Wer haftet bei Schäden durch Corona in Österreich? Verdienstentgang & Schadensersatz zu Ischgl & Co

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Wer haftet bei Schäden durch Corona in Österreich? – Verdienstentgang, Amtshaftung & Schadensersatz zu Ischgl & Co aufgrund Covid-19, SARS-CoV-2

Diese Frage beschäftigt derzeit viele Menschen in Österreich, Deutschland, Skandinavien, England und darüber hinaus. Denn die Schäden sind enorm, die durch die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung verursacht wurden. 

Für Haftungen und daraus resultierenden Schadenersatz gibt es verschiedene rechtliche Grundlagen, über die wir Ihnen hier einen Überblick verschaffen wollen. So können Sie abschätzen, ob auch Sie Anspruch auf Ersatz etwaiger Schäden haben, die Sie während der COVID-19-Krise erlitten haben.

Für Ansprüche aus Schadenersatz gibt es gemäß dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) vier Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen:

Es muss ein Schaden vorliegen. Kein Schaden – kein Schadenersatz.

Es muss ein Verhalten (Handlung oder Unterlassung) vorliegen, ohne welches der Schaden nicht eingetreten wäre. Das heißt, es muss eine Verursachung vorhanden sein.

Die Schädigung muss rechtswidrig erfolgt sein, das heißt unter Verletzung eines Gebotes oder Verbotes der Rechtsordnung.

Der Schädiger muss schuldhaft gehandelt haben, das heißt ein rechtmäßiges Verhalten wäre ihm möglich gewesen.

Sind alles diese Voraussetzungen gegeben, so ist ein Anspruch auf Schadensersatz idR vorhanden.

Im Hinblick auf die Corona-Krise ist es offensichtlich, dass Schäden gegeben sind. Diese gehen von nicht erbrachten Leistungen über entgangene Gewinne bis hin zu durch die Infektion verursachten körperlichen Schädigungen oder entgangenen Urlaubsfreuden (ideelle Schäden).

Die nächste Frage, die nun zu klären ist, betrifft das Vorliegen eines Verhaltens, ohne das der Schaden nicht eingetreten wäre. Gibt es Personen oder Institutionen, die durch ihr Verhalten (sei es eine Handlung oder eine Unterlassung) den Schaden verursacht haben?

Unternehmen und Behörden in der Kritik- Aufarbeitung der Causa Ischgl, Verdienstentgang & Schadensersatz

Hier stehen in Österreich besonders einige Unternehmen und Behörden im Bundesland Tirol im Fokus (Stichwort „Ischgl“). Denn die Frage stellt sich, ob durch die verspätete Reaktion auf die Infektionsgefahr nicht die europaweite Verbreitung des Corona-Virus ermöglicht oder zumindest beschleunigt wurde. Denn zahlreiche Menschen aus unterschiedlichen Staaten, die infiziert wurden, haben zum Zeitpunkt ihrer Infektion Urlaub in einem der Tiroler Skigebiete gemacht. Wieder zurück in der Heimat, können diese Personen nun nicht ihrer Arbeit nachgehen, verlieren damit Geld, müssen medizinische Behandlungskosten bezahlen und erleiden unter Umständen auch dauerhafte gesundheitliche Schäden.

Solch eine Schädigung ist rechtwidrig, wenn sie unter Verletzung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes erfolgt ist.

Insbesondere einige Behörden stehen derzeit in der Kritik. Denn angeblich gab es bereits Ende Februar den ersten Fall einer Corona-Erkrankung in Tirol. Dieser wurde aber angeblich entgegen den Vorschriften nicht von der Behörde weitergemeldet, weshalb frühzeitige Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie nicht ergriffen wurden. Wenn dies zutrifft, dann wäre zahlreiche Schäden durch das rechtswidrige Verhalten der jeweiligen Behörde verursacht. In diesem Fall kommt das Amtshaftungsgesetz zur Anwendung, welches Schadenersatzansprüche regelt, die durch Amtsträger in Ausübung ihrer Tätigkeit verursacht wurden. Eine allfällige Klage richtet sich dann nicht gegen den Amtsträger als Person, sondern gegen die Institution, die er repräsentiert (Bund, Land, Gemeinde etc.).

Bei privaten Unternehmen ergibt sich die Rechtwidrigkeit aus der Verletzung der sogenannten Schutz- und Sorgfaltspflichten. Diese gelten immer, auch wenn sie nicht zwischen Kunden und Unternehmer ausdrücklich vereinbart sind. Kein Hotelgast erwartet schließlich eine gesonderte Bestätigung des Hoteliers, dass dieser alles unternimmt, um seine Gäste vor Infektionen zu schützen; oder eine Bestätigung des Lokalbetreibers, dass sein Personal gesund ist. Hotelier und Lokalbetreiber müssen von sich aus alles unternehmen, um eine Gefährdung ihrer Gäste zu vermeiden, z. B. indem sie erkrankte Mitarbeiter nicht arbeiten lassen, Räume desinfizieren, unter Umständen sogar ihren Betrieb schließen und die Behörden mit wichtigen Informationen versorgen.

Gäste haben Anspruch auf Schutz – Skigebiete Ischgl, Paznauntal, St. Anton am Arlberg, Sölden, Zillertal, Mayrhofen, Gerlos, Zell am Ziller

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat dies in der Entscheidung RS0017049 wie folgt beschrieben: 

„Der Abschluss eines Vertrages lässt nicht bloß die Hauptpflichten entstehen, die für die betreffende Vertragstype charakteristisch sind, sondern erzeugt auch eine Reihe von Nebenpflichten, zu denen auch die Schutzpflichten und Sorgfaltspflichten gehören. Der Schuldner hat die geschuldete Hauptleistung nicht nur zu erbringen, sondern er hat sie so sorgfältig zu bewirken, dass alle Rechtsgüter des Gläubigers, mit denen er in Berührung kommt, nach Tunlichkeit vor Schaden bewahrt und beschützt bleiben.“

In allen den oben beschrieben Fällen ist das Verhalten auch schuldhaft, denn das rechtmäßige Verhalten wäre ohne Probleme möglich gewesen. Denn die Meldung an die Behörde hätte erfolgen, der erkrankte Mitarbeiter nach Hause geschickt werden können usw.

Die Frist zur Erhebung einer Klage auf Schadenersatz beträgt 3 Jahre, nachdem der Schaden und der Schädiger bekannt geworden sind. Nach 30 Jahren verjähren alle Ansprüche auf Schadenersatz.

Natürlich können wir das Thema hier nur beispielhaft behandeln. Eine eingehende Prüfung sollte durch einen erfahrenen, lokalen, unabhängigen und spezialisierten Rechtsanwalt erfolgen, der die örtlichen Verhältnisse gut kennt und dann auch eine Klage einbringen kann.

Insbesondere sollten alle Geschädigten ihre Ansprüche prüfen lassen, die in den Skigebieten Ischgl, Paznauntal, St. Anton am Arlberg, Sölden, Zillertal, Mayrhofen, Gerlos, Zell am Ziller und Aschau-Kaltenbach Urlaub gemacht haben. Schäden können wie schon ausgeführt nicht nur Schmerzensgeld aufgrund von Erkrankungen oder entgangenem Urlaub sein, sondern auch durch die Quarantäne verursachte Ausfälle bei Einkommen oder sonstige Kosten, die dadurch entstanden sind.

Wir hoffen, Sie gehören nicht zu den Geschädigten. Aber wenn doch, so sollten Sie Ihre Chancen auf Schadenersatz sichern. Ihr Rechtsanwalt berät Sie gerne weiter.



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