarer Vorteil, zu einem Zeitpunkt aktiv zu werden, zu dem sie noch nicht auf Dauer arbeitsunfähig erkrankt sind.

Wenn Arbeitnehmer so agieren wollen, dass der Arbeitgeber am Ende eine Abfindung zahlt, ist es praktisch unabdingbar, noch über die Kraft und Energie zu verfügen, um sich auf eine Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber einlassen zu können.

Hierzu ist eine gewisse Robustheit vonnöten, und es wäre von Vorteil, wenn der betroffene Arbeitnehmer noch über gesundheitliche Reserven verfügt.

Es besteht zwar auch dann eine Chance, eine Abfindung zu erstreiten, wenn der Arbeitnehmer psychisch nicht mehr in der Lage ist, sich einer Konfrontation mit dem Arbeitgeber auszusetzen.

In diesem Fall ist es aber sehr viel schwerer, eine Strategie zu entwickeln, die den Arbeitgeber bewegen kann, eine Abfindung an den Arbeitnehmer zu zahlen.

Wenn der Arbeitgeber weiß, wie es um die Gesundheit des Arbeitnehmers bestellt ist, könnte er vielleicht darauf spekulieren, dass der Arbeitnehmer gar nicht in der Lage sein wird, jemals wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren.

Er müsste dann nur abwarten.

Wenn die 6-wöchige Lohnfortzahlung im Krankheitsfall abgelaufen ist, kann er sich das auch leisten, denn solche Arbeitnehmer kosten ihn dann nämlich kein Geld mehr, weil nach Ablauf der 6 Wochen der Arbeitnehmer in den Krankengeldbezug durch die Krankenkasse rutscht.

Es gibt verschiedensten Strategien, die den Arbeitgeber am Ende in eine Position bringen, in der er sich von dem gemobbten Arbeitnehmer trennen will und um dieses Ziel zu erreichen, sogar zur Zahlung einer Abfindung bereit ist.

Die meisten dieser Strategien setzen ein aktives Mitwirken des Arbeitnehmers voraus.

Foto(s): kanzlei JURA.CC

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