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Sorgerecht: Wer trägt die elterliche Sorge?

  • 16 Minuten Lesezeit
Sorgerecht: Wer trägt die elterliche Sorge?

Ein Streit ums Sorgerecht belastet alle Beteiligten, in erster Linie leiden jedoch die Kinder. Wird die Sorge um ein gemeinsames Kind zum Konfliktfall, bleibt oft nur noch der Gang zum Anwalt. Die Fachanwältinnen für Familienrecht Dr. Gabriele Sonntag und Dr. Angelika Zimmer erklären, wie das Sorgerecht geregelt ist, wann Sie das alleinige Sorgerecht beantragen können und was Sie tun sollten, wenn Ihnen das Sorgerecht entzogen wird.

Was umfasst das Sorgerecht?

Die in der Vorschrift des § 1626 BGB geregelte elterliche Sorge beschreibt die Verpflichtung der Eltern zur Pflege und Versorgung ihres Kindes. Das Sorgerecht beginnt mit der Geburt des Kindes und endet mit Volljährigkeit des Kindes bzw. dem Tod eines Elternteiles oder Kindes während der Minderjährigkeit.  

Als Eltern sieht das Gesetz den Vater und/oder die Mutter an. Mutter eines Kindes ist die Frau, die das Kind geboren hat. Sie hat mit der Geburt automatisch das Sorgerecht. Vater des Kindes ist der Mann, der mit der Mutter verheiratet ist bzw. dessen Vaterschaft anerkannt oder festgestellt ist. Der Vater kann per Gesetz, rechtsgeschäftlicher Erklärung oder gerichtlicher Entscheidung zum Inhaber der elterlichen Sorge werden. Die Elternschaft kann auch durch eine Adoption erreicht werden. 

Die elterliche Sorge ist einerseits ein höchst persönliches Recht der Eltern und beinhaltet andererseits die Pflicht der Eltern, zum Wohle ihrer Kinder zu sorgen. Das Sorgerecht ist teilbar und untergliedert sich in Personensorge (§§ 1631 ff. BGB) und Vermögenssorge (§§ 1638 ff. BGB) sowie die dazugehörigen Vertretungsrechte für das Kind (§§ 1629 ff. BGB). 

Elterliche Sorge kann im Gesamten oder auch nur in Teilen auf einen der beiden Elternteile übertragen werden. Die Rechtsprechung favorisiert bei Eingriffen in das Elternrecht Teilentscheidungen als milderes Mittel. Eltern mit einem gemeinsamen Sorgerecht üben als Teil der elterlichen Sorge das sogenannte Aufenthaltsbestimmungsrecht gemeinsam aus. Dieses Recht umfasst die Bestimmung, wo sich das Kind räumlich aufhält. Häufig können sich die Eltern nach einer Trennung nicht einigen, bei wem das Kind leben soll. Hier wird regelmäßig durch das Familiengericht nur über diesen Teilbereich der elterlichen Sorge entschieden, sodass die Eltern in allen anderen Fragen der elterlichen Sorge weiterhin gemeinsam entscheiden. 

Personensorge

Die Personensorge betrifft sämtliche Angelegenheiten in Bezug auf die Person des Kindes. Sie umfasst zahlreiche Einzelbefugnisse (BGH, FamRZ 1974, S. 593 ff.), die im BGB konkret benannt werden, aber nicht abschließend aufgezählt wurden. Dazu zählen unter anderem 

  • Pflege 

  • Erziehung 

  • Beaufsichtigung 

  • Aufenthaltsbestimmung 

  • Ausbildungs- und Berufswahl 

  • Religionswahl (Befugnis der Eltern endet bereits vor der Volljährigkeit des Kindes) 

  • Gesundheitssorge 

  • Bestimmung des Umgangs mit anderen Personen 

  • Herausgabeanspruch gegenüber Dritten etc. 

