Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

  • 3 Minuten Lesezeit

Dauer eines Insolvenzverfahrens

Ein Insolvenzverfahren dauert sechs Jahre. Dieser Grundsatz schien im deutschen Recht bisher in Stein gemeißelt. Aber jetzt nicht mehr.

Zwar gab es bisher bereits die Möglichkeit, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Verfahrensdauer auf fünf oder sogar drei Jahre zu verkürzen. Aber das setzte stets voraus, dass genug davon vorhanden war, was Schuldnern normalerweise fehlt: ausreichend Insolvenzmasse, sprich – Geld. Daher war ein verkürztes Insolvenzverfahren bisher mehr eine theoretische Möglichkeit, in der Praxis blieb es aber meist bei der Restschuldbefreiung nach sechs Jahren.

Verkürzung der Laufzeit auf drei Jahre

Doch damit ist nun Schluss. In Brüssel war man bereits vor geraumer Zeit zu der Erkenntnis gelangt, dass das deutsche Insolvenzverfahren im internationalen Vergleich viel zu lange dauert. Dass eine Verkürzung der Verfahrensdauer kommen wird, war daher bereits seit langem klar, weil eine Europarichtlinie den deutschen Gesetzgeber zum Handeln bis spätestens Mitte 2021 zwang. 

Bis vor kurzem war aber unklar, bis wann und in welcher Form der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben aus Europa umzusetzen gedachte. Seit dem 01.07.2020 herrscht darüber nun aber weitgehend Klarheit. An diesem Tag wurde der Gesetzentwurf beschlossen. 

Für wen gilt die Neuregelung?

Die Reform tritt demzufolge früher als gedacht in Kraft und alle Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt werden, kommen bereits in den Genuss der verkürzten Laufzeit von drei Jahren. 

Zusätzlich gibt es eine Übergangsregelung, die eine stufenweise Verkürzung der Laufzeit vorsieht. Diese gilt sogar rückwirkend für alle Insolvenzanträge, die ab dem 17.12.2019 erfolgt sind, und ferner für jene Anträge, die noch bis zum 30.09.2020 erfolgen werden.

Trotz der Übergangsregelung wird es sich für noch ausstehende Insolvenzanträge aber in der Regel lohnen, mit dem Insolvenzantrag noch bis zum 01.10.2020 abzuwarten, wenn die Umstände das hergeben. Dadurch lassen sich unter Umständen fast zwei Jahre einsparen.

Was ist mit Verbraucherinsolvenzen?

Besonders interessant: die verkürzte Laufzeit gilt auch für Anträge von Verbrauchern und ist an keine weiteren Bedingungen geknüpft, gilt also unabhängig davon, ob Insolvenzmasse vorhanden ist oder nicht. Mit der Verkürzung der Laufzeit auch für Verbraucherinsolvenzen hat der Gesetzgeber tatsächlich mehr getan, als er laut EU-Richtlinie hätte tun müssen, weil dort eigentlich nur eine Verkürzung für Unternehmensinsolvenzen vorgesehen war.

Was Verbraucher angeht, ist die Verkürzung allerdings vorerst befristet bis zum 30.06.2025. Das bedeutet aber zunächst nur, dass der Gesetzgeber zu gegebener Zeit zu entscheiden haben wird, ob sich die Neuregelung bewährt hat und beibehalten wird oder ob man zur alten Rechtslage zurückkehrt. Auf Anträge, die bis dahin erfolgen, hat die Befristung also keinen Einfluss. 

Bedeutung angesichts Corona und Covid-19 

Gerade in Zeiten von Corona und Covid-19 steht zu befürchten, dass aufgrund wegfallender Einkünfte durch Krankheit, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit für viele Menschen eine Insolvenz unvermeidlich sein wird. Insofern werden viele von der Neuregelung profitieren können, weil sie sich so deutlich schneller von ihren Schulden befreien können.

Was muss ich persönlich beachten?

Zu beachten ist aber auch, dass der Gesetzgeber nicht nur die reine Dauer des Insolvenzverfahrens verändert hat. Damit einher gehen zahlreiche andere Änderungen der Rechtslage, die aus Verbrauchersicht durchaus auch als Verschärfung zu verstehen sind. 

Wir beraten Sie gerne im Zusammenhang mit allen Fragen zur vorliegenden Thematik. 

  • Wer vor kurzem erst einen Insolvenzantrag gestellt hat, sollte schnellstmöglich prüfen, ob ggf. noch eine Rücknahme in Betracht kommt, um in den Genuss der Verkürzung zu kommen. 
  • Wer mit dem Gedanken an einen Insolvenzantrag spielt, sollte prüfen lassen, wie er sich jetzt am besten verhält. 
  • Wer bereits ein laufendes Insolvenzverfahren hat, das ab dem 17.12.2019 beantragt wurde, sollte ebenfalls prüfen lassen, wie sich die Reform auf sein Verfahren auswirkt.

Unsere Kontaktdaten finden Sie in unserem Profil.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Markus Ehrmann

Beiträge zum Thema