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Mobbing am Arbeitsplatz: Diese Rechte haben Mobbing-Opfer

  • 17 Minuten Lesezeit
Mobbing am Arbeitsplatz: Diese Rechte haben Mobbing-Opfer

Mobbing im Job: Wege aus dem Teufelskreis 

Wer zum Mobbing-Opfer wird, macht eine schwere Zeit durch. Laut einer Umfrage von Statista haben fast 30 Prozent der Deutschen Mobbing schon am eigenen Leib erfahren.* Mobbing kann für Betroffene zu Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Depressionen führen. Mehr darüber, welche Rechte Sie als Opfer bei Mobbing haben, welchen Pflichten der Arbeitgeber nachzugehen hat und in welchen Fällen Mobbing strafbar ist, erfahren Sie von den Rechtsanwälten Dr. Thomas Etzel, Manuel Krätschmer und Patrick de Backer in unserem Ratgeber. 

* Statista und YouGov: Mobbing am Arbeitsplatz ist kein Einzelphänomen (Stand 2021) 

Was ist Mobbing?

Mobbing Definition

Das Bundesarbeitsgericht (BAG vom 29.06.2017 – 2 AZR 302/16) ist der Auffassung, dass Mobbing nur dann vorliegt, wenn die Mobbinghandlungen (Persönlichkeitsrechtsverletzungen) in Form von Anfeindungen, Schikanen und Diskriminierungen regelmäßig, systematisch und über einen längeren Zeitraum stattfinden. (Von „Bossing“ spricht man, wenn die Mobbinghandlungen vom Vorgesetzten/Boss ausgehen.) 

Unserer Auffassung nach ist diese Definition zu streng und wird der Problemlage, in der sich Arbeitnehmer befinden können, nicht wirklich gerecht. Es bleibt dabei z. B. unberücksichtigt, dass auch eine einzige Handlung (siehe dazu „Straining“) schlimmer sein kann als tägliche kleinere Sticheleien über einen „längeren“ Zeitraum. Es gibt zudem auch andere „elegante“ Möglichkeiten, um einen Arbeitnehmer „fertigzumachen“, indem z. B. Gaslighting-Methoden angewandt werden. Diese erfüllen aber nicht (unbedingt) den Mobbingbegriff der Rechtsprechung. Die Rechtsprechung (auch die Gesetzgebung!) wird sich also weiterentwickeln müssen.  

Darüber hinaus bestimmt das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, dieses besteht seit dem 18.8.2006), dass auch einzelne Handlungen (z. B. Diskriminierungen bei der Einstellung) Entschädigungsansprüche auslösen können. Diese sind jedoch auf spezielle, enumerierte Benachteiligungen/Diskriminierungen beschränkt. AGG-Benachteiligungen können auch gleichzeitig Mobbinghandlungen sein.  

Anzeichen von Mobbing 

Es ist oft schwierig, den genauen Zeitpunkt des Beginns von „Mobbing“ zu bestimmen. Wenn man der obigen Definition des BAG genau folgt, wird es noch schwieriger. Der Begriff oder Vorwurf von „Mobbing“ wird leider auch oft vorschnell verwendet und schafft dann zusätzliche Probleme. Die Fronten verhärten sich, wenn der Vorwurf von „Mobbing“ im Raum steht. Ich rate deshalb dazu, gerade im Anfangsstadium lieber von Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu sprechen. Dieser Begriff ist weniger negativ konnotiert und kann bereits bei einer einzelnen Handlung vorliegen. Die Diskussion, ob es nun Mobbing (im Sinne der Rechtsprechung) ist oder nicht, kann man damit elegant umschiffen und man kann bereits gegen einzelne Anfeindungen vorgehen. Meines Erachtens ist die Definition von Mobbing durch die Rechtsprechung misslungen. So sollen es „mehrere“ Handlungen über einen „längeren“ Zeitraum mit Systematik sein. Was ist aber nun ein „längerer“ Zeitraum? Sechs Monate? 