Vermögenssorge 

Die Vermögenssorge umfasst das Recht und die Pflicht der Eltern, das vorhandene Vermögen des Kindes wirtschaftlich sinnvoll in dessen Interesse zu verwalten, es zu erhalten und zu vermehren. Die Eltern dürfen das Vermögen des Kindes frei verwalten. Droht eine Gefährdung des Kindesvermögens, greift die staatliche Kontrolle ein und es besteht vorrangig die Möglichkeit des Familiengerichtes, Maßnahmen nach § 1667 BGB, wie die Abfassung eines Vermögensverzeichnisses einschließlich Rechnungslegung oder auch Sicherungsmaßnahmen in Bezug auf das kindliche Vermögen zu treffen. Wenn dies nicht ausreicht, um der Gefährdung des Vermögens zu begegnen, ist als Ultima Ratio die Entziehung der Vermögenssorge nach § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB denkbar.

Die Vermögenssorge der Eltern ist zusätzlich dort beschränkt, wo eine weisungsgebundene Verwaltung angeordnet wurde, z. B. bei der Anordnung der Verwaltung einer Erbschaft.

Eltern dürfen das Geld nur im Ausnahmefall (§ 1649 BGB) für die Kinder, sich oder Geschwister der Kinder verwenden.

Gesetzliche Vertretung

Die gesetzliche Vertretung eines Kindes erfolgt durch die Eltern gemeinsam. Das gilt nur für die wichtigen Angelegenheiten des Kindes. Alltagsfragen des täglichen Lebens kann jeder Elternteil allein entscheiden. Ausnahmsweise wird das Kind nur von einem Elternteil vertreten, wenn diesem die elterliche Sorge oder Teile davon übertragen wurden oder in bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen Konstellationen. So kann beispielsweise der Elternteil, bei dem das Kind sich überwiegend aufhält, das Kind gegen den anderen Elternteil in Bezug auf die Geltendmachung des Unterhaltsanspruches des Kindes vertreten.

Ist Gefahr in Verzug, besteht ein Notvertretungsrecht, das jeden Elternteil berechtigt, zum Wohle des Kindes allein zu entscheiden.

Vom Sorgerecht abzugrenzen ist das Umgangsrecht. Dieses regelt das Recht der Eltern oder nachstehender Dritter, einen persönlichen Kontakt mit dem Kind zu pflegen. Auf das Ausmaß der zeitlichen Anteile kommt es dabei nicht an, sodass auch die Regelung eines paritätischen Wechselmodells (50/50) nicht das Sorgerecht, sondern das Umgangsrecht betrifft (BGH, Beschluss vom 01.02.2017, Az.: XII ZB 691/15).

Gemeinsames Sorgerecht

Wann haben Eltern ein gemeinsames Sorgerecht?

Bei der Erlangung des gemeinsamen Sorgerechtes muss zwischen verheirateten und nicht verheirateten Paaren sowie gleichgeschlechtlichen Ehen unterschieden werden. 

Eltern, die miteinander verheiratet sind

Der Vater, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, wird gleichzeitig mit dieser sorgeberechtigt.

Eltern, die nicht miteinander verheiratet sind

Ist die Mutter bei der Geburt nicht verheiratet, hat sie zunächst das alleinige Sorgerecht. Um eine gemeinsame Sorge zu erreichen, kann der Vater des Kindes gemeinsam mit der Mutter eine Sorgerechtserklärung abgeben (§§ 1626a–1626e BGB). Die Erklärungen sind beim Jugendamt oder vor einem Notar abzugeben. Dabei kann die Erklärung vor oder auch nach der Geburt oder auch getrennt voneinander erfolgen. Ein gemeinsames Sorgerecht erlangt auch der Vater, der die Mutter nach der Geburt des gemeinsamen Kindes heiratet, und zwar zum Zeitpunkt der Eheschließung.

Verweigert die Mutter ihre Zustimmung zu einer gemeinsamen Sorge, hat der nicht eheliche Vater die Möglichkeit, das alleinige Sorgerecht oder das Mitsorgerecht vor dem Familiengericht einzuklagen (§ 1626a II BGB). Hierbei gilt die gesetzliche Vermutung, dass das gemeinsame Sorgerecht dem Kindeswohl entspricht. Die Mutter muss damit der gemeinsamen Sorge ausdrücklich widersprechen und konkret dartun, aus welchen Gründen ein Sorgerecht mit dem Vater dem Kindeswohl nicht dient (vgl. OLG Stuttgart vom 02.12.2014, Az.: 11 UF 173/14). 

