Wilde Ehe – Kein Trauschein, keine Rechte?

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Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nehmen mehr und mehr zu, da sich dieser Lebensentwurf immer größerer Beliebtheit erfreut. Der typische Fall der eheähnlichen Partnerschaft ist, dass beide Partner noch unter 35 Jahre jung sind, voll im Berufsleben stehen und (noch) keine Kinder haben. Geheiratet wird dann meist, wenn das gemeinsame Kind unterwegs ist.

Auch in dieser Lebensphase können sich Rechtsstreitigkeiten auftun, die mit Blick auf die Interessenlage durchaus mit der Ehe vergleichbar sind. In diesem Rechtstipp gehen wir darauf ein, dass die Lösung dieser Streitigkeiten – trotz vermeintlicher Ähnlichkeiten zur ehelichen Lebensgemeinschaft – oftmals anderen Maßstäben folgt.

1. Was bedeutet nichteheliche Lebensgemeinschaft?

Wenn Juristen von der sogenannten nichtehelichen bzw. eheähnlichen Lebensgemeinschaft sprechen, meinen sie eine auf Dauer angelegte Partnerschaft, die daneben keine weitere Lebensgemeinschaft zulässt und sich durch eine innere Bindung auszeichnet, also über eine reine Wohn- bzw. Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht. So hat es das Bundesverfassungsgericht sinngemäß definiert. Kennzeichnend ist hiernach, dass das Zusammenleben Ausdruck einer Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft ist.

Von Verfassungs wegen genießt die nichteheliche Partnerschaft nicht den gleichen Schutz wie die Ehe. Das macht die Rechtsanwendung in diesem Kontext besonders schwierig, da regelmäßig kein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Partnern feststellbar ist, an das Rechte oder Pflichten geknüpft werden könnten. Dies zeigt sich auch mit Blick auf die folgenden Problemkreise.

2. Was wird aus der gemeinsamen Eigentumswohnung? 

Nach der traditionellen Vorstellung des Gesetzgebers besteht bei unverheirateten Paaren weder in wirtschaftlicher noch in rechtlicher Hinsicht eine Rechtsgemeinschaft. Das bedeutet, dass persönliche und finanzielle Leistungen unter den Partnern nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wird also der Wille unterstellt, dass für Aufwendungen des Paares, die im gemeinsamen Interesse getätigt werden, keine Entschädigung nach Ende der Partnerschaft stattfinden soll.

Die Rechtsprechung hat hiervon eine wichtige Ausnahme zugelassen: Hat ein Partner eine Anschaffung getätigt, die für die Dauer der Partnerschaft gemeinsam genutzt wird und beiden Seiten gemeinsam gehören soll, kommt ausnahmsweise ein Vermögensausgleich nach der Trennung in Betracht. Ein anschauliches Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Anschaffung einer Immobilie. Hat nur ein Partner ein Haus gekauft und sich als Eigentümer ins Grundbuch eintragen lassen und hat der andere in erheblichem Umfang Arbeit und Geld investiert, kann im Trennungsfall ein finanzieller Ausgleich ausnahmsweise in Frage kommen. Das ist jedoch nicht der Regelfall!

Daran zeigt sich, dass unverheiratete Paare beim Immobilienkauf besondere Vorsorge treffen sollten: Vor allem ist eine Eintragung beider ins Grundbuch zu empfehlen. Je nach den Umständen des Einzelfalles, sind auch andere Sicherungsmöglichkeiten – etwa die Eintragung eines Wohnrechts im Grundbuch oder die Vereinbarung von Vorkaufsrechten – in Erwägung zu ziehen. Insoweit können jedoch keine pauschalen Empfehlungen ausgesprochen werden!

3. Was ist mit der gemeinsamen Mietwohnung?

Prinzipiell können unverheiratete Partner gemeinsam Mietvertragsparteien werden. Hierzu müssen sie jedoch beide im Mietvertrag aufgeführt werden und das Vertragsdokument beide unterschreiben. Ist das der Fall, haften sie für die Miete als Gesamtschuldner.

Wichtig: Sind beide Partner Vertragsparteien des Mietverhältnisses geworden, können sie den Mietvertrag auch nur gemeinsam kündigen. Wenn nur eine Seite der eheähnlichen Partnerschaft den Vertrag form- und fristgerecht kündigt, wird das Mietverhältnis hierdurch nicht wirksam beendet!

Wer einen Lebensgefährten in eine bereits angemietete Wohnung aufnehmen möchte, muss hierfür die Erlaubnis des Vermieters einholen. Hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zur Ehe. Während der Einzug des Ehegatten keine Erlaubnis benötigt, sondern nur eine Anzeigepflicht auslöst, werden nichteheliche Partner im Verhältnis zum Vermieter wie beliebige Dritte behandelt. Diese Feinsinnigkeit ist in der Praxis jedoch nur von untergeordneter Bedeutung, da der Wunsch, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft zu begründen, regelmäßig ein berechtigtes Interesse darstellt, mit dem ein Anspruch auf Erlaubnis korrespondiert.

4. Was passiert im Erbfall?

Dem nichtehelichen Partner kommt kein gesetzliches Erbrecht zu! Er wird also nicht automatisch Erbe des verstorbenen Partners. Er kann jedoch durch Testament oder Erbvertrag bedacht werden.

Übrigens: Die Zeiten des sittenwidrigen „Mätressentestaments“ sind lange vorbei. Dementsprechend sind Verfügungen zu Gunsten des Partners grundsätzlich nicht sittenwidrig oder nichtig. Ausnahmen können allenfalls dort bestehen, wo in der Erbeinsetzung der Geliebten eine deutlich familienfeindliche Gesinnung des Erblassers zum Ausdruck kommt. Dies dürfte jedoch die absolute Ausnahme darstellen! 

5. Fazit 

Bereits anhand dieser ausgewählten Themenkreise werden die Unterschiede zwischen der ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaft deutlich. Konfliktpotential besteht in der Praxis darüber hinaus häufig in folgenden Bereichen:

  • Unterhaltsrecht
  • Sorgerecht
  • Umgangsrecht

Während verheiratete Eltern grundsätzlich gemeinsam das Sorgerecht ausüben, ist für unverheiratete Eltern hierzu die Abgabe einer Sorgeerklärung erforderlich. Was den Unterhaltsanspruch des Kindes anbelangt, gelten weitestgehend die gleichen Regelungen. Denn aus Sicht des Kindes macht es natürlich keinen Unterschied, ob die Eltern verheiratet sind oder nicht. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns!


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