Es kann ja nicht sein, dass keine Mobbingsituation vorliegt, nur weil die Anfeindungen „erst“ seit vier Wochen stattfinden. Und warum müssen es „mehrere“ Handlungen sein? Wenn ein Mitarbeiter z. B. in ein sog. „Sterbezimmer“ (dies wird wirklich so genannt!) abkommandiert wird und dort völlig isoliert mit nicht vorhandener Büroinfrastruktur seine Arbeit erledigen soll, ist dies – streng genommen – nur eine einzelne Handlung (Versetzung in einen anderen Raum), die jedoch eine äußerst negative Langzeitwirkung hat. Wenn der Arbeitgeber einem Mitarbeiter wenig (oder gar keine sinnvolle) Arbeit gibt, schlägt dies „aufs Gemüt“. Hier spricht man auch von Bore-Out“. Bore-Out (frei übersetzt: „zu Tode langweilen“) ist eine schlimme (und effektive!), zermürbende Mobbingmethode, aber nach der Definition der Rechtsprechung wäre es wohl kein Mobbing. Ich bezeichne das als Straining. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen (siehe unten), dass Straining sogar etwa viermal häufiger vorkommt als „Mobbing“ (i. S. der Rechtsprechung). 

Wann liegt kein Mobbing vor? 

Der Arbeitgeber hat ein Direktionsrecht (Weisungsrecht). Welche Aufgaben der Arbeitnehmer im Einzelnen zu erfüllen hat bzw. welche Arbeiten zu erledigen sind, ergibt sich im Wesentlichen aus dem Arbeitsvertrag. Darüber hinaus gibt es auch typische Arbeiten, die üblicherweise, z. B. von einer Sekretärin, zu erledigen sind. Der Arbeitgeber kann von einer Sekretärin z. B. verlangen, dass sie Kunden Getränke reicht oder Kaffee anbietet. Nicht mehr vom Weisungsrecht gedeckt wäre aber, wenn der Chef von der Sekretärin verlangen würde, dass sie morgens eine Stunde früher kommt, um zunächst die Büroräumlichkeiten zu putzen – dies wäre eine Degradierung. Eine Degradierung (die Weisung, minderwertige Arbeiten zu erledigen, die nicht geschuldet sind und nach der Verkehrsauffassung nicht dem Ausbildungsstand bzw. dem Arbeitsvertrag entsprechen) kann „Mobbing“ sein. Eine einzelne Ermahnung oder Abmahnung ist jedoch kein Mobbing, da der Arbeitgeber sich rechtlich zulässiger Mittel bedient. Ermahnungen oder Abmahnungen sind somit per se kein Mobbing, sie können es aber werden, wenn sie völlig unberechtigt sind und massiv vorkommen. Eine Reihe von Abmahnungen, die offensichtlich oder tatsächlich ungerechtfertigt sind, können als Mobbinghandlungen gewertet werden. Hier kommt es aber auf den Einzelfall und eine Gesamtbetrachtung an. 

Wenn der Chef morgens mal nicht grüßt oder der Arbeitskollege sich in beleidigender Form äußert, ist dies kein Mobbing. 

Eine einzelne Diskriminierungs- oder Benachteiligungshandlung kann aber einen AGG-Verstoß darstellen. 

Welche Arten von Mobbing gibt es? 

Es gibt Mobbing, Bossing (Mobbing durch den Vorgesetzten), Staffing (Mobbing des Chefs durch untergeordnete Mitarbeiter), Straining und Gaslighting. 

  • Straining  

Gravierende Persönlichkeitsrechtsverletzungen, Beleidigungen und anhaltendende Ehrverletzungen, die auch nur ein Mal oder durch eine einzelne Handlung vorkommen, können als Straining definiert werden. Straining ist ein relativ neuer Begriff und wurde insbesondere von Dr. Harald Ege (unter Bezugnahme auf das wegweisende Urteil Nr. 286/15 vom 21.04.05 am Gericht von Bergamo) als eigentlich dominierende (!) Spezialform des Mobbings bzw. eine Variante erkannt.  

Straining kann eine einzelne Handlung sein, die aber eine „ständige Drangsalierung“ als Effekt hat.  


