Widerruf bei Handwerkeraufträgen in der Privatwohnung

  • 4 Minuten Lesezeit

In diesem Artikel zeigen wir, wie Verbraucher sich nachträglich wiedervon einem Vertrag mit einem Handwerker lösen können, wenn der Vertrag direkt vor Ort in der Privatwohnung oder auf der Baustelle abgeschlossen wurde. Übrigens haben wir unsmit diesem Thema auch in einem anderen Artikel im Zusammenhang mit der aktuellen Entscheidung des EuGH beschäftigt:

Artikel zu dem Urteil des EuGH vom 17.05.2023 (C-97/22)

Wenn der Handwerker ins Haus kommt, kann es schnell teuer werden. Dies ist anfangs oft nicht absehbar. Wird beispielsweise ein Fachbetrieb angerufen, um die defekte Waschmaschine zu reparieren, kommt es stattdessen eventuell zum Kauf eines neuen Geräts. Ein Auftrag für eine Reparatur oder der Kauf eines neuen Geräts kommen meist spontan zustande, nachdem der Handwerker sich die Situation vor Ort angesehen hat und dem Kunden gesagt hat, was seiner Ansicht nach zu machen ist. Dabei besteht die Gefahr, dass der Kunde übereilte Entscheidungen trifft, die er später bereut. Häufig fehlt es in der konkreten Situation an der Möglichkeit, sich über die angebotene Leistung hinreichend zu informieren und diese eventuell mit anderen Angeboten zu vergleichen. Im Nachhinein ärgert man sich, wenn man beispielsweise für eine Reparatur mehr bezahlen soll, als die Bestellung eines neuen Geräts im Versandhandel gekostet hätte. Mitunter sind Kunden auch unzufrieden mit der Beratung des Handwerkers oder mit der Ausführung der Leistungen.

Es gibt also zahlreiche Gründe, warum Verbraucher als Kunden von Handwerkern so manchen Auftrag gerne rückgängig machen würden. Tatsächlich bietet das Verbraucherschutzrecht in vielen Fällen die Möglichkeit, die Zahlung zu verweigern oder sein Geld vollständig zurückzuerhalten. Dabei geht es um den altbekannten „Widerrufsjoker“. Kaum bekannt ist allerdings, dass es auch bei Handwerkerverträgen Widerrufsrechte gibt. Bei „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“ gemäß § 312b BGB hat der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer ein Widerrufsrecht, ebenso wie bei Fernabsatzverträgen (§ 312c BGB). Während im Versandhandel das Widerrufsrecht mittlerweile allseits bekannt ist, scheint sich die Pflicht zur Erteilung einer Widerrufsbelehrung bei Handwerkern wohl noch nicht herumgesprochen zu haben.

In welchen Fällen besteht ein Widerrufsrecht?

Bei Verbraucherverträgen über Handwerkerleistungen oder Lieferung von Waren besteht in der Regel ein Widerrufsrecht, wenn der Vertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Dies ist typischerweise der Fall, wenn der Unternehmer ins Haus kommt. Dies gilt zumindest dann, wenn vor Ort weitergehende Aufträge erteilt werden. Wird der Auftrag direkt am Telefon oder mit einem anderen „Fernkommunikationsmittel“ erteilt, handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag, für den ebenfalls ein Widerrufsrecht in Betracht kommt. Gänzlich ausgeschlossen ist das Widerrufsrecht nur dann, wenn die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das Entgelt 40,00 € nicht überschreitet.

Eine weitere Einschränkung gibt es, wenn der Verbraucher den Unternehmer aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen. Wenn sich die Handwerkerleistungen hierauf beschränkt, besteht kein Widerrufsrecht. Dies gilt aber nicht, wenn anlässlich des Besuchs weitere Dienstleistungen oder Warenlieferungen beauftragt werden, die der Verbraucher anfangs nicht ausdrücklich verlangt hat und die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden. Die Einschränkung des Widerrufsrechts betrifft daher nur den kleinen Teilbereich der dringend notwendigen Reparaturen.

Welche Möglichkeiten eröffnet ein Widerrufsrecht?

Wenn ein Widerrufsrecht besteht, kann der Verbraucher den Vertrag innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen. Die Widerrufsfrist beginnt aber nicht zu laufen, bevor der Unternehmer umfangreiche Informationspflichten, welche detailliert gesetzlich geregelt sind, erfüllt hat. Hierzu gehört vor allem die Erteilung einer Widerrufsbelehrung. Wenn der Unternehmer dies versäumt hat, erlischt das Widerrufsrecht erst zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Grundsätzlich erlischt das Widerrufsrecht bei der Erbringung von Dienstleistungen auch dann, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat, aber auch dies gilt nur, wenn der Verbraucher vorab entsprechend belehrt wurde.

Welche Folgen hat der Widerruf?

Nach einem wirksamen Widerruf sind die empfangenen Leistungen innerhalb von 14 Tagen zurückzugewähren. In die Wohnung des Verbrauchers gelieferte Waren sind von dem Unternehmer abzuholen, oder wenn möglich per Post an den Unternehmer zurückzusenden. Die Kosten der Rücksendung trägt der Verbraucher nur, wenn der Unternehmer hierüber ordnungsgemäß belehrt hat. Zahlungen des Verbrauchers sind vollständig zurückzugewähren. Wertersatz für Dienstleistungen oder Waren muss der Verbraucher jedenfalls nicht leisten, wenn der Unternehmer hierüber nicht ordnungsgemäß belehrt hat.

Fazit

Da Handwerker in der Praxis selten eine (korrekte) Widerrufsbelehrung verwenden, besteht in vielen Fällen ein langfristiges Widerrufsrecht, welches dazu führt, dass der Kunde nicht bezahlen muss, oder sein Geld vollständig zurückerhält.

Die Verbraucherschutzgesetze rund um das Widerrufsrecht sind umfangreich und relativ kompliziert. Der vorliegende Artikel kann daher nur einen oberflächlichen Einblick bieten und nicht auf alle Fallgestaltungen, in denen Widerrufsrechte bestehen und die hierzu bestehenden Ausnahmen eingehen. Die auf die Durchsetzung von Verbraucherrechten spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei TREWIUS bietet im konkreten Einzelfall eine kostenlose Ersteinschätzung der Rechtslage an.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Armin Wahlenmaier

Beiträge zum Thema