Negative Google-Bewertungen – Erstattung von Anwaltskosten

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Das Amtsgericht Westerburg hat in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 19.05.2020 (21 C 68/20) entschieden, dass der Verfasser einer unwahren bzw. rechtswidrigen Google-Bewertung die Anwaltskosten des betroffenen Unternehmens zu erstatten hat, wenn das Unternehmen sich im Hinblick auf die negative Bewertung anwaltlich beraten lässt und den Anwalt mit der Löschung der Bewertung beauftragt.

Als Gegenstandswert für die negative Google-Bewertung hat das Amtsgericht € 10.000,00 angesetzt. Die auf dieser Basis zu berechnenden Anwaltskosten belaufen sich auf € 745,40 netto (1,3 Geschäftsgebühr).

Im maßgeblichen Fall haben die Parteien über die Zahlung von Rechtsanwaltskosten nach außergerichtlicher Tätigkeit des Anwalts des betroffenen Unternehmens (Klägerin) gestritten. Die Beklagte und ihr Ehemann hatten bei der Klägerin Waren zum Bau ihres Hauses zum Gesamtpreis von € 28.061,22 bestellt. Diese Waren wurden auch vertragsgemäß an die Anschrift der Beklagten geliefert. Am gleichen Tag unterzeichnete der Ehemann der Beklagten eine Mängelfreiheitsbescheinigung und erklärte, dass die Waren in Ordnung sind und keine Mängel aufweisen. Mit dem Einbau der Produkte hatte die Klägerin nichts zu tun. Später machte die Beklagte dann aber doch einen Mangel geltend, der nachweislich nicht vorlag. Die Klägerin wurde zu einem Service-Termin aufgefordert und sollte zudem den Mangel auf eigene Kosten beseitigen. Dies lehnte die Klägerseite aber im Rahmen einer ausführlichen Stellungnahme mit einer umfassenden Begründung zu Recht ab. In der Folgezeit stellte die Beklagte sodann folgende Google-Bewertung auf die Internet-Plattform ein:

„Nicht einmal einen Stern verdient. Wir haben (…) für über € 27.000,00 geliefert bekommen. Bei einem Hebe-Schiebeelement ist ein Riss im Rahmen, der durch die Schutzfolie verdeckt und somit bei der Übernahme nicht erkennbar war. Firma XXX hat kein Interesse, sich den Schaden anzuschauen noch auszubessern, wie man mit Kunden umgeht ist nach Vertragsabschluss nicht mehr zeitgemäß und zeigt keine Qualität, das Ganze geht jetzt vor Gericht, da auch mit Anwalt es zu keiner Einigung kam. Finger weg, lieber etwas mehr bezahlen und Service erhalten.“

Nachdem die Klägerin diesen Interneteintrag bemerkt hatte, beauftragte sie ihren Rechtsanwalt die Beklagte per anwaltlichem Schreiben zur Löschung der Bewertung unter Fristsetzung aufzufordern. Hierbei handelte es sich nicht um eine Abmahnung einschließlich einer Unterlassungserklärung, sondern um ein „normales“ Schreiben mit der Bitte, den Eintrag zu löschen.

Nachdem die Beklagte eine Löschung der Internetbewertung bei Google vornahm, bedankte sich der Rechtsanwalt der Klägerin hierfür mit anwaltlichem Schreiben und machte Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 745,40 netto aus einem Gegenstandswert in Höhe von € 10.000,00 gegenüber der Beklagten geltend.

Da die Beklagte jedoch eine Zahlung ablehnte, war Klage geboten.

Das Amtsgericht Westerburg hat nun mit dem erwähnten Urteil entschieden, dass der Klägerin als geschädigtem Unternehmen ein Zahlungsanspruch in Höhe von € 745,40 gegenüber der Beklagten aus §§ 824, 823 Abs. 1, 249 BGB (Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) zusteht.

Die Beklagte hat nämlich nach Auffassung des Gerichts durch eine bewusst unwahre Tatsachenbehauptung einen Schaden für den Geschäftsbetrieb der Klägerin hervorgerufen, der sich in diesem Fall in der Inanspruchnahme anwaltlicher Tätigkeit mit den genannten Gebührenansprüchen manifestiert.

Vertiefend hat das Gericht im Rahmen der Entscheidungsfindung zunächst festgestellt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Google-Bewertung um eine Tatsachenbehauptung und nicht – wie von der Beklagten gewünscht – um eine von Artikel 5 GG geschützte Meinungsäußerung handelt. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung sei ihr objektiver Sinn aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut ist bei der Deutung der sprachliche Kontext zu berücksichtigen, in dem die umstrittene Äußerung steht. Bei der Erfassung des Aussagegehalts müsse die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets im Gesamtzusammenhang beurteilt werden. Im Ergebnis handele es sich bei Zugrundelegung dieser Kriterien um eine Tatsachenbehauptung. Es sei für einen unbefangenen Leser der Google-Bewertung dargestellt worden, dass das betroffene Unternehmen beschädigte Fenster liefere und sich anschließend nicht um diese Probleme kümmere.

Diese Tatsachenbehauptung sei auch deshalb unwahr, weil auch die bewusst unvollständige Berichterstattung einer unwahren Tatsachenbehauptung gleichsteht.

Die Beklagte habe zudem übersehen, dass außergerichtlich Streit über die Verantwortlichkeit der Rissbildung bestand und die Äußerung schon deshalb nicht hätte getätigt werden dürfen. Deshalb sei die Darstellung der Beklagten bewusst lückenhaft und müsse daher nicht geduldet werden.

Im Ergebnis sei also die Beklagte wegen der rechtswidrigen Google-Bewertung zum Schadensersatz gemäß § 249 BGB verpflichtet, wozu auch die Kosten anwaltlicher Tätigkeit zur Verfolgung von Unterlassungs- und Löschungsansprüchen gehört.

Nach alledem sollte mit der Veröffentlichung von negativen Google-Bewertungen sehr vorsichtig umgegangen werden. Nach Auffassung des AG Westerburg sind nämlich die Anwaltskosten des betroffenen Unternehmens auch bereits dann zu erstatten, wenn der Verfasser der Bewertung zuvor keine Abmahnung mit einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung einschließlich einer Aufforderung zur Übernahme der Anwaltskosten erhalten hat. Vielmehr ist es so, dass der Verfasser von zu Unrecht veröffentlichten negativen Google-Bewertungen auch dann schon die Anwaltskosten der Gegenseite zu erstatten hat, wenn unwahre und schädigende Tatsachen verbreitet werden.

Die betroffenen Unternehmen hingegen können sich im Zusammenhang mit negativen Google-Bewertungen mit ihrem Anwalt wehren und gegen die Bewertungen vorgehen. Die daraus entstehenden Rechtsanwaltskosten müssen vom Verfasser, wie gesagt, erstattet werden, wenn die Google-Bewertungen das Unternehmen in unrechtmäßiger Weise schädigen.

Die Beklagte kann gegen die erwähnte Entscheidung noch Berufung einlegen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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