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Sozialversicherungspflicht bei Heimarbeit

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Heimarbeiter gelten als Beschäftigte und unterliegen der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. 

Das Gesetz definiert Heimarbeiter als „sonstige Personen, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften erwerbsmäßig arbeiten, auch wenn sie roh- oder Hilfsstoffe selbst beschaffen, die gelten als Beschäftigte“ (§ 12 Abs. 2 SGB IV). Das Gesetz stellt also eine Fiktion auf, dass Heimarbeiter dem Personenkreis der abhängig Beschäftigten gleichgestellt sind.

Das Hessische Landessozialgericht hat zu diesem Personenkreis in einem interessanten Urteil vom 18.06.2020 entschieden, dass es nicht darauf ankomme, ob die in Heimarbeit ausgeübte Tätigkeit zugleich im Rahmen „persönlicher Abhängigkeit“ ausgeübt werde.

 In dem entschiedenen Fall ging es um einen Programmierer, der für ein Software-Unternehmen zunächst auf Grundlage eines Arbeitsvertrages tätig war. Im Anschluss daran setzt er seine Tätigkeit für dieses Unternehmen von zu Hause aus fort, wobei die Parteien zunächst davon ausgingen, dass es sich um eine freie Mitarbeit handelt. Die Vergütung erfolgte nach Stundenaufwand. Schriftliche Vereinbarungen gab es nicht. Der Mitarbeiter beantragte bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin eine Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Die Behörde stellte fest, dass seine Tätigkeit als Programmierer im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden war. In diesem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Das Unternehmen erhob zunächst Widerspruch und anschließend Anfechtungsklage vor dem Sozialgericht Kassel. Das Sozialgericht gab in erster Instanz der Klage statt und stellte fest, dass die Tätigkeit des Programmierers nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt worden sei und insofern keine Versicherungspflicht bestehen könne. Der Programmierer selbst hatte gegen das Unternehmen zuvor eine Kündigungsschutzklage geführt, worin er die Feststellung anstrebte, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis, hilfsweise ein Heimarbeitsverhältnis im Sinne des Heimarbeitsgesetztes bestanden habe. Das Bundesarbeitsgericht gab dem Hilfsantrag letztinstanzlich mit Urteil vom 14.06.2016 statt und stellte ein entsprechendes Heimarbeitsverhältnis fest. Ein Arbeitsverhältnis habe zwar mangels persönlicher Abhängigkeit nicht bestanden, es habe sich bei dem Vertragsverhältnis jedoch um ein „Heimarbeitsverhältnis“ gehandelt, denn der Programmierer sei im Auftrag des Unternehmens in selbst gewählter Arbeitsstätte, nämlich der eigenen Wohnung erwerbsmäßig tätig gewesen. Dieses Vertragsverhältnis sei auch auf Dauer angelegt gewesen.

Im anschließenden Sozialgerichtsprozess knüpfte das SG Kassel an die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts an und stellte fest, dass der Programmierer nicht in einem Arbeitsverhältnis bei dem Unternehmen beschäftigt gewesen sei. Auf die Heimarbeitereigenschaft würde es jedoch nicht ankommen, da es sich dabei nicht um eine Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit handele. Die oben zitierte Regelung des § 12 SGB IV fingiere kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Das Sozialgericht hob den Statusbescheid der Rentenversicherung auf.

Die dagegen erhobene Berufung des Programmierers hatte vor dem Landessozialgericht Erfolg. Das LSG stellte fest, dass es für die Sozialversicherungspflicht der Heimarbeiter nicht darauf ankomme, dass diese Tätigkeit zuggleich im Rahmen „persönlicher Abhängigkeit“ ausgeübt werde. Die entsprechende Feststellung der Rentenversicherung im Statusbescheid sei insoweit irrelevant. Es handele sich dabei um eine unzulässige Elementenfeststellung. Insoweit habe das Sozialgericht den Bescheid der Rentenversicherung zwar zu Recht aufgehoben. An der Versicherungspflicht des Programmierers im Rahmen eines Heimarbeitsverhältnisses ändere sich jedoch nichts. Die Rentenversicherung habe das Bestehen der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung zu Recht festgestellt.

Hessisches LSG – U.v. 18.06.2020 – L 8 BA 36/19

Das Urteil ist rechtskräftig.

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