Wegfall, Kürzung und andere Probleme mit dem Krankengeld

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Eine „Sperre“ beim Krankengeld gibt es nicht, auch, wenn das manchmal so wirkt. Grundsätzlich erhalten Patienten ab der 6. Woche einer Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Das ist zumindest der Grundsatz. Aber keine Regel ohne Ausnahme: Das Krankengeld kann ruhen (1), gekürzt werden (2), ausgeschlossen sein (3), oder ganz wegfallen (4). In seltenen Fällen kann das Krankengeld sogar zurückgefordert werden (5).

1. Anspruch auf Krankengeld ruht, (§ 49 SGB V)

  • bei Erhalt von (mehr als einmalig gezahltem) Arbeitsentgelt. In der Regel bei Entgeltfortzahlung bis zu 6 Wochen.
  • bei Inanspruchnahme von Elternzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz bis zum 3. Geburtstag eines Kindes. Wenn aber die Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Elternzeit eingetreten ist oder wenn das Krankengeld aus einer versicherungspflichtigen Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit errechnet wird, gilt dies nicht.
  • bei Bezug von Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, Kurzarbeitergeld, Mutterschaftsgeld, auch bei Ruhen dieser Ansprüche wegen einer Sperrzeit.
  • solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet ist. Meldefrist bis zu einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit.

Das Krankengeld ruht (§ 51 SGB V) auch bei fehlender Mitwirkung:

Wenn der behandelnde Arzt oder der Arzt des MDK der Krankenkasse mitteilt, dass seiner Ansicht nach die Erwerbsfähigkeit des Versicherten erheblich gefährdet oder gemindert ist, kann die Krankenkasse dem Versicherten eine Frist von 10 Wochen setzen, um einen Antrag auf Rehamaßnahmen zu stellen.

Kommt der Versicherte dieser Aufforderung nicht fristgerecht nach, ruht mit Ablauf der Frist der Anspruch auf Krankengeld. Wird der Antrag später gestellt, lebt der Anspruch auf Krankengeld mit dem Tag der Antragstellung wieder auf.

Zu beachten ist hierbei, dass der Rentenversicherungsträger nach Prüfung des Antrags auch zu dem Ergebnis kommen kann, dass Rehamaßnahmen keine Aussicht auf Erfolg (Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit) mehr haben, und den Antrag auf Rehamaßnahmen dann direkt in einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente umwandelt, § 116 Abs. 2 SGB VI. Die Krankenkasse darf den Versicherten nicht auffordern, einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung zu stellen, bevor geprüft worden ist, ob Rehamaßnahmen durchgeführt werden könnten. Der Versicherte sollte darauf bestehen, dass die gesetzliche Reihenfolge eingehalten wird. Vor allem dann, wenn die zu erwartende Erwerbsminderungsrente deutlich geringer ausfallen wird als das momentane Krankengeld. Wichtig ist, dass der Patient alle Mitwirkungspflichten wahrnimmt sowie Fristen einhält. Solange der Rentenversicherungsträger nicht festgestellt hat, ob eine verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt, kann unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit bestehen; (sog. Nahtlosigkeit, § 145 Abs. 1 SGB III).

2. Krankengeld wird gekürzt (§ 50 SGB V) um den Zahlbetrag 

- der Altersrente, Rente wegen Erwerbsminderung oder Landabgabenrente, jeweils aus dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte,

- Teilrente wegen Alters oder Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit aus der Rentenversicherung,

- Knappschaftsausgleichsleistung, Rente für Bergleute.

3. Krankengeld ist ausgeschlossen (§§, 50, 52 a SGB V) bei Bezug von:

(voller) Regelaltersrente

Altersrente für langjährige Versicherte und Altersrente für besonders langjährig Versicherte

Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit 

Voller Erwerbsminderungsrente

Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Grundsätzen

Vorruhestandsgeld

Mit Beginn dieser Leistungen endet der Anspruch auf Krankengeld, daher können sich Anspruchszeiträume für Krankengeld und Rente theoretisch überschneiden, wenn eine Rente rückwirkend bewilligt wird. Krankenkasse und Rentenversicherungsträger rechnen dann direkt miteinander ab. Das Krankengeld wird in diesem Fall nicht vom Versicherten zurückgefordert. War das Krankengeld niedriger als der Rentenanspruch für den Zeitraum, erhält der Versicherte den Differenzbetrag als Ausgleichszahlung vom Rentenversicherungsträger. War das bezogene Krankengeld höher als der Rentenanspruch, muss der Versicherte den Differenzbetrag jedoch nicht zurückzahlen.

4. Aussteuerung: Ende des Krankengelds nach Höchstbezugsdauer

Wird der Anspruch auf Krankengeld (78 Wochen Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 3 Jahren wegen derselben Erkrankung) ausgeschöpft (Aussteuerung) und ist der Patient noch immer arbeitsunfähig, dann endet seine Mitgliedschaft als Pflichtversicherter in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Rund 2 Monate vor der Aussteuerung informiert die Krankenkasse das Mitglied über die Möglichkeit, seinen Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung zu erklären. Wer nicht innerhalb von 2 Wochen seinen Austritt erklärt hat, wird automatisch am Tag nach der Aussteuerung als freiwilliges Mitglied weiterversichert (obligatorische Anschlussversicherung, § 188 Abs. 4 SGB V). Besteht Anspruch auf Familienversicherung (Familienversicherte), hat diese Vorrang vor der freiwilligen Versicherung.

Wer das nicht möchte, muss innerhalb der 2-Wochen-Frist seinen Austritt aus der gesetzlichen Krankenversicherung erklären und einen anderweitigen Anspruch auf nahtlose Absicherung im Krankheitsfall nachweisen, z. B. eine private Krankenversicherung.

5. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Krankenkasse Krankengeld ganz oder teilweise für die Dauer der Krankheit versagen oder zurückfordern (§ 52 SGB V). In diesen Fällen kann die Krankenkasse den Versicherten auch an den Kosten der Heilbehandlung beteiligen:

  • bei einer vorsätzlich zugezogenen Krankheit (z. B. Selbstverstümmelung, Beteiligung an Schlägerei),
  • bei einem vom Versicherten begangenen Verbrechen (Mindeststrafmaß 1 Jahr),
  • durch vorsätzliches Vergehen (Geld- oder Freiheitsstrafe),
  • durch eine medizinisch nicht indizierte Maßnahme, z. B. eine ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing (hier gibt es kein Ermessen, sondern eine Verpflichtung der Krankenkasse, das Krankengeld zu beschränken).

Die Krankenkasse soll dabei folgende Gesichtspunkte beachten:

  • Grad des Verschuldens des Versicherten
  • Höhe der Aufwendungen der Krankenkasse
  • wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten

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