Scheidungskinder, Umgangsrecht und Sommerferien

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Endlich Sommer. Für getrenntlebende Elternteile von Scheidungskindern kann es eine Herausforderung darstellen, sich auf ein Umgangsrecht für das gemeinsame Kind in den Sommerferien zu verständigen. Wenn die Elternteile ihrer Verantwortung für das Kind gerecht werden wollen, sollte es im Interesse und zum Wohl des Kindes möglich sein, eine angemessene Umgangsregelung zu vereinbaren. Hilfreich ist, wenn Sie hierzu eine Reihe von Details kennen.

Warum sind die Sommerferien eine besonders wichtige Zeit?

Für ein Scheidungskind, das bei dem nicht betreuenden Elternteil regelmäßig übernachtet, kann es besonders wichtig sein, auch die Ferien mit dem Elternteil zu verbringen. So hat das Kind die Möglichkeit, mit dem sonst mit ihm nicht zusammenlebenden Elternteil eine Zeit lang ohne Unterbrechung zusammen zu sein und die Beziehung zu intensivieren. Der Umgang in den Ferien ist daher Teil des gesamten Umgangsrechts. Können Sie sich nicht untereinander verständigen, kann und wird das Familiengericht unabhängig vom Alter des Kindes gerichtlich festlegen, welche Ferienregelung angemessen erscheint.

Ohne nachvollziehbare Gründe haben Sie als betreuender Elternteil nicht das Recht, eine Ferienumgangsregelung zu verweigern. Betreuende Elternteile dürfen ihr Kind nicht unter eine „Schutzglocke“ legen, um ihm jedwede familiäre Auseinandersetzung zu ersparen. Eine solche überbehütete Versorgung diene nicht dem Kindeswohl (OLG Saarbrücken, Az. 6 UF 20/13).

Auch die Befürchtung, dass ein Elternteil negativ Einfluss auf das Kind nehme und es in Stellung gegen den anderen Elternteil bringen werde, rechtfertigt nicht die Verkürzung des Ferienumgangs (OLG Düsseldorf, Az. 8 UF 53/1/). Auch während eines verkürzten Ferienumgangs hätte der Elternteil ausreichend Gelegenheit, das Kind zum Nachteil des anderen Elternteils negativ zu beeinflussen.

Bereiten Sie sich und Ihr Kind auf die Sommerferien vor

Ist Ihre familiäre Situation problematisch, dürfte es sinnvoll sein, bereits im Vorfeld des Ferienaufenthalts längerfristige Aufenthalte im Haushalt des mit dem Kind nicht zusammenlebenden Elternteils zu ermöglichen. Sie schaffen Ihrem Kind dadurch die Grundlage, sich an verlängerte Kontakte zu gewöhnen. Außerdem gewöhnen Sie sich selbst daran, dass Sie Ihr Kind eine Zeit lang nicht sehen und haben bestenfalls die Gewissheit, dass das Kind auch bei dem anderen Elternteil gut betreut wird. Genauso dient es dem Interesse des in den Sommerferien betreuenden Elternteils, sich selbst an das Kind zu gewöhnen, seinen Haushalt darauf einzustellen und den Umgang zu „üben“.

Welchen Umfang sollte eine Ferienumgangsregelung haben?

Im Idealfall teilen Sie die Ferien untereinander auf. Dies bedeutet, dass Ihr schulpflichtiges Kind die Sommerferien zur Hälfte bei Ihnen und zur Hälfte bei dem anderen Elternteil verbringt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Elternteil mit dem Kind tatsächlich verreist. Vielmehr kommt es darauf an, dass die in den Ferien miteinander verbrachte Zeit die Bindung des Kindes zu seinem Elternteil festigt und der Elternteil seiner Verantwortung als Elternteil gerecht wird und einfach nur Zeit mit seinem Kind verbringt. Es ist alleinige Entscheidung des betreuenden Elternteils, die Sommerferien für eine Reise zu nutzen oder die Ferien mit dem Kind zu Hause zu verbringen.

Sind Sie berufstätig, ändert Ihre Berufstätigkeit nichts daran, dass die Ferien grundsätzlich aufzuteilen sind. Im Idealfall sprechen Sie sich so ab, dass alle Interessen irgendwie berücksichtigt werden. Da beide Elternteile Verantwortung für das Kind tragen, gebietet es allein die Fairness, dass das Kind in den Sommerferien gleichermaßen betreut und der jeweils andere Elternteil entlastet wird.

Der nicht betreuende Elternteil kann eine angemessene Ferienumgangsregelung auch für ein Kleinkind beanspruchen. So hat das Saarländische OLG (6 UF 116/17) einem Elternteil auch für ein zweijähriges Kleinkind ein zweiwöchiges Umgangsrecht für die Sommerferien zugesprochen. Ein länger andauernder Umgang in den Ferien trage zur Normalisierung der Beziehung des umgangsberechtigten Elternteils mit seinem Kind bei und erhalte und festige die emotionalen Bindungen des Kindes unter Alltagsbedingungen.

Gibt es Vorgaben zur Gestaltung der Ferienumgangsregelung?

