Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zum Thema Ruhestörung!

Ruhestörung - was Sie wissen und beachten müssen!

  • 8 Minuten Lesezeit
Ruhestörung - was Sie wissen und beachten müssen!

Ein lärmender Nachbar kann einem den letzten Nerv rauben. Dasselbe gilt für ausgelassenes Feiern nebenan in den späten Abendstunden oder auch laut musizierende Hausgenossen. In solchen Fällen ist oft der Ratschlag zu hören, am besten die Polizei zu rufen – schließlich habe man im Fall einer Ruhestörung ja Recht und Gesetz auf seiner Seite.

Ruhestörung durch den Nachbarn hat viele Facetten – doch was sagt der Gesetzgeber?

Ein spezielles Ruhestörungsgesetz kennt das deutsche Recht nicht. Stattdessen finden sich wichtige Aspekte und Details wie Ruhezeiten und zulässige Lärmgrenzen in einer Vielzahl verschiedener Gesetzes- und Regelwerke. Unter anderem wird man diesbezüglich im Bundesimmissionsschutzgesetz, den verschiedenen Landesimmisonsschutzgesetzen oder auch in zahlreichen städtischen Verordnungen fündig. Dass etwa Rasenmähen am Sonntag grundsätzlich nicht erlaubt ist sowie an Werktagen (zu denen übrigens auch der Samstag gehört) zwischen 20:00 Uhr und 07:00 Uhr als Ruhestörung gilt, legt etwa die sogenannte 32. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (32. BImSchV) fest.

Was Lärmbelästigung ist und was nicht, kann regional variieren

Was die vorgenannten Immissionsregelungen und kommunalen Vorschriften anbelangt, ist zu beachten, dass ihre Regelungen von Bundesland zu Bundesland und von Gemeinde zu Gemeinde durchaus unterschiedlich ausfallen können. Diese Tatsache gilt auch für Richtlinien für Nachtruhe sowie Sonntags- und Feiertagsruhe – die somit keinesfalls so allgemeingültig sind, wie so mancher glauben mag. In der Regel gilt die Nachtruhe von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens und die Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr – doch nicht immer und überall. Wer Gewissheit haben möchte, welche Ruhezeiten in seinem Wohnhaus gelten, sollte am besten gründlich die eigene Hausordnung studieren oder sich alternativ an das zuständige Ordnungsamt wenden.

Oft wird § 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) herangezogen, wenn es um Ruhestörung geht

Zahlreiche Juristen berufen sich zudem auf § 117 OWiG, in dem eine Definition vorgenommen wird, was als „unzulässiger Lärm“ zu verstehen ist. Der Gesetzgeber spricht hier von Geräuschen, die stark genug sind, um entweder Nachbarn oder auch die Allgemeinheit „erheblich zu belästigen“ oder auch gesundheitsgefährdende Auswirkungen mit sich zu bringen. Unbedingt zu beachten ist der hier vorgenommene Hinweis, dass Geräuschentwicklungen „vermeidbar“ sein müssen, um als unzulässig zu gelten. Wer also zum Beispiel den Versuch unternimmt, durchzusetzen, dass es sich bei Straßenlärm, Fluglärm oder großen Konzertveranstaltungen um eine Lärmbelästigung handelt, dürfte vor Gericht höchstwahrscheinlich auf Granit beißen – und kann sich daher den hektischen Anruf bei der Polizei sparen.

Was ist in der Wohnung erlaubt und was ist Ruhestörung?

Wer sich einen schnellen Überblick darüber verschaffen möchte, welche Arten von Geräuschen (Musik, Fernsehen, Haushaltsgeräte) etwa in einem Wohngebiet oder Mietshaus erlaubt sind, ist ziemlich auf sich allein gestellt. Hier hilft der Gesetzgeber nämlich kaum weiter. Eine wertvolle Hilfestellung leisten jedoch die Vielzahl von verschiedenen Einzelfallentscheidungen vor Gericht, in denen das Thema Ruhestörung bereits die Richter beschäftigt hat.

Was ist unter Zimmerlautstärke zu verstehen?

Der Begriff der Zimmerlautstärke dürfte den meisten Mietern kein Fremdwort sein. Zudem wird er immer wieder in verschiedenen Gerichtsurteilen als Referenz für einen rücksichtsvollen Geräuschpegel gegenüber Nachbarn und Mitmietern herangezogen. Eine gesetzliche Definition als solche gibt es jedoch nicht. Allerdings zeichnet die Rechtsprechung ein überaus deutliches Bild, was unter Zimmerlautstärke zu verstehen ist, wozu unter anderem etwa das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth in seinem Urteil vom 17.01.1990, Az.: 13 S 5296/90 und das Landgericht (LG) Kleve in seinem Urteil von 01.10.1991, Az.: 6 S 70/90 beigetragen haben: Dringt Lärm aus dem Zimmer, in dem er entsteht, und ist er dabei noch in anderen Räumen laut wahrnehmbar, so könne üblicherweise nicht mehr von Zimmerlautstärke gesprochen werden, ist hier unter anderem nachzulesen.

