Verstoß gegen EU-Richtlinie bei Grundpreisangabe

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Die Grundpreisangabe muss nicht in räumlicher Nähe zum Endpreis erfolgen

Ob im Supermarkt, im Getränkehandel oder im Baumarkt, fast jeder ist ihm schonmal begegnet- dem Grundpreis. Sie stehen zum Beispiel im Getränkemarkt und wollen eine Cola kaufen. In den Regalen sehen Sie sechs verschiedene Flaschengrößen derselben Marke. Wenn Sie nun die günstigste Variante wählen möchten müssen erst einmal rechnen, um die verschiedenen Endpreise miteinander vergleichen zu können. Diese Rechenarbeit ist nicht nötig, wenn bei jedem Endverkaufspreis der jeweiligen Verpackungsgröße der Literpreis, also der Grundpreis eines Liters angegeben ist. Dann können Sie schnell erkennen, welche Variante die günstigste ist. Diese Preisangaben der Grund- oder Nennpreise sind auf den Preisschildern (meist von der Decke abgehängt) für Kasten- oder Kartonverpackungen oder direkt auf Einzelflaschen verbraucherfreundlich gekennzeichnet.


Der Grundpreis

Der Grundpreis ist der Preis je Mengeneinheit, einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Bestandteile. Die Angabe des Grundpreises soll dem Käufer einen leichteren Preisvergleich ermöglichen, besonders bei Packungen mit unterschiedlicher Füllmenge. Pfand oder Rabatte sind nicht zu berücksichtigen. Der Grundpreis muss – neben dem Endpreis – bei folgenden Waren angegeben werden, wenn sie nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten werden:

- Waren in Fertigpackungen,

- Waren in offenen Verpackungen,

- Waren, die als Verkaufseinheiten ohne Umhüllungen abgegeben werden.

Werden Waren nicht nach Gewicht, Volumen, Fläche oder Länge angeboten, also z.B. nach Stück oder Paar, muss kein Grundpreis angegeben werden. Bei loser Ware, die nach Gewicht, Volumen, Fläche oder Länge angeboten und in Anwesenheit des Käufers abgemessen und verpackt wird, muss nur der Grundpreis angegeben werden.


Wie muss die Grundpreisangabe erfolgen?

Der Grundpreis muss gemäß § 2 Absatz 1 Preisangabenverordnung (PAngV) in unmittelbar räumlicher Nähe zum Endpreis erfolgen.

§ 2 PAngV: Grundpreis

(1) Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben. Dies gilt auch für denjenigen, der als Anbieter dieser Waren gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt. Auf die Angabe des Grundpreises kann verzichtet werden, wenn dieser mit dem Gesamtpreis identisch ist.

Das OLG Hamburg (OLG Hamburg, Urt. v. 25.06.2020 - Az.: 3 U 184/19) hat nun entschieden, dass die Grundpreisangabe nicht in räumlicher Nähe zum eigentlichen Preis erfolgen muss, sondern auch an anderer Stelle stehen kann. Das Merkmal der „unmittelbaren Nähe“ aus der Preisangabenverordnung ist nach der Auffassung des OLG Hamburg in richtlinienkonformer Auslegung nicht mehr vorauszusetzen.

Preisangabe bei „Google Shopping“

Die Parteien stritten darüber, ob bei der Werbung für Waren auf einer Online-Handelsplattform der Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben ist. Kläger ist ein eingetragener Verein, welcher unter anderem die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen deutscher Online-Unternehmer und Online-Freiberufler fördert. Die Beklagte ist als gewerbliche Verkäuferin auf der Handelsplattform „Google Shopping“ tätig. Der Kläger hat beim Landgericht Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte beantragt, da es bei mehreren Angeboten der Beklagten an einer entsprechenden Grundpreisangabe fehle.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung mit Beschluss vom 21. August 2019 erlassen und der Beklagten die Preiswerbungen für diejenigen Waren untersagt, für die der Grundpreis und der Gesamtpreis nicht jeweils unmissverständlich, klar erkennbar in unmittelbarer Nähe angegeben wurde. Die Beklagte hat daraufhin gegen das Merkmal „in unmittelbarer Nähe“ Widerspruch erhoben. Die Kammer für Handelssachen (KfH 16) hat die Verfügung bestätigt und den Widerspruch abgewiesen.

Dagegen legte die Beklagte am 15. November 2019 beim Oberlandesgericht Berufung ein. Die Beklagte ist der Auffassung, die Vorgabe in § 2 Absatz 1 PAngV müsse europarechtskonform dahingehend ausgelegt werden, dass das Erfordernis der „unmittelbaren Nähe“ entfalle.

OLG: Kriterium der „unmittelbaren Nähe“ nicht europarechtskonform

Das OLG Hamburg hat die Auffassung der Beklagten bestätigt. Das Merkmal der räumlichen Nähe sei nicht mehr anzuwenden, da die entsprechende EU- Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG auf diese Voraussetzung verzichte.

Das in § 2 Absatz 1 Satz 1 PAngV genannte Kriterium der „unmittelbaren Nähe" geht über die Mindestanforderungen der Preisangaben- Richtlinie hinaus. Vor dem Hintergrund der Vorrangregelung des Art. 3 Absatz 4 UGP-Richtlinie 2005/29/EG ist die Vorschrift richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dieses Kriteriums nicht zu berücksichtigen ist.

Das Gericht bestätigt damit seine bisherige Rechtsansicht. Bereits in einer älteren Entscheidung hatten die Richter diesen Standpunkt vertreten.

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Foto(s): pixabay.de

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