Verkauf einer Arztpraxis nur mit Zustimmung des Ehegatten?

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Häufig stellt die selbst betriebene Arztpraxis den wesentlichen oder sogar einzigen Vermögensgegenstand des Vertragsarztes dar. Wird ein Verkauf erwogen, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass der Kaufvertrag in der Regel ohne die Zustimmung des (zugewinnausgleichsberechtigten) Ehegatten unwirksam wäre. Ein Fehlen dieses Einverständnisses kann für beide Seiten – Verkäufer und Erwerber – unliebsame Überraschungen mit sich bringen.

Grund dafür ist die Regelung des § 1365 BGB. Die Vorschrift bezweckt neben der Wahrung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich die Sicherung der Existenzgrundlage der Familie. Sollte einer der Ehegatten über sein gesamtes Vermögen verfügen wollen (zum Beispiel durch Verkauf oder Schenkung), statuiert § 1365 BGB das Erfordernis der Zustimmung des anderen Ehegatten.

Im Rahmen des Verkaufs einer Vertragsarztpraxis stehen die Beteiligten nun vor folgender Sonderkonstellation: Der Wert der Praxis dürfte ohne den von der Kassenärztlichen Vereinigung zugeteilten Vertragsarztsitz nur marginal sein. Über diesen wiederum entscheidet die Kassenärztliche Vereinigung unabhängig in eigener Verantwortung, so dass der Arzt selbst hierüber gar nicht verfügen kann. Ebenso wenig darf er seine Patientendaten verkaufen. Tatsächlich wird also in den meisten Fällen unmittelbar lediglich Inventar veräußert. Warum sollte der Ehegatte hier nun zustimmen müssen? Die Rechtsprechung behilft sich mit einer sehr pragmatischen Sichtweise und wendet die Vorschrift des § 1365 BGB wegen „wirtschaftlicher Vergleichbarkeit“ trotzdem an. Die Veräußerung der Vertragsarztpraxis wird zum Schutz beider Vertragsparteien zumeist an eine sogenannte „aufschiebende Bedingung“ geknüpft, nämlich an die Übertragung der Kassenzulassung auf den Erwerber. Weil der Praxisverkauf in der Regel damit faktisch doch zum Übergang des Kassensitzes führt, bedarf er deshalb in der absoluten Mehrzahl der Fälle zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des anderen Ehegatten.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Verkäufer neben der Praxis inklusive Kassenzulassung über weiteres Vermögen in erheblichem Umfang verfügt.

Zu beachten ist die Verfügungsbeschränkung des § 1365 BGB nicht nur für den Fall der Veräußerung einer Arztpraxis sondern natürlich auch bei Verkauf einer jeden anderen Freiberuflerpraxis, wie zum Beispiel Rechtsanwalts- oder Steuerberaterkanzleien, Physiotherapiepraxen, logopädische Praxen, Architekturbüros etc. Insofern ist den Praxisinhabern im Interesse des Erhalts ihrer unternehmerischen Unabhängigkeit jedenfalls der Abschluss eines Ehevertrages anzuraten, der, neben anderen Regelungen, wie zum Beispiel der eines modifizierten Zugewinnausgleichs, eine modifizierte Verfügungsbeschränkung vereinbart, nach der die gesetzliche Verfügungsbeschränkung der Zugewinngemeinschaft gemäß § 1365 BGB im Ehevertrag zumindest hinsichtlich des unternehmerischen Bereiches ausgeschlossen wird.


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