StVO-Panne könnte sich ausweiten: Regeln zur Nutzung des Handys am Steuer auch unwirksam?

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Nach der Aufsehen erregenden Rücknahme des neuen Bußgeldkataloges aufgrund eines gesetzlichen Zitierfehlers deuten neue juristische Untersuchungen des Justizministeriums Baden-Württemberg nun darauf hin, dass die Zitier-Panne in der Straßenverkehrsordnung (StVO) möglicherweise noch viel größer als bislang angenommen ist. Unter Umständen könnten alle Neuerungen der StVO seit 2009 ungültig sein – die Verordnung würde damit in der ursprünglichen Fassung von 1970 fortgelten.

Letzte StVO-Novelle wies schon schwerwiegende rechtliche Fehler auf

Erst vor wenigen Monaten wurde bekannt, dass die letzte Überarbeitung der Straßenverkehrsordnung mitsamt den Änderungen im Bußgeldkatalog wohl nichtig ist, da sie schwerwiegende juristische Fehler beinhaltet. Inzwischen wird von den einzelnen Bundesländern flächendeckend wieder die StVO in der alten Fassung angewandt – verschärfte Sanktionen für Autofahrer bei Geschwindigkeitsverstößen sind damit erst einmal vom Tisch.

Auch vorherige Fassungen der StVO aufgrund eines Zitierfehlers ungültig?

Dem neuen Bericht des Justizministeriums in Baden-Württemberg zu Folge könnte nun aber nicht nur die letzte Änderung der StVO ungültig sein, sondern auch noch weitere vorige Neuauflagen. Dann würde die StVO in der Fassung, die bis Mitte 2009 gültig war, weitergelten. Grund dafür könnte erneut die Missachtung des sogenannten Zitiergebotes sein, wonach es bei der Änderung einer Vorschrift einer Ermächtigungsgrundlage bedarf, welche genau angegeben werden muss. Ist der Verweis unzureichend oder fehlt dieser, stellt das einen Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Zitiergebot gem. Art. 80 I S.3 GG dar. Die unmittelbare Folge eines Verstoßes ist die (Teil-) Nichtigkeit der Verordnung.

Juristen uneinig – gerichtliche Einschätzung fehlt

Ob bei den weiteren StVO-Fassungen seit 2009 das Zitiergebot tatsächlich missachtet wurde, ist unter Juristen bislang umstritten. Rechtsexperten des ADAC sahen in den vergangenen StVO-Novellen bis dato keinen Verstoß gegen das Zitiergebot. Die Juristen im baden-württembergischen Ministerium kommen nun allerdings zu einem anderen Ergebnis. Zur Auseinandersetzung, inwiefern auch vorherige StVO-Fassungen ungültig sind, fehlt bislang allerdings jegliche gerichtliche Entscheidung. Es ist denkbar, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser Frage beschäftigen wird.

Welche Folgen hätte eine Nichtigkeit der StVO-Novellen für Autofahrer?

Würden auch die vorgegangenen StVO-Erneuerungen und deren Änderungen tatsächlich für nichtig erklärt, hätte das weitreichende Folgen für den gesamten Straßenverkehr. Dann wäre zumindest vorübergehend die StVO in der Fassung bis zum 31. August 2009 maßgeblich, wonach beispielsweise die aktuellen Regeln zur Nutzung von elektronischen Geräten während der Fahrt nicht gelten würden. Für Autofahrer ergäbe sich in noch laufenden Verfahren die Möglichkeit, erfolgreich gegen drohende Punkte in Flensburg und etwaige Bußgelder vorzugehen. In bereits abgeschlossenen Verfahren wäre zudem eine Wiederaufnahme denkbar, bei welcher neben rechtskräftig eingetragenen Punkten auch verhängte Fahrverbote im Nachhinein angegriffen werden könnten. Wenngleich eine Wiederaufnahme nur bei Fällen möglich ist, die nicht älter als drei Jahre sind, könnte die mögliche Panne insgesamt zu einer beachtlichen Prozesswelle in Ordnungswidrigkeitsverfahren an deutschen Gerichten führen.
Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Auswirkungen der Bericht des Justizministeriums nach sich zieht. Sollte die Sicht der Stuttgarter Juristen tatsächlich zutreffen, könnte dies auf der einen Seite zu einem massiven bürokratischen Aufwand führen, auf der anderen Seite Autofahrern jedoch auch vielfältige juristische Möglichkeiten in zahlreichen Bußgeldverfahren eröffnen.

Oftmals unverzichtbar: Fundierte juristische Verteidigung in Ordnungswidrigkeitsverfahren

Nicht selten ist es ratsam, nach Erhalt eines Anhörungsbogens oder Bußgeldbescheides rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein spezialisierter Rechtsanwalt für Ordnungswidrigkeitenrecht kann oftmals Verfahrensfehler oder anderweitige Schwachstellen ausfindig machen, an welchen man für eine gelungene Verteidigung anknüpfen kann. Unser Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Tim Geißler betreut hunderte Mandanten in Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahren in ganz Deutschland und wurde 2020 erneut als Top-Anwalt im Verkehrsrecht ausgezeichnet. Schreiben Sie uns eine E-Mail an info@gks-rechtsanwaelte.de oder kontaktieren Sie uns über unsere unverbindliche Online-Beratung und wir kümmern uns um Ihren individuellen Fall!


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