Für den Erhalt eines gemeinsamen Sorgerechtes durch Eheschließung, Sorgeerklärung oder gerichtliche Entscheidung ist für den Vater Voraussetzung, dass er im rechtlichen Sinne der Vater des Kindes ist. Dies setzt nicht zwangsläufig voraus, dass der Vater auch der Erzeuger des Kindes ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Kind in eine Ehe hineingeboren wird. Rechtliche und biologische Vaterschaft können voneinander abweichen. 

Gemeinsames Sorgerecht gleichgeschlechtlicher Paare

Für Kinder, die in eine gleichgeschlechtliche Ehe hineingeboren werden, gestaltet sich die Rechtslage aktuell komplizierter. Der Partnerin der Mutter wird ein automatisch durch Gesetz eintretendes Sorgerecht versagt, weil die gesetzlichen Regelungen zur Abstammung keine Mit-Mutterschaft kennen. Eine Mit-Mutterschaft der anderen Mutter kann aus der Vorschrift des § 1592 BGB (Vaterschaft) weder direkt noch analog abgeleitet werden. Diese Lösung wird als unbefriedigend empfunden. 

Der BGH hat die fehlende Möglichkeit der Ehepartnerin der Mutter, eine Mit-Mutterschaft zu erhalten, bislang toleriert (BGH, Beschluss vom 10.10.2018, Az.: XII ZB 231/18). Eine Verletzung des Grundrechtes aus Art. 6 Abs. 1 GG läge nicht vor, weil die Mit-Mutter erst den Status der Familie begründen wolle und auch das Kind keinen Anspruch darauf habe, dass ihm eine nicht verwandte Person rechtlich als Elternteil zugeordnet werde. Dabei wiederholt der BGH seine Einschätzung aus einem früheren Verfahren, die er seinerzeit auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stützte (BGH, Beschluss vom 29.11.2017, Az.: XII ZB 459/16; BVerfG, Beschluss vom 09.04.2003, Az.: 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/01). 

Sowohl das OLG Celle (Vorlagebeschluss vom 24.03.2021, Az.: 21 UF 146/20) als auch das Kammergericht (Beschluss vom 24.03.2021, Az.: 3 UF 1122/20) haben Bedenken, dass diese Auffassung aktuell nicht zeitgemäß ist, und haben nun das Bundesverfassungsgericht gebeten zu prüfen, ob in der Verweigerung der Gewährung der Mit-Mutterschaft ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG vorliegt. Die gerichtliche Entscheidung wird weitreichende Folgen haben und richtungsweisend für das künftige Abstammungsrecht sein. 

Im Kontext der Entscheidung müssten dann die Fragen der Zulässigkeit der Eizellenspende und der Leihmutterschaft neu diskutiert werden. Nach § 1 Embryonenschutzgesetz ist die Eizellenspende und nach § 13 c des Adoptionsvermittlungsgesetzes die Leihmutterschaft nicht gestattet. Daran hat auch die Einführung der Ehe für alle nichts geändert. Dies führt dazu, dass Paare mit Kinderwunsch hier ins Ausland ausweichen müssen. Bei der Leihmutterschaft kommt es dann, wenn das Kind im Inland zur Welt kommt oder die Eltern unmittelbar nach der Geburt mit dem Kind nach Deutschland einreisen, dazu, dass die Leihmutter als Mutter das Kindes gilt (BGH, Beschluss vom 03.08.2016, Az.: XB ZB 110/16). Die Elternschaft kann in diesen Fällen häufig nur durch eine Adoption erreicht werden. 

Sollte eine Frau einer gleichgeschlechtlichen Ehe ein Kind austragen, kann die Ehefrau der Mutter in Deutschland ein Sorgerecht nur über eine Stiefkinderadoption erreichen. 

