Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung als Sanierungsoption

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Liebe Unternehmer/Ratsuchende,

befindet sich Ihr Unternehmen in der Krise? Fehlt die Liquidität, um Löhne/Gehälter, Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und/oder sonstige laufende Kosten zu zahlen oder  Kredite/Darlehen zu tilgen? Ist das Unternehmen eventuell überschuldet oder zahlungsunfähig?

Die COVID-19-Krise hat Deutschland wirtschaftlich erschüttert, die wirtschaftlichen Folgen sind für viele Unternehmen noch nicht absehbar.

Unerwartete Umsatzeinbußen und schnelle Veränderungen im Markt können selbst bei jahrzehntelang wirtschaftlich klug geführten und etablierten Unternehmen kurzfristig zu einer Liquiditätskrise führen und folglich auch eine gesetzliche Insolvenzantragspflicht hervorrufen. Denn die in § 15a InsO geregelte Pflicht gilt für alle Geschäftsleiter juristischer Personen (z.B. GmbH, AG, GmbH & Co. KG oder Genossenschaft) gleichermaßen. 

Bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist grundsätzlich unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Höchstfrist von drei Wochen ein Insolvenzantrag zu stellen. Bei Überschuldung beträgt die Frist maximal 6 Wochen. Erfolgt die Antragstellung nicht, kann die Geschäftsleitung in einem späteren Insolvenzverfahren persönlich in Haftung genommen werden, was regelmäßig zur Privatinsolvenz der Geschäftsleiter führt. Auch strafrechtliche Ermittlungen im Falle einer Insolvenzverschleppung sind regelmäßige Folge einer verspäteten/unterlassenen Antragstellung. Besonders brisant ist die Tatsache, dass die vorgenannten Ansprüche im Falle einer Insolvenz „rückwirkend“ geltend gemacht werden können, also für eine unterlassene Antragstellung, die regelmäßig mehrere Jahre zurückliegt. Dies gilt es jedoch frühzeitig zu verhindern.

Glücklicherweise gibt es in Deutschland diverse Möglichkeiten, um in Krisensituationen Unterstützungsleistungen zu erhalten und die vorgenannte Insolvenzantragspflicht zu verhindern (z.B. das Kurzarbeitergeld und diverse Finanzierungshilfen). In den letzten Monaten wurden zahlreiche weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht (z.B. Soforthilfe-Programme, Stundungsmöglichkeiten bei Mieten, Sozialversicherungsbeiträgen, Steuern, Senkung der Umsatzsteuer). Insbesondere die bedingt durch COVID-19 gesetzlich geschaffene Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 31. Januar 2021 (die Aussetzung gilt nur dann, wenn ein Coronahilfen-Antrag gestellt wurde) ermöglicht es betroffenen Unternehmen die Folgen der COVID-19-Krise zeitweise abzufedern. 

Die Unternehmen sowie deren Geschäftsleiter und Berater haben unlängst erkannt, dass die vorgenannten zahlreichen Maßnahmen in den meisten Fällen eine lediglich temporäre Wirkung haben. Denn Kredite und gestundete Forderungen müssen irgendwann zurückgezahlt werden. Der „entgangene“ Umsatz hingegen kann nicht kompensiert werden. Spätestens sobald die Kredite und die gestundeten Forderungen fällig (gestellt) werden, muss sich jeder Geschäftsleiter erneut mit der o.g. Insolvenzantragspflicht befassen. 

Die Geschäftsleitung jedes Unternehmens sollte daher bereits jetzt frühzeitig die Liquiditätsentwicklung überwachen und Sanierungsoptionen prüfen.

Bei der Prüfung der Sanierungsoptionen sollte die Möglichkeit eines in Eigenregie geführten „Schutzschirmverfahrens“ oder „Eigenverwaltungsverfahrens“ in Betracht gezogen werden. Beide Verfahrensarten bieten die Möglichkeit, Liquiditätsprobleme und Altlasten nicht nur temporär, sondern dauerhaft zu regulieren und das Unternehmen zu entschulden sowie neu aufzustellen.

Während das Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) bereits dann in Betracht kommt, wenn lediglich eine drohende (also eine in der Zukunft absehbare) Zahlungsunfähigkeit vorliegt, ist die Eigenverwaltung (§ 270a InsO) auch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung möglich. 

Beide Verfahrensarten müssen grundsätzlich beim am Sitz des Unternehmens zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Bei Unternehmensgruppen ist die Begründung eines gemeinsamen „Gruppen-Gerichtsstands“ möglich. 

Im Rahmen der Antragstellung muss bescheinigt werden können, dass der Antrag bzw. die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sind. Soweit die Voraussetzungen für ein Schutzschirm/Eigenverwaltungsverfahren vorliegen, bleibt die Geschäftsleitung weiterhin im Amt und kann die Geschicke des Unternehmens weiter lenken. Ein Verfahren dauert erfahrungsgemäß ca. fünf  bis zehn Monate und ist in allen Branchen sowie bei Unternehmen aller Art und Größe durchführbar. 

Die Unterstützung von spezialisierten Beratern ist dabei unerlässlich, denn es gibt zahlreiche rechtliche Hürden zu beachten. Von einer vom Unternehmen eigenständig durchgeführten und unvorbereiteten Antragstellung ist abzuraten. Denn Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung bedürfen einer gründlichen Vorprüfung/Vorbereitung und stellen zwar eine gute, hilfreiche, gesetzlich geregelte Sanierungsoption dar, sind jedoch nicht per se für alle Unternehmen das beste Sanierungsinstrument.  

Ich habe in den letzten Jahren diverse Unternehmen, Investoren, Lieferanten und Gläubiger in der Sanierung, insbesondere in Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltungen beraten und war dabei auch als Generalbevollmächtigter/CRO tätig.

Sollten Sie Fragen haben, rufen Sie mich jederzeit gern an oder kontaktieren Sie mich per E-Mail.

Beste Grüße 

B. Zdanowicz 

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht

Partner bei Hoffman Liebs, Düsseldorf 


#Eigenverwaltung #Schutzschirmverfahren 


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