Mit der Rechtsschutzversicherung die Scheidungskosten reduzieren.

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Während in der Anwaltspraxis im Verkehrsrecht die Frage nach einer Rechtschutzversicherung zum absoluten Standard gehört, wird bei einer familienrechtlichen Beratung danach nur in den seltensten Fällen gefragt – zu Unrecht, wie in diesem Beitrag für den Praktiker gezeigt werden soll.

Denn gerade in den letzten Jahren wurden die Produkte der Rechtsschutzversicherer insoweit geradezu drastisch erweitert. Neben dem auch seit langem gewährtem Beratungsrechtschutz und dem Rechtschutz für allgemein schuldrechtlichen Streitigkeiten zwischen Eheleuten bieten viele Versicherer heute auch ein Abdeckung für die weitere Tätigkeit über die Beratung hinaus.

Der Beitrag soll einen kleinen Überblick für die Praxis des Anwalts schaffen, aber auch dem Betroffenen zeigen, wo seine Scheidung von den Kosten gedeckelt werden kann.

1.

Die Eingangsfrage lautet immer: wer bin ich/wer ist es?

Denn nur der Versicherungsnehmer als Vertragsinhaber der Versicherung ist gedeckt. Der – nur – mitversicherte Ehegatte kann nach allgemeinen Bedingungen keine Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer erheben. Das ist logisch: die Versicherung finanziert ja nicht Aktionen gegen den eigenen Vertragspartner, dem Versicherungsnehmer.

Nützlich es auch gleich zu Beginn nach einer Selbstbeteiligung (SB) zu fragen: die Deckung für eine Beratung, die i.d.R. rund 226,00 € kostet nützt nichts, wenn eine SB von 250,00 € besteht. SBen sind häufig, Verträge mit SBen teilweise bis zu 500,00 € sind nicht selten!

2.

Stets gedeckt war die – erste – Beratung.

Ebenfalls seit jeher sind natürlich auch schuldrechtliche Streitigkeiten der Eheleute gedeckt. Die Einschränkung mit dem Hinweis, dass hier ja zwischen Ehefrau und Ehemann gestritten wird, ist bei Versicherer ebenso beliebt wie unzutreffend. Ein Anspruch ist nicht familienrechtlicher Natur, nur wegen der beteiligten Personen. Eine griffige Abgrenzung bringt stets die Kontrollfrage des Anwalts nach der Anspruchsgrundlage. Einfach ausgedrückt: ist die Vorschrift, aus der ich meinen Anspruch ableite, aus dem Familienrecht oder aus dem Schuldrecht? Letzteres wird gedeckt, anderes nicht. Mit der Einführung der erweiterten Zuständigkeit des Familiengerichts auch für schuldrechtliche Streitigkeiten im Rosenkrieg wurde dieses Ablehnungsargument bei Versicherer natürlich beliebter, aber nicht richtiger.

3.

Nun haben seit geraumer Zeit von den meisten Scheidungsanwälten unbemerkt viele, vor allem einige der marktstärksten Versicherer, den Leistungsumfang wesentlich erweitert.

Am häufigsten wird dabei auch eine über die Beratung hinausgehende, gerichtliche oder außergerichtliche Tätigkeit vom Versicherer bis zu einem bestimmten Pauschalbetrag übernommen. Meist liegt die Größenordnung hier bei 1.000,00 – 2.500,00 €.

Zwar sind nicht alle Versicherer zu dieser Erweiterung übergegangen. Dennoch zeigt sich eine für die Praxis und dem Betroffenen doch erhebliche Ausweitung gegenüber dem früher ausschließlich für die Beratung gewährtem Rechtsschutz.

Denn dabei ist auch zu beachten, dass der Schutz natürlich für jede einzelne Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn zu gewähren ist: der Getrenntlebensunterhalt kann neben einem Streit über die elterliche Sorge abrechnet werden. Streitet man über die Zahlung gemeinsamer Schulden, ist das neben der Ehescheidung abzurechnen.

Die Summe der anwaltlichen Gebühren kann damit zugunsten des Mandanten über dessen Rechtsschutzdeckung deutlich reduziert werden.

4.

Ein Problem in der Praxis wird damit in Zukunft häufiger auftreten: die Gewährung von Prozess/Verfahrenskostenhilfe.

Im Erklärungsformular befindet sich immer die Frage nach dem Bestand einer Rechtsschutzversicherung. Darüber wurde früher im Familienrecht großzügig hinweggesehen. Wenn überhaupt bestand ja nur Beratungsrechtsschutz und der war mit dem ersten Gespräch „verschossen“.

Nach dem neuen Leistungsumfang wird die Sache komplizierter werden:

wer hier „Nein“ ankreuzt, steht theoretisch mit einem Bein im Gefängnis.

In jedem Fall ist die Rechtsschutzversicherung anzugeben und auf die Bedingungen hinzuweisen.

Die Reihenfolge in der Praxis bei einer bedürftigen Partei lautet also:

zuerst Rechtsschutzversicherung abklären, dann Prozesskostenhilfe beantragen.

Michael Eitel

Fachanwalt für Familienrecht

Fachanwalt für Versicherungsrecht 


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