Keine Bedenken sieht der deutsche Gesetzgeber bei der Gestattung der Samenspende. Ist der Samenspender mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet, wird er regelmäßig nicht der rechtliche Vater des Kindes und erhält auch kein Sorgerecht. Ist die Empfängerin der Samenspende verheiratet, füllt ihr Ehemann die Position aus. Er ist zugleich auch der Inhaber der elterlichen Sorge. Ist die Mutter nicht verheiratet, könnte der Samenspender seine Vaterschaft theoretisch feststellen lassen und auch ein gemeinsames Sorgerecht anstreben. Diese Möglichkeit wäre auch dann eröffnet, wenn sich die verheirateten Eltern des Kindes trennen und das Kind von der Möglichkeit der Anfechtung der Vaterschaft Gebrauch macht. Sobald der Samenspender die Stellung eines rechtlichen Vaters erhält, hat er die Möglichkeit, ein Sorgerecht zu erlangen. 

Auswirkungen der Trennung auf das gemeinsame Sorgerecht

Trennen sich die Eltern eines Kindes, für welches sie die gemeinsame Sorge innehaben, ändert sich mit der Trennung an diesem Status nichts. Beide Eltern bleiben für das Kind weiterhin in der Verantwortung. Sie erfordert jedoch eine Abstimmung darüber, wie die Eltern zukünftig die Fürsorge ausgestalten wollen. Zunächst müssen sie sich darüber verständigen, wo das Kind nach der Trennung verbleiben soll. Hierfür haben die Eltern grundsätzlich zwei Möglichkeiten. 

Sie können weiterhin zu gleichen Anteilen die tatsächliche Versorgung der Kinder übernehmen – sogenanntes Wechselmodell – oder sie vereinbaren, dass das Kind bei nur einem Elternteil verbleibt und der andere Elternteil ein Umgangsrecht erhält – sogenanntes Residenzmodell. Generell müssen beide Eltern vor und nach der Trennung versuchen, sich zu einigen. Gelingt das nicht, können sie beim Familiengericht beantragen, dass ein Elternteil allein die Entscheidung treffen kann (§ 1628 BGB). 

Das betrifft stets nur Fragen, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind. Über Alltagsangelegenheiten entscheidet der betreuende Elternteil allein. Geht es um Streitpunkte in Bezug auf die auf Dauer angelegten Entscheidungen, wie beispielsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht nach der Trennung, richtet sich der Antrag an das Familiengericht nach § 1671 BGB. In beiden Fällen trifft das Gericht eine Entscheidung, die sich am Kindeswohl orientiert. 

Corona und das Sorgerecht

Impfungen

Im Hinblick auf Schutzimpfungen mit Blick auf Covid 19 ist davon auszugehen, dass sich die Gerichte derzeit vermehrt mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen, denn auch zwischen Eltern gibt es mit Blick auf die Impfung, wie in der gesamten Bevölkerung, zwei Auffassungen zu diesem Thema. 

Ob es in dem Fall, in dem sich die Eltern nicht über eine Schutzimpfung verständigen können, einen Zugang zu einem Gericht geben wird, hängt davon ab, ob die Frage der Impfung als wichtige Angelegenheit oder eine Angelegenheit des täglichen Lebens verstanden wird. Hier sind die Gerichte uneins. So vertrat das AG Darmstadt die Meinung, dass die Entscheidung, ob ein Kind geimpft werden soll, nur der Elternteil trifft, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält. Nur die Frage der Nichtimpfung wird durch das Gericht als Angelegenheit von erheblicher Bedeutung verstanden (AG Darmstadt vom 11.06.2015, Az.: 50 F 39/15 – aufgehoben durch OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.09.2015, Az.: 6 UF 150/15). 

Der weitaus überwiegende Teil der Rechtsprechung und der Bundesgerichtshof sind der Auffassung, dass es sich bei der Frage für oder gegen eine Schutzimpfung um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt, was aus dem Umstand, dass von jeder Impfung oder potenziellen Nichtimpfung gesundheitliche Gefahren für das Kind ausgehen, abgeleitet wird, sodass bei Uneinigkeit der Eltern eine gerichtliche Entscheidung unausweichlich ist (BGH, Beschluss vom 03.05.2017, Az.: XII ZB 157/16, Rn. 17; OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.09.2015, Az.: 6 UF 150/15). 

