Verfassungsbeschwerde: Das Sorgerecht als Grundrecht

  • 2 Minuten Lesezeit


In vielen Scheidungsverfahren sowie in Auseinandersetzungen mit dem Jugendamt geht es um das Sorgerecht. Darunter versteht man das Recht beider Elternteile, sich um die Belange ihrer Kinder zu kümmern, sie insbesondere zu versorgen, zu erziehen und Entscheidungen für sie zu treffen.


BGB regelt Sorgerecht, GG als Rahmen


Die Regelungen zum Sorgerecht ergeben sich im Wesentlichen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und werden durch die Familiengerichte angewandt. Aber auch im Verfassungsrecht kommt das Sorgerecht als Spezialfall der Familiengrundrechte (siehe Artikel zum Familiengrundrecht: Teil 1 | Teil 2) vor. Art. 6 des Grundgesetzes lautet:


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.


Sorgerecht ist Elternrecht, Staat nur Wächter


Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG bekräftigt, dass das Sorgerecht ein Teil des Elternrechts, nämlich "das natürliche Recht der Eltern" ist. Die Kindererziehung obliegt also nicht dem Staat. Es handelt sich auch nicht um ein Recht des Staates, das dieser an die Eltern verleiht.


Der Staat hat jedoch nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG ein sogenanntes "Wächteramt" inne. Eltern unterliegen also einer gewissen staatlichen Kontrolle dahin gehend, wie sie ihre Kinder erziehen.


Der Maßstab für staatliche Eingriffe in das Sorgerecht ist dabei das Kindeswohl. Damit ist sowohl das seelische (psychische) als auch das körperliche (physische) Wohl gemeint. Ist dieses Wohl nachweislich gefährdet, darf der Staat Maßnahmen ergreifen, die bis hin zum Entzug des Sorgerechts gehen können.


Ganz wichtig ist dabei, dass eben eine konkrete Gefährdung des Kindeswohls drohen muss. Es geht nicht darum, ob die Eltern "gut" oder "schlecht" sind, solange die Belange des Kindes nicht hierunter leiden. Plakativ wird hierzu auch gesagt, dass es keinen Anspruch eines Kindes auf die idealen Eltern gibt.


Familiengerichte müssen Grundrechte beachten


Die Familiengerichte sind als staatliche Einrichtungen an die Grundrechte gebunden. Insbesondere müssen sie bei all ihren Entscheidungen Artikel 6 des Grundgesetzes und dessen Schutz der Elternrechte beachten.


Erfahrungsgemäß setzen sich die Amtsgerichte weniger mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben auseinander, sondern wenden nur das materielle BGB-Recht unmittelbar an. Auf Ebene der Oberlandesgerichte in der Beschwerdeinstanz werden dann jedoch die verfassungsrechtlichen Vorgaben oft sehr genau wiedergegeben, um anschließend darzulegen, warum demnach ein Eingriff in das Elternrecht notwendig und zulässig ist.


Verfassungsbeschwerde gegen OLG-Entscheidung möglich


Dafür sind jedoch umfassende Feststellungen und Abwägungen notwendig, die das Gericht in seinem Beschluss genau darlegen muss. Ob dies in ausreichender Weise geschehen ist, muss verfassungsrechtlich überprüft werden.


Rechtsanwalt Thomas Hummel ist auf das Verfassungsrecht spezialisiert und übernimmt regelmäßig Verfassungsbeschwerden in familienrechtlichen Verfahren. Gerne prüft er auch die gerichtlichen Entscheidungen in Ihrem familiengerichtlichen Prozess und berät Sie zur Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde.




Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Thomas Hummel

Beiträge zum Thema