Unter Straining versteht man eine aufgezwungene Stresssituation am Arbeitsplatz, bei der das Opfer wenigstens einer feindseligen Handlung ausgesetzt wurde und von der als Folge eine permanente, andauernde, stressende und negative Konsequenz ausgeht. Das Opfer befindet sich in ständiger Unterlegenheit gegenüber der Person, die Straining ausübt (Strainer). Das Straining wird absichtlich gegenüber einer oder mehreren Personen ausgeübt, aber immer auf diskriminierende Weise.

Harald Ege, Straining: Eine subtile Art von Mobbing, 2014
  • Gaslighting: 

„Gaslighting“ ist ein Begriff aus der Psychologie. Es ist im Grunde eine sehr subtile, perfide Form des Mobbings, wenngleich das nach der derzeitigen Rechtsprechung wohl gar nicht so gesehen (erkannt) wird. Der Täter (Mobber) wiederholt (unzutreffende) Behauptungen, die beim Opfer dazu führen, das es mit der Zeit an seiner Selbstwahrnehmung zu zweifeln beginnt. Es entwickeln sich dann Persönlichkeitsstörungen, die zu ernsthaften Erkrankungen und letztendlich zur Aufgabe des Arbeitsplatzes führen können (sog. dissoziative Störungen). Dann hat der Mobber sein Ziel erreicht! 

Ein – sehr vereinfachtes – Beispiel: Der Chef (Mobber) sagt – regelmäßig – zu seiner Sekretärin (Gemobbte), dass er ihr gestern doch Aufgaben gegeben hätte, verschiedene Kunden angerufen hätten und die Sekretärin wieder „vergessen hätte“, diese Arbeiten zu erledigen. (Er hätte ihr z. B. Akten auf den Schreibtisch gelegt oder Notizzettel mit Anweisungen hinterlassen). Die Sekretärin kann sich aber an nichts erinnern und zweifelt – irgendwann – an ihrer Selbstwahrnehmung, insbesondere oder spätestens dann, wenn auch noch ein anderer Arbeitskollege (ein „Mitmobber“) bestätigt, dass doch Akten auf ihren Tisch gelegen hätten.  

Die Wahrnehmung der Realität wird somit manipuliert. Weniger elegant formuliert: Die Menschen werden „veräppelt“ und werden dadurch krank. 

Welche Ursachen hat Mobbing am Arbeitsplatz? 

Mandanten fragen mich oft, warum sie eigentlich gemobbt werden bzw. warum es gerade sie trifft. 

Ich antworte dann, dass – meiner Erfahrung nach – gemobbte Menschen oft sehr gute Mitarbeiter sind, es sind oft auch Menschen, die vielleicht einen anderen Arbeitsstil haben oder eine andere Herangehensweise (Arbeitsmethode). 

Die „Gemobbten“ werden (wegen ihrer eigentlich guten Arbeit) oft als unliebsame Konkurrenz empfunden, die „weg“ soll. Die „andere“ Arbeitsmethode stört die anderen, die am liebsten immer so arbeiten wollen, „wie sie immer gearbeitet haben“.  

Das Ziel des Mobbers ist – eigentlich immer – die sog. Eigenkündigung. Der Gemobbte soll dazu gebracht werden, dass er von sich aus „das Handtuch wirft“ und selbst kündigt. Der Arbeitgeber erreicht damit auch, dass er keine Abfindung zahlen muss. Selbst zu kündigen, ist aber nicht die beste Lösung, bestenfalls eine Notlösung. 

Wenn man Mobbingbetroffener ist, sollte man einen guten Arzt haben (Mobbing schlägt fast immer auf die Gesundheit!) und einen guten Anwalt. Am besten einen Fachanwalt für Arbeitsrecht und mit Erfahrung im Bereich „Mobbing“. 

Welche Rechte und Pflichten haben Mobbing-Opfer und Arbeitgeber?

So kommen Betroffene zu ihrem Recht

Da Mobbing am Arbeitsplatz für Mobbing-Opfer als äußerst belastend empfunden wird und zudem jeder Mobbingfall individuell unterschiedlich ist, ist es wichtig, dass sich Betroffene zunächst professionelle Hilfe suchen.  