Erste Entscheidungen in Bezug auf die Covid-19-Schutzimpfungen sind bereits ergangen (OLG Rostock vom 10.12.2021, Az.: 10 UF 121/21; OLG Frankfurt vom 17.08.2021, Az.: 6 UF 120/21; OLG München vom 18.10.2021, Az.: 26 UF 928/21). Die Gerichte orientierten sich hierbei an der Grundsatzentscheidung des BGH vom 03.05.2017 zum Az.: XII ZB 157/16. Dieser wiederum orientiert sich bei seiner Einschätzung zu den Schutzimpfungen generell an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut, der STIKO. Wird die Impfung empfohlen, soll derjenige Elternteil über die Entscheidung zur Impfung befinden dürfen, der dieser Empfehlung folgt. Nur in besonders gelagerten Fällen, in denen nachweislich das Impfrisiko überwiegt, soll hiervon abgewichen werden. In diesen Fällen sind die Gerichte gehalten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. 

Weil die STIKO zwischenzeitlich für Kinder von 12 bis 17 Jahren eine Empfehlung für die Coronaschutzimpfung abgegeben hat, soll derjenige Elternteil, der die Impfung durchführen lässt, die Entscheidungsbefugnis erhalten. Nachdem die STIKO auch für 5-11-Jährige mit Vorerkrankungen eine Impfempfehlung ausgesprochen hat, kann das auch auf diese Altersklassen ausgeweitet werden. Aktuell fehlt es an einer Impfempfehlung für 5-11-Jährige ohne Vorerkrankungen. 

Klargestellt werden muss, dass jedenfalls Kinder, selbst dann, wenn sie bereits das 16. Lebensjahr erreicht haben, aufgrund der Besonderheiten bei dieser Schutzimpfung (noch nicht als Standard geltend) nicht berechtigt sind, sich allein, ohne die Zustimmung der Eltern, für eine Impfung gegen Corona auszusprechen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.08.2021, Az.: 6 UF 120/21). 

Reisen während Coronazeiten

Die Frage der Urlaubsreise kann in Coronazeiten ebenfalls eine Abstimmung mit dem anderen Elternteil notwendig werden lassen. Die aus der Coronapandemie resultierenden Gesundheitsgefahren führen dazu, dass die Urlaubsplanung, die sonst jeder Elternteil für sich ohne Absprache mit dem anderen Elternteil treffen kann, zu einer Angelegenheit von wichtiger Bedeutung werden kann. 

Das ist dann der Fall, wenn die Reise an einen Ort führt, der nach Einschätzung des Robert-Koch-Institutes und des Auswärtigen Amtes mit Risiken behaftet ist (vgl. OLG Dresden vom 28.06.2021, Az.: 21 UF 350/21). Auch das Transportmittel kann eine Rolle spielen. So hat das Oberlandesgericht Braunschweig auch eine Abstimmungsnotwendigkeit für Flugreisen in der Coronapandemie gesehen (vgl. OLG Braunschweig vom 30.07.2020, Az.: 2 UF 88/20). 

Alleiniges Sorgerecht: Freiwillige Abgabe oder Antrag

Wann erhalten Eltern das alleinige Sorgerecht?

Wird ein Kind ehelich geboren, besteht grundsätzlich gemeinsame elterliche Sorge. Wird ein Kind von unverheirateten Eltern geboren, dann hat die Mutter allein das Sorgerecht. Der Vater kann in einem solchen Fall einen Antrag auf Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge stellen. Tut er dies nicht, bleibt die Mutter immer allein sorgeberechtigt.

Freiwillige Abgabe des Sorgerechts

Trennen sich Ehegatten oder wurde bei unverheirateten Eltern die gemeinsame elterliche Sorge begründet, kann ein Elternteil nach der Trennung beantragen, das alleinige Sorgerecht auf sich zu übertragen. Hier kann der andere Elternteil zustimmen. Keinen Einfluss hat dies auf das Umgangsrecht. Dieses besteht weiterhin. Umgangsrecht und elterliche Sorge haben nichts miteinander zu tun. 