Wird bei Tag ein Lärmpegel von 40 Dezibel und nachts ein Wert von 30 Dezibel überschritten, könne ebenso davon ausgegangen werden, dass die Geräuschentwicklung nicht mehr im Bereich der Zimmerlautstärke anzusiedeln ist, so die Richter des Landgerichts Kleve.

Ruhestörung durch Haushaltsgeräte wie Waschmaschine, Spülmaschine, Trockner, Staubsauger und Co.

Hier lässt sich unter anderem auf das Landgericht (LG) Freiburg verweisen. Seinem Urteil vom 19.12.2013, Az.: 9 S 60/13 ist zu entnehmen, dass Geräusche, die durch die Benutzung von Waschmaschinen und Trocknern entstehen, als „sozialadäquate“ Lärmquellen von Nachbar und Vermieter gleichermaßen hinzunehmen sind. Allerdings wiesen die Richter darauf hin, dass hierbei auf die Einhaltung der Ruhezeiten sowie das „Gebot der Rücksichtnahme“ zu achten ist. Auch das Amtsgericht (AG) Mönchengladbach-Rheydt beschloss in seinem Urteil vom 15.10.1993, Az.: 20 C 363/93, dass Geräusche von Haushaltsmaschinen wie Staubsauger, Waschmaschinen und Spülmaschinen keinen Mangel darstellen, der zu einer Mietminderung berechtigt – wobei allerdings auch die Beachtung der „gebotenen Rücksichtnahme“ vorausgesetzt sei.

Ruhestörung durch Baden und Duschen

In hellhörigeren Häusern kann es auch zum Ärgernis werden, wenn der Nachbar sich während der Ruhezeiten unter die Dusche begibt. Allerdings gehöre Duschen zu einem „hygienischen Mindeststandard“ und somit zu den Grundlagen des Mietgebrauchs, so die Richter. In seinem Urteil vom 25.01.1991, Az.: 5 Ss (OWi) 411/90 – (OWi) 181/90 I erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf auch während der Nachtruhe – sprich, zwischen 22 und 6 Uhr – eine Benutzung der heimischen Dusche von bis zu 30 Minuten als zulässig. Auch das Landgericht (LG) Köln sprach sich in seinem Beschluss vom 24.01.1991 gegen ein Dusch- und Badeverbot innerhalb der Ruhezeiten aus (Az.: 1 S 304/96).

Ruhestörung durch Musizieren in der Wohnung

Was musikalische Betätigung innerhalb der Wohnung betrifft, sprechen die Gerichte zunächst eine deutliche Sprache. Generell darf nur außerhalb der Ruhezeiten musiziert werden und zudem nicht am laufenden Band. Was jedoch die tatsächlichen Grenzen anbelangt, die den Gebrauch verschiedener Musikinstrumente betreffen, gibt es verschiedene Auffassungen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm sah in seinem Beschluss von 10.11.1980, Az.: 15 W 122/80 zwei Stunden als angemessen, das Landgericht (LG) Frankfurt in seinem Urteil vom 12.10.1989, Az.: 2/25 O 359/8 wiederum drei Stunden an Werktagen und fünf Stunden an Wochenenden und Feiertagen.

In beiden Fällen ging es um die Klänge eines klavierspielenden Mieters, die den Unmut seiner Nachbarn auf sich zogen. Dass manche Instrumente generell lautstärker sind als andere, ist hierbei jedoch auch den Richtern nicht verborgen geblieben. Einem ambitionierten Schlagzeuger wurden durch das Landgericht (LG) Nürnberg-Fürth in seinem Urteil vom 17.09.1991, Az.: 13 S 5296/90 im Sommer 45 Minuten Spielzeit täglich in Kombination mit einem Spielverbot ab 19 Uhr zugesprochen. Im Winter durfte er sich dagegen 90 Minuten täglich – aber weiterhin nur bis maximal 19 Uhr – an seinem Instrument vergnügen.

Ruhestörung durch Fernsehen und laute Musik

Allerdings wurden bereits einige Mieter, die sich auf den passiven Konsum von Musik oder auch des Fernsehprogramms beschränkten, mit strengeren Auflagen konfrontiert als die vorgenannten Hobbymusiker. Die Gerichte hielten nämlich etwa beim Musikhören oder beim Fernsehkonsum auch außerhalb der Ruhezeiten das Einhalten von Zimmerlautstärke für angemessen – wie etwa das Landgericht (LG) Berlin in seinem Urteil vom 19.10.1987, Az.: 13 O 2/87. Als Grund verwiesen die Richter auf ihre Einschätzung, dass hierbei stets die Möglichkeit bestehe, etwa durch das Tragen von Kopfhörern den vollen Klanggenuss ohne störende Einflüsse auf Nachbarn und Anwohner sicherzustellen.