Ein guter Rechtsanwalt für Arbeitsrecht weiß, dass Mobbingfälle nicht nur mit fundierten rechtlichen Kenntnissen zu lösen sind. Es kommt vielmehr auf eine ganzheitliche Betrachtung des Falles an, in dem der Mandant als Mensch im Vordergrund steht. Neben einem auf das Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt kann es daher hilfreich sein, sich zusätzlich an psychologische Beratungsstellen und den Hausarzt zu wenden.  

Rechtlich kann Betroffenen zunächst das Recht zustehen, ihre Arbeitsleistung zurückzubehalten. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten: Gelingt dem Arbeitnehmer im Zweifelsfall nicht der Nachweis für das Vorliegen des Mobbing-Tatbestands, wird der Arbeitgeber die Zurückbehaltung regelmäßig als rechtswidrige Arbeitsverweigerung auslegen und dieses Verhalten mit Abmahnung oder gar Kündigung sanktionieren. 

Mit geringeren Risiken verbunden ist eine Beschwerde gegenüber dem Arbeitgeber selbst, Vorgesetzten oder einem ggf. vorhandenen Betriebsrat/Personalrat. Hier ist darauf zu achten, die Beschwerde zu Beweiszwecken schriftlich zu übergeben und sich die Übergabe des Beschwerdeschreibens gegenzeichnen zu lassen.  

Weiter steht dem Mobbingopfer – soweit der entsprechende Nachweis gelingt – ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. In bestimmten Fällen können außerdem Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geltend gemacht werden. 

Hilfe bei Mobbing am Arbeitsplatz

Unter Umständen steht den Betroffenen auch ein Recht zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung zu. Von dem Gebrauch ist allerdings in den meisten Fällen abzuraten. Vielmehr kann der schwelende Mobbing-Konflikt nicht selten zugunsten des Arbeitnehmers als Verhandlungsgrundlage für einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung genutzt werden. Dies ist meist die cleverste Möglichkeit, um das durch Mobbing am Arbeitsplatz nur noch schwer erträgliche Arbeitsverhältnis zu beenden und davon noch wirtschaftlich zu profitieren. Gerade beim Abschluss von Aufhebungsverträgen ist aufgrund einer Vielzahl von Risiken (Sperrzeit etc.) dringend ein auf das Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt zu empfehlen.

Diese Pflichten haben Betroffene 

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen des Mobbings liegt grundsätzlich bei den Betroffenen. Dies bedeutet, dass Mobbing-Opfer z. B. in einem Prozess, mit dem Schadensersatz und Schmerzensgeld gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden soll, die Sachverhalte so beweisen müssen, dass für jeden Einzelfall beurteilt werden kann, ob jeweils ein systematisch diskriminierendes Verhalten zugrunde liegt und ob das Verhalten die behaupteten Folgen (z. B. Krankheit des Arbeitnehmers) ausgelöst hat. 

Die Rechtsprechung stellt hier hohe Anforderungen an die Beweislast, sodass in der Praxis häufig der Nachweis nicht gelingt. Dies ist ein weiteres Argument für die Vorteile einer Verhandlung mit dem Arbeitgeber über einen Aufhebungsvertrag mit Abfindung. Gelingt hier nämlich eine vorteilhafte Einigung, muss der mit Risiken behaftete Klageweg nicht mehr beschritten werden. 

Sowohl für ein Klageverfahren als auch für eine außergerichtliche Verhandlung mit dem Arbeitgeber ist es allerdings essenziell, entsprechende Beweismittel zur Verfügung zu haben, um eine starke Verhandlungsposition begründen zu können. Als Beweismittel kommen zum Beispiel schriftliche Dokumente, wie E-Mails und Abmahnungen, oder Zeugen in Betracht. 

Um die Beweislage bestmöglich vorzubereiten, empfiehlt es sich für Betroffene dringend, ein sog. Mobbingtagebuch zu führen. Darin sind sämtliche Vorfälle mit möglichst genauen Angaben zu Ort, Datum, Uhrzeit, den anwesenden Personen und den wesentlichen Äußerungen möglichst im genauen Wortlaut festzuhalten.  

