Vorsicht (Vorsorge-) Vollmacht!

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Seit einigen Jahren kommt es immer häufiger vor, dass ältere und/oder gebrechliche Menschen Angehörigen oder Bekannten Vollmachten zu erteilen, insbesondere für Bankgeschäfte.

Das ist grundsätzlich sinnvoll und verständlich, birgt aber auch erhebliche Gefahren.

In meiner Praxis kommt es leider immer wieder vor, dass sich – meist erst nach Eintritt des Erbfalls – herausstellt, dass eine Vollmacht missbraucht wurde. Die Schäden können 5- bis 6-stellige Beträge erreichen.

Einfache Kontovollmacht

Verbreitet sind reine Kontovollmachten, die in der Regel auf Formularen der Bank erteilt werden. Es reicht aber schon, einer – vermeintlich – vertrauenswürdigen Person die EC-Karte samt PIN zur Verfügung zu stellen. Damit hatte in einem Fall die Haushaltshilfe einer Erblasserin binnen eines Jahres über 50.000 € von deren Girokonto abgehoben.

Nachträglich ist es schwierig, das Geld zurückzuholen, wenn es überhaupt noch vorhanden ist. Der oder die Erben müssen nachweisen, dass die betreffende Person das Geld behalten und nicht für den Vollmachtgeber verwendet hat.

Das Gesetz hilft in diesen Fällen, wenn es gelingt, die Vollmachterteilung juristisch als „Auftrag“ (§§ 662 ff. BGB) darzustellen. Dann ist der „Auftragnehmer“ (Bevollmächtigte) verpflichtet, Auskunft über den Verbleib des Geldes zu erteilen und das nicht ordnungsgemäß verwendete Geld herauszugeben. Die Beweislast liegt beim Auftragnehmer.

(Vorsorge-) Vollmacht

Im Internet kursieren tausende von Mustervollmachten, die eine Vertretung ermöglichen, sei es allgemein, sei es nur für den Fall einer schweren Erkrankung etc.

Da es schwierig ist zu definieren, wann eine Person so „krank“ ist, dass die Vollmacht gelten soll, gilt sie in der Regel nach „außen“ sofort und ohne Einschränkung. Das ist vielen überhaupt nicht bewusst.

Solange es sich bei den Bevollmächtigten um Eheleute oder nahe Angehörige, z. B. Kinder, handelt, ist das Risiko kalkulierbar. Bei Bekannten oder fremden Hilfspersonen kommt es aber nicht selten vor, dass sie sich das Vertrauen des Vollmachtgebers erschleichen und die Vollmacht anschließend benutzen, um sich auf dessen Kosten zu bereichern. Alte Menschen ohne nahe Angehörige sind diesen Personen oft hilflos ausgeliefert.

Um einen Missbrauch weitgehend auszuschließen, sich aber trotzdem für den Fall abzusichern, dass man sich nicht mehr selbst um seine Angelegenheiten kümmern kann, empfehle ich die

Betreuungsverfügung

Diese Verfügung ist auf den Fall beschränkt, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer gerichtlichen Betreuung (§ 1896 ff. BGB) vorliegen (z. B. Wachkoma, Demenz etc.).

Oft sind es Familienangehörige, bei Alleinstehenden Krankenhausärzte, die die Notwendigkeit einer Betreuung feststellen. Sie informieren das Betreuungsgericht, das anschließend prüft, ob die Voraussetzungen vorliegen. Bestätigt sich der Verdacht, wird ein/e Betreuer/in bestellt. Je nach Erforderlichkeit legt das Gericht auch die „Wirkungskreise“ fest (Vermögenssorge, Genehmigung ärztlicher oder operativer Eingriffe, Aufenthaltsbestimmung etc.).

Wer eine Betreuungsverfügung errichtet hat, kann verbindlich festlegen, wer bestellt (oder nicht bestellt) werden soll. Das Gericht muss diesen Wunsch beachten.

Ein Missbrauch ist praktisch ausgeschlossen, weil ein/e Betreuer/in gegenüber dem Betreuungsgericht mindestens einmal pro Jahr über alle Einnahmen und Ausgaben abrechnen muss.

Generalvollmacht

Die am weitestgehenden Befugnisse vermittelt eine Generalvollmacht. Sie erlaubt in der Regel nicht nur den Zugriff auf das Geldvermögen, sondern auch die Veräußerung von Grundstücken etc. Dafür muss sie allerdings beim Notar beurkundet werden, um ihre volle Wirkung zu entfalten.

Wurde sie in dieser Form erteilt, eröffnet sie den vollständigen Zugriff auf das Vermögen des Vollmachtgebers. Sie wird auch von Banken, Grundbuchämtern und Behörden anerkannt. Deshalb ist sie nur ausnahmsweise zu empfehlen und sollte auf Eheleute in intakten Ehen beschränkt sein.

Was für Sie das Richtige ist, lässt sich – wie bei einem Testament – nur anhand einer individuellen Beratung klären.

Martin Klemm 

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Erb- und Familienrecht

Hinweis: Meine Rechtstipps stellen die Rechtslage zum besseren Verständnis zum Teil vereinfacht und verkürzt dar. Deshalb ersetzen sie keine persönliche Beratung!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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