Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

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Mobbing ist kein eigenständiger juristischer Tatbestand, sondern schlicht die Beschreibung eines in der Praxis nicht selten vorkommenden Phänomens.

In einer Mobbing-Situation hat man es mit einer sozialen Aggression zu tun, bei der zwei voneinander abhängige Akteure (Mobber und Mobbingopfer) einen Konflikt austragen.

Um sich Klarheit zu verschaffen, ob es ein Arbeitnehmer mit „Mobbing“ zu tun hat, muss zuerst eine Begriffsbestimmung vorgenommen werden.

Mobbing lässt sich beschreiben als

„fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.“ 

So wird Mobbing jedenfalls von den Arbeitsgerichten definiert, soweit diese sich mit dieser Thematik befasst haben.

Oft ist problematisch, ob die Angriffe (Anfeindungen, Schikanen, Diskriminierungen), denen Arbeitnehmer beim Arbeitgeber ausgesetzt sind oder waren, als „Mobbing“ im Rechtssinne klassifizieren lassen.

Die Begriffsbestimmung ist von zentraler Bedeutung, da dem Phänomen „Mobbing“ juristisch nur begegnet werden kann, wenn ein Tatbestand vorliegt, der von den Arbeitsgerichten als Mobbing bewertet wird.

Es muss sich um Verhaltensweisen handeln, die über das zulässige Maß dessen hinausgehen, was ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses hinzunehmen hat.

Dem Arbeitsverhältnis ist es immanent, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anweisen darf, welche Arbeiten dieser, auf welche Weise und bis zu welchem Zeitpunkt zu erledigen hat.

Anweisungen vom Arbeitgeber oder Vorgesetzten müssen, auch wenn sie für den betroffenen Arbeitnehmer nachteilig sind und als unangenehm empfunden werden, nicht gleich als „Mobbing“ einzustufen sein.

Der Arbeitgeber/Vorgesetzte ist grundsätzlich berechtigt, in Ausübung des Direktionsrechts Anweisungen zu erteilen. 

Daher kann von „Mobbing“ erst dann gesprochen werden, wenn dabei eine Grenze überschritten wird. 

Die Anweisung darf nicht nur nachteilig oder unangenehm sein, sie muss als Schikane oder Diskriminierung zu charakterisieren sein. Sie muss „ungerecht“ sein.

Ein vergleichbarer Maßstab ist anzulegen, wenn einem Arbeitnehmer gegenüber Kritik geäußert wird.

Allein der Umstand, dass Leistungen eines Arbeitnehmers kritisiert werden, muss nicht zwangsläufig als „Mobbing“ aufgefasst werden.

Wenn Arbeitgeber an den Leistungen ihrer Arbeitnehmer etwas auszusetzen haben, dürfen sie dies durchaus auch äußern.

Die Grenze wird überschritten, wenn die geäußerte Kritik sachlich überhaupt nicht gerechtfertigt ist. 

Oder die Kritik ist dem Grunde nach zwar berechtigt, wird aber in unverhältnismäßiger Form vorgebracht, indem sie beispielsweise beleidigend ist, der Arbeitnehmer angeschrien oder die Kritik in Gegenwart Dritter geäußert wird, sodass damit ein Ansehensverlust einher geht.

Eine weitere Voraussetzung, um von „Mobbing“ sprechen zu können, ist, dass es sich um fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende Vorkommnisse handeln muss.

Die Anfeindungen bzw. Schikanen müssen systematisch erfolgen, was eine gewisse Häufigkeit voraussetzt. Einzelne isolierbare Vorfälle fallen nicht darunter. 

Wird beispielsweise eine auf dem Computer des Arbeitnehmers befindliche Datei angeblich „aus Versehen“ gelöscht, wird eine Rüge oder Abmahnung ausgesprochen, ohne dass hierfür ein hinreichender Anlass besteht, so können diese Handlungen für sich betrachtet durchaus Gestaltungs- oder Abwehrrechte auslösen.