In der Praxis wirkt sich das gewissenhafte Führen eines solchen Mobbingtagebuchs häufig auch positiv auf das Selbstvertrauen Betroffener aus, da im Falle des möglichen Bestreitens durch den Arbeitgeber konkrete Angaben zu den Vorfällen gemacht werden können. 

Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass von heimlichen Video- oder Tonaufnahmen abgesehen werden sollte, da es sich dabei u. a. um eine Verletzung des Datenschutzes und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der aufgenommenen Personen handelt und sich eine Verwertbarkeit solcher Beweismittel im Prozess zudem als problematisch erweist.  

Die Pflichten des Arbeitgebers

Aufgrund der allgemeinen Fürsorgepflicht gem. der §§ 617 bis 619 BGB müssen Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass Mobbing am Arbeitsplatz unterbunden wird oder möglichst gar nicht erst entsteht. Weiter folgt die Pflicht aus § 12 AGG, erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Diskriminierungen z. B. aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts oder einer Behinderung zu treffen. 

Kommt der Arbeitgeber diesen Pflichten nicht oder nur unzureichend nach, drohen Schadensersatzansprüche für aufgewandte Behandlungskosten und andere Schäden sowie Schmerzensgeldansprüche für die Beeinträchtigung der Gesundheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Betroffenen. Derartige Ansprüche können auch dann bestehen, wenn die Mobbinghandlungen nicht vom Arbeitgeber ausgehen, sondern von Vorgesetzten oder unter Umständen sogar von Kollegen. 

Auch ein Entledigen des „Problems“ durch Kündigung des Mobbing-Opfers kann nicht empfohlen werden. Selbst wenn ein Kündigungsgrund bestünde, müsste aufgrund der bestehenden Gegenansprüche aufgrund des Mobbings mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage und ggf. mit einer hohen Abfindungszahlung gerechnet werden. 

Am sinnvollsten sind daher präventive Gegenmaßnahmen gegen Mobbing. Auch in kleinen Betrieben können regelmäßige Mitarbeitergespräche und Teammeetings bei der Prävention helfen. In größeren Betrieben bietet sich zusätzlich die Inanspruchnahme von Mediatoren an. 

Welche Folgen hat Mobbing? Wann ist Mobbing strafbar?

Wie sich Mobbing für die Opfer definiert: 

Mobbing bedeutet für die Opfer Psychoterror, insbesondere durch Zerstörung des Selbstwertgefühls und erhebliche gesundheitliche Leiden, insbesondere psychosomatische Symptome bis hin zu schweren reaktiven Depressionen mit Suizidrisiken. 

Wer die Täter sind: 

Es gibt kein spezifisches Täterprofil. Die Täter können unternehmensbekannte Tyrannen oder auch Biedermänner sein, die sonst fürsorglich und freundlich auftreten, aber dem Opfer gegenüber unbarmherzig sind. Täter können sich oft gut verstellen. 

Wer die Opfer sind: 

Opfer kann jeder werden, weil es sich entweder um Machtmissbrauch von Führungskräften handelt oder um gruppendynamische Prozesse gegen das Opfer, die sich dynamisch entwickeln können. 

Die gesundheitlichen und sozialen Folgen für Mobbing-Opfer

Weshalb reagieren die Opfer gesundheitlich, insbesondere psychisch und psychosomatisch, auf Psychoterror am Arbeitsplatz? Weil der oder die Täter in der Regel das Selbstwertgefühl der Opfer zerstören, in ihnen das Gefühl der Wertlosigkeit und Sinnlosigkeit des Lebens erzeugen und somit auch deren wirtschaftliche Existenz bedrohen. Es wird durch die Täter ein Teufelskreis erzeugt aus dem Gefühl des Ausgestoßenseins, der eigenen Unfähigkeit und der damit scheinbar einhergehenden Chancenlosigkeit auf dem Arbeitsmarkt, was schließlich den beruflichen und wirtschaftlichen Ruin bedeutet. Dies alles wird verstärkt durch die Dynamisierung der sich verstärkenden Krankheitssymptome. Der Psychoterror wird zum zentralen Punkt im Leben des Opfers, um den alle Gedanken kreisen. Dies führt oftmals zu einer solchen Fixierung, auch in der Freizeit, dass sich daraus irgendwann soziale Konflikte im privaten Lebensbereich ergeben, weil das Opfer nur noch in seiner Mobbingwelt lebt. Ehepartner und Freunde können die Thematisierung, die zu Beginn des Psychoterrors noch mit Anteilnahme verbunden ist, irgendwann nicht mehr hören, weil jeder eigene Probleme hat und das Thema mit der Zeit abgenutzt und uninteressant für das soziale Umfeld wird. 