Alleiniges Sorgerecht beantragen

Ein Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge kann beim zuständigen Familiengericht gestellt werden. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Kind wohnt. Die Gründe sind vielfältig. Oft sind die Eltern nach einer Trennung so verstritten, dass sie nicht mehr vernünftig miteinander reden können und nur streiten. Dann schadet die gemeinsame elterliche Sorge dem Kind. 

Auch jegliche Form von gewalttätigen Übergriffen auf das Kind macht es unmöglich, mit dem gewalttätigen Elternteil das Sorgerecht weiterhin gemeinsam auszuüben. Sobald der Antrag bei Gericht eingereicht ist, wird das Jugendamt um Stellungnahme gebeten. In hochstrittigen Verfahren wird auch ein Anwalt des Kindes, ein sogenannter Verfahrensbeistand, bestellt. 

Die Übertragung der elterlichen Sorge auf einen Elternteil stellt für das Familiengericht in der Regel den Ausnahmefall dar. Vorab wird versucht, herauszufinden, welche Teile der elterlichen Sorge betroffen sind. Ist es zum Beispiel die Gesundheitsfürsorge, dann kann auch nur dieser Teilbereich aus der elterlichen Sorge auf einen Elternteil übertragen werden. In manchen Fällen ist auch die Erteilung einer Vollmacht ausreichend. 

Sorgerecht und Unterhalt

Sorgerecht und Kindesunterhalt haben grundsätzlich nichts miteinander zu tun. Manche Eltern verknüpfen es aber oft und meinen, dass – wenn sie schon nicht mitentscheiden dürfen – auch kein Unterhalt gezahlt werden muss. Kindesunterhalt ist aber ein Anspruch des Kindes. Das Kind hat gegenüber beiden Eltern einen Unterhaltsanspruch. Derjenige Elternteil, bei dem das Kind lebt, erbringt den Unterhalt durch Betreuung. Der andere Elternteil leistet Barunterhalt. Auch das Umgangsrecht hat nichts mit dem Kindesunterhalt zu tun. Eine Ausnahme gibt es nur beim Wechselmodell. Dieses liegt dann vor, wenn beide Eltern wirklich zeitlich zu gleichen Anteilen das Kind betreuen. 

Sorgerecht beantragen: Wenn Eltern nicht das Sorgerecht haben

Im Falle einer Kindeswohlgefährdung kann das Jugendamt beantragen, das Sorgerecht auf das Jugendamt oder eine dritte Person zu übertragen. Ist kein Elternteil in der Lage, die elterliche Sorge auszuüben, dann kommen oft auch nahe Verwandte in Betracht. In der Regel bleibt das Sorgerecht beim Jugendamt. Verwandte werden vom Jugendamt bevollmächtigt und mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet, die die Ausübung der elterlichen Sorge ermöglichen. 

Sterben beide Eltern, dann tritt auch vorläufig zunächst einmal das Jugendamt als sorgeberechtigt ein. Finden sich dann Verwandte, die bereit sind, die elterliche Sorge für das Kind zu übernehmen, kann diese vom Gericht übertragen werden. 

Was tun, wenn Eltern das Sorgerecht entzogen wird

Voraussetzungen und Gründe

Den Eltern kann das Sorgerechtnach § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB entzogen werden, wenn die Gefahr besteht, dass das Wohl des Kindes in körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht gefährdet ist. Dies gilt auch, wenn das Vermögen des Kindes nicht mehr ausreichend geschützt ist. Dabei kann das Sorgerecht nicht schon dann entzogen werden, wenn die Förderung und Betreuung des Kindes nicht optimal erfolgt, sondern nur dann, wenn die Folgen der Vernachlässigung für das Kind so gravierend sind, dass seine Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit gefährdet ist. 