Es liegt im Aufgabenbereich des betreuenden Elternteils, wie er die Ferienzeit inhaltlich gestaltet. Der Elternteil entscheidet, natürlich möglichst in Abstimmung mit dem Kind, ob die Ferien zu Hause verbracht werden oder eine Ferienreise unternommen wird. Solange die Ferien in Deutschland oder im europäischen Kulturkreis erfolgen, trifft der betreuende Elternteil die Entscheidung in alleiniger Verantwortung. Allenfalls dann, wenn die Reise ins außereuropäische Ausland und insbesondere in risikoträchtige Regionen führt, kann es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handeln, die von beiden sorgeberechtigten Elternteil gemeinsam zu entscheiden ist.

Auch wenn Sie als Elternteil aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses das alleinige Sorgerecht für Ihr gemeinsames Kind haben, müssen Sie akzeptieren, dass der das Kind in den Sommerferien betreuende Elternteil im Rahmen seines Umgangsrechts eine gewisse Entscheidungskompetenz hat. Diese geht zumindest so weit, als es sich bei der Gestaltung der Sommerferien und einer eventuellen Urlaubsreise um eine alltägliche Entscheidung handelt, die der umgangsberechtigte Elternteil alleine entscheiden kann.

Sind Sie mit der Urlaubsplanung Ihres Ex-Partners nicht einverstanden, können Sie, aber auch der umgangsberechtigte Elternteil, bei dem für den Wohnort des Kindes zuständigen Familiengericht beantragen, einem Elternteil die Entscheidungskompetenz über die Streitfrage zu übertragen. Können Sie sich unter Vermittlung des Gerichts nicht einigen, kann das Gericht einem Elternteil die Entscheidung allein übertragen. Wird Ihnen dann das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen, entscheiden Sie, ob die Reise in die betreffende Region stattfindet oder nicht.

Was ist, wenn eine Entführung droht?

Grundsätzlich kann der umgangsberechtigte Elternteil verlangen, dass Sie ihm oder ihr den Kinderreisepass oder Personalausweis des Kindes übergeben. Solange ein Elternteil in Deutschland jedoch sozial verwurzelt sei, lasse sich die Befürchtung einer drohenden Entführung in das Heimatland des Elternteils nicht objektiv rechtfertigen (BGH, Az. XII ZB 345/18).

Befürchten Sie, dass der Elternteil das Umgangsrecht in den Sommerferien dazu missbraucht, das Kind zu entführen, rechtfertigt allein die abstrakte Möglichkeit einer solchen Entführung nicht, das Umgangsrecht irgendwie einzuschränken oder die Herausgabe des Reisepasses zu verweigern. Sollte es tatsächlich zu einer Entführung kommen, hält das Haager Kindesentführungsübereinkommen Regelungen bereit, die eine schnelle Rückführung des Kindes nach Deutschland gewährleisten.

Möchten Sie präventiv tätig werden, kann sich empfehlen, dass Sie beim Familiengericht beantragen, Ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Ihr Kind zu übertragen. In akuten Fällen kann der Antrag im Wege einer einstweiligen Anordnung vorgetragen werden. Dann können Sie bei den Grenzbehörden das Kind registrieren lassen, um eine eventuelle Ausreise des betreuenden Elternteils mit dem Kind in den Sommerferien zu verhindern.

Was ist, wenn die Urlaubsreise in ein Krisengebiet führt?

Sie verstoßen gegen Ihre „Wohlverhaltenspflicht“, wenn Sie die Bundespolizei missbräuchlich dazu benutzen, um die Urlaubsreise des anderen Elternteils mit dem Kind zu verhindern. In einem Fall des Kammergerichts Berlin hatte ein Elternteil sich an die Bundespolizei gewandt und unter Hinweis auf die Terroranschläge in Thailand dazu bewegt, den anderen Elternteil am nächsten Tag vor einer Ausreise nach Thailand abzuhalten (Kammergericht Berlin, Az. 13 WF 97/17).

Vielmehr sind Sie verpflichtet, alles zu unterlassen, was den Umgang erschwert. Allein die abstrakte Möglichkeit, dass die Reise in ein Krisengebiet mit Risiken verbunden ist, genügt nicht, um eine akute Gefährdung des Kindeswohls darzulegen. Vielmehr ist es in diesem Fall allein Aufgabe des betreuenden Elternteils, für die Sicherheit des Kindes zu sorgen. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Reise in ein politisches Krisengebiet führt oder Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes vorliegen. Möchten Sie auch in diesem Fall die Ausreise verhindern, können Sie unter Angabe nachvollziehbare Gründe beim Familiengericht beantragen, Ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind zu übertragen.

Alles in allem

Eigentlich geht es um Ihr Kind. Es ist verständlich, dass Sie sich Gedanken und womöglich auch Sorgen machen, wenn Ihr Kind die Sommerferien nicht in Ihrer Obhut verbringt. Andererseits geben Sie Ihr Kind in der Obhut Ihres Ex-Partners und sollten davon ausgehen dürfen, dass der Ex-Partner Verantwortung als Elternteil trägt und offensichtlich bereit und willens ist, dieser Verantwortung gerecht zu werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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