Was heute typische Mobbinghandlungen sind 

Ab wann Mobbing strafbar wird, lässt sich nicht pauschal festlegen. Hinzu kommt, dass die Mobbinghandlungen in den letzten Jahren immer subtiler geworden sind. Während spektakuläre Handlungen, wie lautstarke Beleidigungen und offensichtliche Attacken, wie offener Rufmord, Verleumdung etc., seltener geworden sind, sind die Tathandlungen heute vielfach leise, subtil und mit Freundlichkeit maskiert. Die Täter haben gelernt, dass sie bei offenen Angriffen leicht als Täter zu identifizieren sind und selbst arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zur Kündigung und ggf. Strafverfahren riskieren.  

Deshalb hat sich das sichtbare, signifikante Mobbing vielfach gewandelt in ein eher leises, fast fürsorgliches System des Psychoterrors. Nach außen hin begegnet man dem Opfer fast schon aufdringlich „maskiert“ freundlich. Man meint es nur gut, man will ja nur helfen, aber leider muss man dem Opfer seine Defizite wohlgemeint in dessen Eigeninteresse aufzeigen. Plötzlich ist das Opfer nicht mehr in der Lage, die geforderte Quantität und/oder Qualität der Arbeit zu liefern, obwohl es genauso arbeitet wie vor den Attacken. Jeder Fehler wird zur Unfähigkeit hochstilisiert, während der gleiche Fehler bei anderen unter das Motto fällt: Wo gehobelt wird, da fallen Späne. 

In den heute überwiegenden Fällen erfolgt die Attacke auf die berufliche Qualifikation, und zwar nach dem Motto: „Deine Suppe schmeckt mir nicht“. Die Täter finden immer Wege, die Arbeitsleistung des Opfers entweder zu sabotieren, indem wichtige Informationen vorenthalten werden, nicht haltbare Termine vorgegeben werden, und das Opfer aufläuft oder die Arbeitsmenge nicht bewältigen kann. Das Opfer erhält andere Aufgaben, für die es nicht eingearbeitet ist und auch nicht wird, sodass Fehler vorprogrammiert sind. Es geht darum, das Opfer „auf dem falschen Fuß“ zu erwischen, so als würde man beim Fußball den Torwart als Stürmer oder den Stürmer als Torwart einsetzen. Dann folgen Ermahnungen, Abmahnungen, Kündigungsdrohungen und/oder Versetzungen, bis das Opfer im besten Fall selbst kündigt. Denn Kündigungen werden von den Tätern wegen des damit verbundenen Aufwands und der rechtlichen Hürden nicht zwingend bevorzugt, zumal dann das Opfer innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage einreichen kann, um den Arbeitsplatz zu erhalten, und dann der gesamte Mobbingvorgang arbeitsrechtlich in öffentlichen Verhandlungen überprüft werden würde. Das möchten die Täter aus Angst vor Entlarvung oftmals vermeiden. 

Lieber quält man das Opfer, bis es aufgibt. Dann bleibt dem Täter sein „Spielzeug“, an dem er sich austoben kann, auch länger erhalten. 

Rechtlich gegen Mobbing vorgehen

Diese Konstellation des „modernen“ Mobbings ist arbeitsrechtlich oft schwer greifbar, weil die Täter gegenüber dem Opfer vielfach betont freundlich und wohlmeinend auftreten. Dass die erfolgte Kritik reine Schikane ist, wird zurückgewiesen. Was ein Fehler ist und was nicht, ist häufig schwer objektivierbar, da vielfach reine Geschmacksfragen über Falsch und Richtig entscheiden.  

