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Risiko Insolvenzanfechtung – auch Sie sind nicht davor geschützt

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Der juristische Alltag ist nicht immer lustig. Es gibt gute Tage, aber auch schwierige. Schwierig ist der Tag immer dann, wenn man einem Unternehmer erklären muss, dass er bereits vereinnahmte Beträge wieder herausgeben soll. Jetzt werden Sie sagen: Na, und? Kann schon mal passieren! Ja, schon. Schwierig ist es dann, wenn der Unternehmer diesen Betrag redlich verdient hat.

Aber beginnen wir von vorne: Wir nehmen einen Unternehmer, der, wie so viele, mit einem juristisch hervorragenden und wasserdichten Vertrag der Top-Anwaltskanzlei seiner Wahl seine Waren an einen langjährigen Kunden geliefert hat. Die gelieferten Waren sind, da wir ja einen Top-Unternehmer als Platzhalter genommen haben, völlig fehlerfrei und ganz hervorragend in der Qualität. Dennoch zahlt der Kunde nicht. Sie mahnen die Zahlung an, wie üblich. Da es ein langjähriger Kunde ist, sogar dreimal. Nichts passiert. Dann kommen die typischen Schuldnertricks. „Oh, wir haben die Rechnung nicht, könnten Sie diese nochmals schicken?“ oder „Da war ein Zahlendreher in der Bankverbindung bei der Überweisung, geht aber morgen dann nochmals raus“. Nichts geht raus, nichts kommt an. Sie klagen, gewinnen, vollstrecken über den Gerichtsvollzieher und … erstes Aufatmen: Alles da nebst Kosten und Zinsen.

Wunderbar, denken Sie. Das deutsche Rechtssystem funktioniert doch. Nun, es funktioniert. Aber nur solange jetzt Ihr Kunde in der Folge keine Insolvenz anmeldet. Denn sollte er dies tun, kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 10 Jahre vor dem Insolvenzantrag Zahlungen Ihres Kunden – z. B. an Sie – anfechten und bei Ihnen das Geld zurückverlangen. In den drei Monaten vor Insolvenzantragstellung kann der Verwalter dies besonders einfach.

Warum ist das so? Klingt erst mal systemwidrig. Ist es aber nicht. Der Grund liegt in dem Übergang von einem System ins andere. Denn grundsätzlich haben wir in der Vollstreckung das System der sog. Einzelzwangsvollstreckung, bei welchem gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Das heißt dann im Juristendeutsch „Prioritätsgrundsatz“ oder gern mal auch „Windhundprinzip“. In der Insolvenz wird nun dieses System von dem Grundsatz der Gesamtvollstreckung abgelöst, was im Wesentlichen bedeutet, dass der Erlös aus der Vollstreckung des gesamten Schuldnervermögens gleichmäßig an alle verteilt werden soll, die rechtens was zu bekommen haben.

Das Problem ist jetzt der Zeitpunkt des Systemübergangs. Der Gesetzgeber will eigentlich, dass ein Unternehmen, das nicht mehr alle bezahlen kann, möglichst früh vom Markt genommen wird, sprich einen Insolvenzantrag stellt. Die Praxis zeigt dagegen, dass eben solche Marktteilnehmer bis zum bitteren Ende – letztlich auf Kosten aller Gläubiger – das Spiel durchziehen und viel zu spät den Antrag stellen. Das will der Gesetzgeber nicht und deshalb wehrt er sich dagegen. Eine dieser Abwehrmaßnahmen ist die Insolvenzanfechtung. Salopp und ganz vereinfacht gesprochen heißt das, dass der Gesetzgeber durch die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung den Gläubigern ganz bewusst das Risiko der Rückzahlung aufbürdet. Weil manche Gläubiger irgendwie schon wissen, dass der Schuldner eigentlich nicht mehr kann und sich dennoch vom Schuldner weiterbezahlen lassen, wenn auch teilweise unter enormer Druckausübung und der Vereinbarung von Ratenzahlungen.

Wie kann ich mich davor schützen? Wichtig ist zunächst, dass Sie dank dieses Beitrags das Problem erkannt haben und zukünftig darauf achten können. Sollte Sie einmal ein Anfechtungsschreiben eines Insolvenzverwalters erreichen, dann gilt: Nichts sagen, nichts herausgeben (weder Unterlagen, noch Informationen). Sachverstand einkaufen in Form eines insolvenzrechtlich beschlagenen Rechtsanwalts.

Darüber hinaus sollte Ihr Finanz- und Rechnungswesen beim Forderungsmanagement anhand einer Checkliste mit wenigen Punkten in die Lage versetzt werden, die Warnsignale einer möglichen, späteren Anfechtung zu erkennen und zu vermeiden. Auch hierbei kann Sie ein Rechtsanwalt für Insolvenzrecht gewinnbringend unterstützen.

Damit Ihr Vermögen auch Ihres bleibt.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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