Mobbingcharakter bekommen Handlungen aber erst dann, wenn es sich um eine Gesamtheit von aneinander gereihten Maßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg handelt und diese Maßnahmen erst in ihrer Gesamtheit das Maß dessen überschreiten, was am Arbeitsplatz toleriert und hingenommen werden muss. Erforderlich ist also eine Art „Fortsetzungszusammenhang“.

Arbeitnehmer sollten also beachten, dass nicht alles, was sich wie „Mobbing“ anfühlt, muss auch Mobbing im Rechtssinne ist.

Häufig wird mit den Anfeindungen und Schikanen, denen ein Arbeitnehmer ausgesetzt sein mag, die Schwelle, die diese Handlungen als Mobbing klassifizieren würden, gar nicht überschritten. 

Mobbingopfer wenden an dieser Stelle ein, dass sie sich die Anfeindungen und Schikanen, die sie ständig erleben, nicht eingebildet haben, und dass es ihnen nicht weiterhilft, wenn feinsinnig danach unterschieden wird, ob eine bestimmte Schwelle überschritten wird oder nicht. 

Mobbing kann sich auf verschiedene Art äußern.

Es gibt die unterschiedlichsten Erscheinungsformen, wie z. B.

Das Handwerkszeug von Mobbern reicht von Kontakt- und Informationsverweigerung,

  • über offene oder versteckte Angriffe auf das An- und Aussehen
  • und die Leistungsfähigkeit bis hin zur Androhung körperlicher Gewalt,
  • das Mobbingopfer wird nicht mehr gegrüßt bzw. sein Gruß wird nicht mehr erwidert
  • Gespräche verstummen plötzlich, wenn es dazukommt,
  • dem Mobbingopfer wird aus dem Weg gegangen oder man gibt ihm sogar zu verstehen, dass der Umgang mit ihm unerwünscht ist,
  • das Mobbingopfer wird wie Luft behandelt,
  • es wird von einer unsichtbaren Mauer umgeben,
  • es kommt zu Bildung von Gruppen und Parteien,
  • das Mobbingopfer wird von allen nötigen Informationen abgeschnitten,
  • Vorgesetze und/oder Kollegen geben erforderliche Informationen einfach nicht weiter,
  • wichtige Unterlagen verschwinden,
  • das Mobbingopfer bekommt keine E-Mails mehr und wird aus dem Verteiler für E-Mails oder Rundschreiben herausgenommen,
  • Es werden Gerüchte über das Mobbingopfer verbreitet, etwa derart, es sei in psychiatrischer Behandlung
  • Der Arbeitnehmer wird (vor anderen) lächerlich gemacht, respektlos behandelt oder eingeschüchtert,
  • über persönliche und körperliche Schwächen machen sich die Mobber lustig, indem sie sich beispielsweise über einen besondere körperliche Merkmale oder Schwächen belustigen und in Gegenwart des Opfers hierüber Witze machen,
  • Äußerungen des Mobbingopfers werden verfälscht wiedergegeben
  • Mobber stellen die Leistungsfähigkeit ihres Opfers infrage, indem sie alles kritisieren und auch unberechtigte Kritik äußern,
  • kleine Fehler und Versäumnisse des Arbeitnehmers werden aufgebauscht, erbrachte Leistungen herabgewürdigt und kleingeredet,
  • Vorgesetze stellen hohe Anforderungen, bei denen das Opfer einfach versagen muss, und setzen es dadurch unter einen enormen psychischen Druck, der schlimmstenfalls zu einem Versagen führen kann,
  • der Mobber droht mit körperlichen – oder sexuellen – Handgreiflichkeiten, rempelt das Opfer an, kündigt „Denkzettel“ an oder starrt sein Mobbing-Opfer penetrant an.

Auf diese Weise wird es für den Arbeitnehmer, der Mobbingopfer ist, unmöglich, die Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen.

Foto(s): Adobe Stock

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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