Die Arbeitsgerichte und auch die Anwälte können viele Dinge aus dem Berufsleben der Opfer fachlich nicht beurteilen, weil eben die fachlichen Kenntnisse in allen möglichen Berufen fehlt und auch nicht vorhanden sein können. Auch Gutachten helfen in der Regel nicht weiter, weil vielfach erforderliche Anknüpfungstatsachen fehlen. 

So müssen sich die Opfer leider oftmals anhören, dass sie vielleicht zu empfindlich sind, man doch gehört habe, dass man es nur gut mit ihnen meine, und es sich insgesamt um das kommunikative Lebensrisiko eines jeden handele, für das die Arbeitsgerichte nicht zuständig seien, so jedenfalls das LAG Thüringen in einer Jahre zurückliegenden Entscheidung, die jedoch die Sichtweise vieler Arbeitsgerichte geprägt hat. 

Das Opfer muss substantiiert jede Mobbinghandlung darlegen und ggf. im Bestreitensfalle beweisen. 

Deshalb sind die Hürden für die Opfer, Schadensersatz wegen Mobbings am Arbeitsplatz zu erhalten, sehr hoch.  

Opfer müssen den Sachverhalt gründlich bearbeiten und darstellen, damit Mobbing vor Gericht als strafbar angesehen wird. Als Rechtsanwalt/Rechtsanwältin muss man mit den Opfern den Sachverhalt eingehend besprechen. Das Opfer muss einen möglichst chronologischen Sachverhalt liefern, in dem dargestellt wird, wer was wann wie (ggf. einschließlich Körpersprache, Brüllen, mit den Armen drohen, fuchteln, nah an das Opfer herantreten etc.) gesagt, gemacht, getan hat, einschließlich etwaiger Beweismittel wie Zeugen, Dokumente, E-Mailverkehr etc. 

Wichtig sind zudem Atteste der behandelnden Ärzte über Krankheitssymptome und deren aus ärztlicher Sicht bestehender Ursache, insbesondere ob die Krankheitssymptome auf die glaubhaft geschilderten Verhaltensweisen am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. In einem Gerichtsverfahren gelten solche ärztlichen Atteste jedoch nur als Parteivortrag. Benötigt würden im Gerichtsverfahren Gutachten, die vom Gericht beauftragt werden. 

Opfer können bei entsprechendem Sachverhalt Schadensersatzansprüche sowie Unterlassungsansprüche haben. Bei entsprechendem Sachverhalt können sich Ansprüche auf Verdienstentgang ergeben, z. B. die Differenz zwischen Krankengeld oder Arbeitslosengeld und sonst erzieltem Einkommen. Daneben können Ansprüche auf Schmerzensgeld entstehen, z. B. wegen erlittener Gesundheitsschäden und Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. 

Daneben gibt es Ansprüche nach dem Arbeitsschutzgesetz hinsichtlich psychischer Gefahren am Arbeitsplatz, die in der arbeitsgerichtlichen Praxis immer bedeutsamer werden. Die Durchsetzung von Ansprüchen nach dem ArbSchG stellt für die Opfer eine niedrigere Hürde dar als von Ansprüchen wegen Mobbings auf Schadensersatz. 

Wann wird Mobbing strafbar? Welche rechtlichen Schritte sind möglich? 