Nächtliche Party und Co. – Ruhestörung durch Feiern in der Wohnung

Hier sprechen die Gerichte eine deutliche Sprache: Nach 22 Uhr muss die Festivität entweder ihr Ende gefunden haben oder bei Zimmerlautstärke fortgesetzt werden. Die Meinung, dass jedem Bürger das Recht zukommt, in regelmäßigen Abständen – etwa einmal im Monat – durch lautes Feiern bis in die späten Abendstunden über die Stränge zu schlagen, ist ein Mythos – so ist es auch im Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 15. Januar 1990, Az.: 5 Ss (OWi) 475/89 zu lesen. Als prinzipielle Ausnahme, was die üblichen Zeiten zur Nachtruhe betrifft, werden üblicherweise Silvesterfeiern angegeben. Ignoriert die lärmende Feiergesellschaft bereits die Nachtruhe und zeigt keine Anstalten, die Veranstaltung abzubrechen, ist dies allerdings noch kein Freibrief für einen Anruf bei der Polizei. Die Gewerkschaft der Polizei empfiehlt gemeinhin, erst dann die 110 zu wählen, wenn die Lärmbelästigung nicht durch ein Gespräch mit der Feiergemeinde aus der Welt geschafft werden kann.

Ruhestörung durch Kinderlärm

Kindern kommt in der Rechtsprechung gemeinhin eine Sonderbehandlung zu. Denn Lärm, der von ihnen ausgeht, wird im Allgemeinen als Ausdrucksform des kindlichen Drangs nach Spiel und Bewegung betrachtet. Er gilt somit als in höherem Maße zumutbar als andere Formen der Geräuschentwicklung – so entschied unter anderem der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 05.02.1993, Az.: V ZR 62/91. Auch Kinderlärm innerhalb von Ruhezeiten, wie etwa nächtliches Babygeschrei, gilt generell als hinzunehmen, so das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in seinem Urteil vom 29.01.1997, Az.: 9 U 218/96. Seit 2011 ist es zudem in § 22 Abs. 1a Bundesimmissionsschutzgesetz gesetzlich verankert, dass Kinderlärm in der Regel nicht als schädliche Umwelteinwirkung bewertet werden kann.

Wie können Mieter gegen Ruhestörung durch laute Nachbarn vorgehen?

Die Möglichkeit, ohne Umschweife einen Anruf bei der örtlichen Polizei zu tätigen, wenn der ungeliebte Nachbar sich etwa innerhalb der Nachtruhe oder Mittagsruhe als Störenfried erweist, mag einerseits verlockend wirken. Andererseits liegt die Tatsache auf der Hand, dass mit derartigen Schnellschussreaktionen auch verheerende Auswirkungen auf das Nachbarschafts- und Wohnklima einhergehen können. Wer seine Lebensqualität in den gemieteten vier Wänden wirklich langfristig verbessern möchte, sollte daher mit Bedacht handeln. Denn Mieter sind keinesfalls schutzlos gestellt, wenn sich abzeichnet, dass sich ihnen im Alltag in der Wohnung allmählich keine ruhige Minute mehr bietet.

Lärmbelästigung kann ein Mietminderungsgrund sein

So besteht etwa die Möglichkeit, vom Vermieter Mietminderung aufgrund der Lärmbelästigung zu verlangen – schließlich stellt Ruhestörung unter bestimmten Umständen einen Mietmangel dar. Dem Vermieter steht in solchen Fällen zudem die Möglichkeit zu, vom lärmenden Mieter Schadenersatz für die entgangene Miete einzufordern. Allerdings sind an eine erfolgreiche Mietminderung einige Auflagen geknüpft. Der Mieter darf nämlich nicht einfach aus eigenem Ermessen weniger Miete zahlen – im schlimmsten Fall droht ihm in solchen Fällen die Kündigung.

Empfohlen wird gemeinhin, zeitnah mit dem Führen eines detaillierten Lärmtagebuchs – auch Lärmprotokoll genannt – zu beginnen und dann Kontakt mit dem Vermieter aufzunehmen. Ein strategisch sinnvolles Vorgehen ist auf dem Weg zu einer erfolgreichen Mietminderung ein Muss. Wer hierbei die Gewissheit haben möchte, von seinen rechtlichen Möglichkeiten optimal Gebrauch zu machen, sollte am besten einen kompetenten Rechtsanwalt einschalten.

Foto(s): ©AdobeStock

Artikel teilen:


Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Ruhestörung?

Rechtstipps zu "Ruhestörung"