Teure Beinprothese nur für jüngere Menschen? - So nicht!!!

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Das Landessozialgericht Darmstadt hatte 2017 einen Fall zu entscheiden, der sich genau dieser Frage widmet. Ein 82-jähriger Mann verlor 2012 seinen Unterschenkel ab dem Kniegelenk bei einem Sportunfall. Die Krankenkasse bewilligte dem Mann daraufhin eine Beinprothese nach dem C-Leg System. Das C-Leg ist eine Mikroprozessor-gestützte Prothese, die es Trägern dieses Systems ermöglicht den Mobilitätsgrad 2 bis 3 zu erreichen. Der Mobilitätsgrad gibt an, wie mobil ein Träger einer bestimmten Prothese sein wird. Während Mobilitätsgrad 0 bedeutet, dass nur im Innenbereich Mobilität erlangt wird, bedeutet der höchste Mobilitätsgrad 4 eine Mobilität im Außenbereich mit besonderen Anforderungen.

Krankenkasse: Wirtschaftlichkeitsgebot steht Versorgung mit Genium-Kniegelenk entgegen

Aufgrund seines geistigen und vor allem physischen Zustandes, der eher dem eines 60-jährigen entspricht, beantragte der Mann ein sog. Genium-Kniegelenk (EX. Prothetic System). Nach einer Probeversorgung mit dem Genium-Kniegelenk habe der Mann ein sichereres Gangbild und eine deutliche Verbesserung beim Gehen und Stehen bemerkt. Die beklagte Krankenkasse war nun der Meinung, dass das günstigere C-Leg für den 82-jährigen Mann ausreichend wäre und eine Prothese mit einem Genium-Kniegelenk keine Gebrauchsvorteile bringen würde. Zudem müsse die Krankenkasse auch bei Hilfsmitteln, die eine Behinderung ausgleichen sollen, das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten. Die Umversorgung mit dem Genium-Kniegelenk schlug nämlich mit etwa 46.000 Euro zu Buche. Damit wollte sich der Kläger jedoch nicht zufriedengeben.

Genium-Kniegelenk gleicht Behinderung fast vollständig aus

Zwar lehnte das Sozialgericht Darmstadt die Klage in erster Instanz ab, allerdings war die Berufung hier erfolgreich. Das Landessozialgericht Hessen (Az. L 1 KR 211/15) sah dies nämlich anders und verurteilte die Krankenkasse dazu die Kosten für die Umversorgung mit dem Genium-Kniegelenk zu erstatten. Tatsächlich konnte der Kläger bei einer Begutachtung nämlich nachweisen, dass nur mit dem Genium-Kniegelenk die Folgen seiner Behinderung fast vollständig ausgeglichen werden können. Da die Versorgung mit einem Hilfsmittel gem. § 33 SGB V darauf gerichtet ist die durch eine Behinderung verlorene „Funktion“ möglichst vollständig auszugleichen, muss eben genau das Hilfsmittel bewilligt werden, was diese Funktion erfüllen kann. Entgegen der Meinung der Krankenkasse hat das Genium-Kniegelenk bzw. die EX-Prothese nämlich deutliche Gebrauchsvorteile gegenüber dem C-Leg.

Nicht das Alter entscheidet über das Hilfsmittel!

Dies zeigt deutlich, dass es eben nicht darauf ankommt, ob jemand jung oder alt ist um ihm ein „teures“ Hilfsmittel zum Ausgleich seiner Behinderung zu bewilligen. Kann man beweisen, dass ein bestimmtes Hilfsmittel gerade die Behinderung fast vollständig ausgleichen kann, so ist dies der Maßstab für die Versorgung mit dem Hilfsmittel. Natürlich muss man auch darauf hinweisen, dass dies z.B. nicht für jede Innovation gilt, die z.B. lediglich den Komfort erhöht oder nur geringe Vorteile bietet.

Hilfe durch den Fachanwalt

Haben Sie Probleme mit ihrer Krankenkasse? Bewilligt die Krankenkasse bestimmte Hilfsmittel nicht, die Sie benötigen? Dann ist ein Fachanwalt die richtige Adresse! Rechtsanwalt Paul-Albert Schullerus ist Fachanwalt für Sozialrecht und vertritt sie in allen Angelegenheiten des Sozialrechts. Sie erreichen ihn unter 0611 / 171  829 74 oder per E-Mail unter mail@rechtsanwalt-schullerus.com.

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