Als Beweismittel für die Opfer kommen insbesondere Zeugen für den Sachverhalt und Dokumente, z. B. E-Mailverkehr und sonstige Unterlagen, in Betracht. Auch ärztliche Atteste spielen für die Opfer eine wichtige Rolle. Ärztliche Atteste sind grundsätzlich sehr bedeutsam, um Ansprüche der Opfer nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) durchzusetzen. Seit einigen Jahren schützt § 4 Ziffer 1 ArbSchG vor psychischen Gefahren am Arbeitsplatz.
Wenn also ein Arbeitnehmer aufgrund der Situation am Arbeitsplatz psychisch krank wird oder zu werden droht, greift das Arbeitsschutzgesetz. Dies bedeutet, der betroffene Arbeitnehmer kann gemäß der §§ 5 ff. ArbSchG eine Gefährdungsbeurteilung für seinen Arbeitsplatz verlangen. Dies bedeutet für den Arbeitgeber, er muss ein hierfür qualifiziertes Unternehmen mit einer Gefährdungsbeurteilung beauftragen. Insoweit kann die Beweislast dafür, dass keine psychischen Gefahren am Arbeitsplatz bestehen, umgekehrt und dem Arbeitgeber übertragen werden. Dieser hat einen Arbeitsplatz ohne rechtlich unzulässige physische und psychische Gefahren zur Verfügung zu stellen. 

Die 10 häufigsten Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz

Rechtlich ist es gerade bei Mobbingattacken für die Opfer sinnvoll, im Rahmen des ArbSchG sowie dem Anspruch auf Fürsorge rechtlich vorzugehen und seine Rechte durchzusetzen. Dies kann zunächst außergerichtlich erfolgen, und wenn dies scheitert, auch gerichtlich. Wenn es um Schadensersatzansprüche der Opfer geht, sind die rechtlichen Hürden sehr hoch gesetzt, sodass die Erfolgsaussichten im Vorfeld sorgfältig anhand des substantiierten Sachverhalts zu prüfen sind. 

Demgegenüber lassen sich Ansprüche auf Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes ohne rechtlich unzulässige psychische Gefahren gemäß ArbSchG außergerichtlich und ggf. gerichtlich oftmals leichter durchsetzen. 

Häufige Fragen und Antworten zu Mobbing am Arbeitsplatz

Wie erkennt man Mobbing am Arbeitsplatz?

Für Mobbing in der Arbeit gibt es folgende Anzeichen:

Häufigkeit: Kleinere Auseinandersetzungen oder ein angespanntes Arbeitsklima im Team bedeuten nicht automatisch, dass Mobbing vorliegt. Häufen sich die Schikanen und persönliche Angriffe aber über einen längeren Zeitraum, kann dies auf Mobbing hinweisen.

Systematik: Werden Beleidigungen, unsachliches und respektloses Verhalten gegenüber dem Mobbingopfer systematisch – also gezielt und konsequent – betrieben, liegt ebenfalls ein Fall von Mobbing am Arbeitsplatz vor.

Dieselben Täter und Opfer: Werden der oder die Betroffenen stets von denselben Tätern gemobbt, kann das ebenfalls auf Mobbing hinweisen.

Wann liegt bei Mobbing ein Verstoß gegen das AGG vor?

Betroffene können gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz gegen ihre persönliche Diskriminierung vorgehen, wenn sie aus folgenden in § 1 AGG aufgeführten Gründen benachteiligt und gemobbt werden:

  • Rasse,
  • ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion und/oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • sexuelle Identität
Was kann man gegen Mobbing am Arbeitsplatz tun?

Jeder Fall von Mobbing unterscheidet sich stark und kann nicht pauschalisiert werden. Unabhängig von Täter und Opfer sind folgende Punkte wichtig und zu beachten:

  • Frühzeitig reagieren.
  • Klare Grenzen ziehen.
  • Jeden Vorfall notieren, damit das Mobbing auch belegt werden kann.
  • Mit einer vertrauten Person darüber reden.
  • Den/die Mobber direkt ansprechen, am besten im Beisein einer dritten Person.
  • Gründe für den Konflikt herausfinden.
  • Mobbinghandlungen am Arbeitsplatz publik machen und nicht einfach hinnehmen.
  • Unter Umständen externe Beratungsstellen zurate ziehen.
Ist Mobbing strafbar?

Je nach Art des Mobbings können vor allem folgende Straftatbestände erfüllt sein:

In allen fünf Fällen haben Sie die Möglichkeit, rechtlich gegen den Verursacher des Mobbings vorzugehen.

Foto(s): ©Pixabay/Alexas_Fotos; ©anwalt.de/THO

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