Unberechtigte Leistungsverweigerung der Unfallversicherung wegen verspäteter Schadenmeldung

  • 3 Minuten Lesezeit

Versicherer lehnen die Leistung aus der Unfallversicherung mitunter mit dem Argument ab, dass die Schadensmeldung verspätet erfolgt sei (sog. Obliegenheitsverletzung). Dabei berufen sie sich auf folgende Klausel der Versicherungsbedingungen:

Ziff. 7.1 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (GDV)

Nach einem Unfall, der voraussichtlich zu einer Leistung führt, müssen Sie oder die versicherte Person unverzüglich einen Arzt hinzuziehen, seine Anordnungen befolgen und uns unterrichten.

Viele Versicherte denken nach einem Unfall nicht sofort daran, die Sache der Versicherung zu melden. Häufig ist dem Versicherungsnehmer nicht bewusst, dass überhaupt eine Invalidität eingetreten sein könnte, welche Voraussetzung für einen Versicherungsanspruch ist. Dies gilt vor allem für Fälle, in denen die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit nur teilweise eingeschränkt ist. Beispielsweise bei Gelenkverletzungen denkt man anfangs vielleicht nicht daran, dass dauerhafte Schäden zu einer teilweisen Invalidität führen könnten. Erst nach monatelanger ärztlicher Behandlung wird dem Versicherungsnehmer der Versicherungsfall bewusst und er wendet sich erstmals mit einer Schadenmeldung an den Versicherer.

Nach unserer Erfahrung versuchen Versicherer an dieser Stelle oftmals, den Fall ohne weitere Prüfung abzuschmettern. Es wird behauptet, durch die späte Schadenmeldung habe der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit zur unverzüglichen Unterrichtung des Versicherers verletzt. Deshalb bestehe kein Versicherungsschutz. Eine solche pauschale Ablehnung ist in der Regel unberechtigt. Dafür gibt es sogar Gründe.

Die Folgen von sogenannten Obliegenheitsverletzungen, welche von Versicherern behauptet werden, hat der Gesetzgeber zwingend in § 28 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) geregelt. Dies bedeutet, dass spezielle von dem Versicherer verwendete Versicherungsbedingungen nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Regelungen abweichen dürfen. Zu einem vollständigen Ausschluss der Versicherungsleistung kann daher nur eine vorsätzlich begangene Obliegenheitsverletzung führen.

Voraussetzung hierfür wäre, dass der Versicherungsnehmer von dem Eintritt der Invalidität sowie von seiner Pflicht zur unverzüglichen Unterrichtung des Versicherers positive Kenntnis hätte haben müssen. Dies ist in der Regel nicht der Fall, da der Versicherungsnehmer die Schadenmeldung schließlich nicht absichtlich unterlässt. In Betracht kommt daher allenfalls eine fahrlässige oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung.

Nur im Fall einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer. Selbst wenn danach von grober Fahrlässigkeit auszugehen sein sollte, ist der Versicherer dennoch zur uneingeschränkten Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist.

Dies bedeutet, dass eine verspätete Meldung des Versicherungsfalls jedenfalls dann nicht zu einer Kürzung der Versicherungsleistung führen kann, wenn durch die Verspätung keine negativen Folgen eingetreten sind. Negative Folgen sind in der Regel nicht eingetreten, da die Invalidität auch nachträglich noch gutachterlich festgestellt werden kann und auch die unmittelbaren Unfallfolgen durch ärztliche Feststellungen (Röntgenaufnahmen etc.), die gleich nach dem Unfall getroffen wurden, nachgewiesen werden können.

Aus unserer Erfahrung heraus empfehlen wir daher generell, jede Ablehnung des Versicherers rechtlich überprüfen zu lassen. Allzu häufig begegnen uns völlig unhaltbare Argumente, mit denen versucht wird, Versicherungsnehmer im Schadensfall abzuweisen.

Dennoch ist es zu empfehlen, nach jedem Unfall unverzüglich einen Arzt aufzusuchen und auch die Versicherung zu informieren. Zu beachten ist auch, dass nach Ziff. 2.1.1.2 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (GDV) Voraussetzung für den Anspruch auf Invaliditätsleistung ist, dass die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall eingetreten und von einem Arzt schriftlich festgestellt worden ist. Wenn die Invalidität nicht innerhalb dieser Frist ärztlich festgestellt wurde, ist der Versicherungsschutz tatsächlich ausgeschlossen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Armin Wahlenmaier

Beiträge zum Thema