Öffentlich-rechtlicher Nachbarschutz: Zum Umfang des Gebietserhaltungsanspruchs

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1. Sachverhalt

Der VGH Bayern hatte im Eilrechtsschutz über den Antrag des Eigentümers eines in einem faktischen Dorfgebiet gelegenen Wohnhauses zu entscheiden, mit dem sich dieser gegen die Baugenehmigung für die Errichtung einer Metallbau-Werkstatt auf dem im Außenbereich gelegenen angrenzenden Nachbargrundstück wandte [VGH Bayern, Beschluss vom 23.01.2018, 15 CS 17.2575]. Der Nachbar befürchtete unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen und berief sich u. a. auf seinen Anspruch auf Erhaltung des Dorfgebietes.

2. Nachbarschutz im öffentlich-rechtlichen Baunachbarrecht

Ein Nachbar kann sich nur dann mit Erfolg gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung wenden, wenn er die Verletzung sog. drittschützender Normen geltend machen kann. Der Nachbar kann also nicht die Verletzung jeglichen objektiven Rechts mit Erfolg rügen. Vielmehr muss er die Verletzung von Vorschriften geltend machen können, die – zumindest auch – seinem Schutz dienen. Man spricht von „drittschützenden“ oder auch „nachbarschützenden“ Vorschriften. 

Ein klassisches Beispiel solch einer drittschützenden Norm sind die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften. Diese dienen auch dem Schutz des Nachbarn. Bei einer Verletzung der Vorschriften über die von dem Bauvorhaben einzuhaltenden Abstandsflächen kann sich der Nachbar daher mit Erfolg gegen die dem Bauherrn (rechtswidrig) erteilte Baugenehmigung wenden. Im Wege des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes kann er den Baubeginn verhindern.

3. Der öffentlich-rechtliche Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn

Nach der Rechtsprechung kann sich der Nachbar mit Erfolg auch gegen ein Bauvorhaben wenden, dass hinsichtlich der Art seiner Nutzung nicht in dieses Baugebiet „passt“. Dieser sog. Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung dort nicht zulässiger Vorhaben zur Wehr zu setzen.

Dies gilt auch in sog. faktischen Baugebieten, also solche, für die zwar kein Bebauungsplan erlassen wurde, die aber faktisch einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung (BauNVO) entsprechen. Auch hier kann der Nachbar ein im Widerspruch dazu stehendes Vorhaben unter Berufung auf seinen Gebietserhaltungsanspruch verhindern. 

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt dies jedoch nur innerhalb des jeweiligen (faktischen) Baugebiets und nicht über dessen Gebietsgrenzen hinweg. Gebietsübergreifend kommt insofern ggf. (nur) ein Verstoß gegen das ebenfalls drittschützende Rücksichtnahmegebot in Betracht.

4. Kein Anspruch des Nachbarn auf Bewahrung des Außenbereichs

Dementsprechend hat auch der VGH Bayern eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs in o. g. Beschluss verneint, da sich der Nachbar gegen ein – wenn auch direkt angrenzendes – Vorhaben im Außenbereich gewandt hatte. Liege das Grundstück des Eigentümers im Innenbereich und das Baugrundstück im Außenbereich, so scheide ein Gebietserhaltungsanspruch des Nachbarn aus. Ein allgemeiner Schutzanspruch des Nachbarn auf Bewahrung des Außenbereichs und damit ein entsprechender Abwehranspruch bestehe nicht. Dies gelte unabhängig davon, ob das Grundstück des Nachbarn im Außenbereich oder im Innenbereich liegt.

Auch das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme sahen die Richter in dem entschiedenen Fall nicht verletzt, da die zu erwartenden Lärmbelästigungen im Bereich des Zumutbaren blieben.


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