Die Eingriffsschwelle für das Gericht ist hoch. Es muss vor dem Entzug davon ausgehen, dass der Eintritt eines Schadens beim Kind mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten ist (BGH vom 06.02.2019, Az.: XII ZB 408/18). Allein der Verdacht, dass zukünftig etwas Schlimmes passieren könnte, reicht hier nicht aus. In Betracht kommen hier beispielsweise wiederholt schwere körperliche Misshandlungen, Defizite bei der Körperhygiene oder prekäre Wohnverhältnisse. Auch die unzureichende Ernährung oder die Verweigerung, eine ärztliche Behandlung durchzuführen, können ausreichend sein. In Bezug auf das Vermögen liegt eine Gefahr dann vor, wenn das Vermögen des Kindes unberechtigt vermindert oder durch Versäumnisse der Eltern nicht vermehrt wird. 

Ein Entzug des Sorgerechtes erfolgt nur dann, wenn die Eltern entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr zu beseitigen. 

Folgen

Das Familiengericht kann unterschiedliche Maßnahmen treffen, um der Gefährdung zu begegnen. Beispielhaft werden in § 1666 Abs. 3 BGB Maßnahmen benannt. Dazu zählen Gebote, die Unterstützung der Kinder- und Jugendhilfe anzunehmen oder auch die Einwilligung in einen lebensnotwendigen medizinischen Eingriff (OLG Hamm, Beschl. vom 16.07.1998, Az.: 15 W 274/98) zu ersetzen. Dabei muss das Gericht abgestuft vorgehen. Bevor also ein Kind aus der Familie herausgenommen wird, muss geprüft werden, ob nicht anderweitige Hilfen in der Familie ausreichen. 

Der Entzug der elterlichen Sorge insgesamt oder in Teilen ist daher nur in den Fällen vorgesehen, in denen andere Maßnahmen nicht möglich sind oder nicht gefruchtet haben. Es muss somit das mildeste und am wenigsten beeinträchtigende Mittel gewählt werden (§ 1666a BGB). 

Ein häufig in der Rechtsprechung anzutreffender Fall ist der Entzug des Rechts auf Regelung zum Umgang. Verhindert ein Elternteil ohne Gründe vehement den Umgang mit dem anderen Elternteil, kann diesem das Recht zur Bestimmung über den Umgang entzogen und auf einen Dritten übertragen werden. Dieser Elternteil kann dann nicht mehr über den zeitlichen Umfang und die Art und Weise des Umganges entscheiden (BGH vom 06.07.2016, Az.: XII ZB 47/15). 

Wiedererlangung der Sorge bei Entzug

Sobald die Voraussetzungen für den Entzug der elterlichen Sorge entfallen sind, können die Eltern jederzeit beim Familiengericht vorsprechen und um die Aufhebung des Beschlusses zum Entzug der elterlichen Sorge bitten. In dem Moment, in dem keine Gefährdung mehr festgestellt werden kann, ist der Entzug des Sorgerechtes nicht mehr gestattet und die Eltern sind wieder in die Rechtsposition als Sorgeinhaber zu versetzen. 

Häufige Fragen und Antworten zum Sorgerecht

Was bedeutet Sorgerecht?

Das Sorgerecht, das eigentlich elterliche Sorge genannt wird, umfasst drei Bereiche:

  • Personensorge: unter anderem Pflege und (religiöse) Erziehung, Wahl der Schule, Bestimmung des Wohnorts, Ausbildung und Berufswahl

  • Vermögenssorge: Verwaltung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten des Kindes

  • Rechtliche Vertretung des Kindes: z. B. behördliche Anliegen oder Vertragsschlüsse

Wer bekommt das Sorgerecht?

Miteinander verheiratete Elternteile haben automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Die Mutter erhält bei unverheirateten Eltern automatisch das alleinige Sorgerecht. Nicht miteinander verheiratete Eltern erhalten das gemeinsame Sorgerecht, wenn beide Eltern erklären, die Sorge gemeinsam übernehmen zu wollen (sogenannte Sorgeerklärung).

Diese Sorgerechtserklärung bzw. Sorgeerklärung muss vom Jugendamt oder einem Notar beurkundet werden. Ist die unverheiratete Mutter mit einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung nicht einverstanden, kann der Vater einen Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge beim Familiengericht stellen.

Foto(s): ©Adobe Stock/BillionPhotos.com; anwalt.de/THH

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