Wohnungseigentümerversammlung in Bayern während der Corona-Pandemie

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1. Eigentümerversammlung als Versammlung (i.S.v. § 5 BayIfSMV)?

Aufgrund von § 5 S. 1 der Zwölften Bayerischen Schutzmaßnahmenverordnung (12. BayIfSMV) sind zwar derzeit Veranstaltungen jeglicher Art landesweit untersagt. Dieses Verbot gilt aber nicht für Versammlungen (im Sinn von § 7 der 12. BayIfSMV). Jedoch handelt es sich bei der Eigentümerversammlung gerade nicht um eine Versammlung in diesem Sinne. Denn sie ist keine Zusammenkunft, die der öffentlichen Meinungsbildung dient (BVerfGE 104, 92 (104).

2. Eigentümerversammlung als Veranstaltung (i.S.v. § 5 BayIfSMV)

Man kann die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Eigentümerversammlung um eine Veranstaltung (i.S.v. § 5 der 12. BayIfSMV) handelt, die also wegen des allgemeinen Veranstaltungsverbots generell untersagt ist (AG München, BeckRS 2021, 4712).

Diese Ansicht ist aber zumindest diskussionswürdig. Die Regelung zum allgemeinen Veranstaltungsverbot steht nämlich in einem Teil der Verordnung (Teil 2 der 12. BayIfSMV), der das öffentliche Leben betrifft. Bei der Eigentümerversammlung handelt es sich gerade nicht um eine öffentlich zugängliche Veranstaltung, an der jeder Interessierte teilnehmen darf (§ 23 Abs. 1 WEG). Es spricht somit vieles dafür, die Zulässigkeit einer Eigentümerversammlung stattdessen nach den Regelungen für den gemeinsamen Aufenthalt in privat genutzten Räumen (§ 4 der 12. BayIfSMV) zu beurteilen. Allerdings hilft das kaum weiter. Selbst in privat genutzten Räumen ist nämlich ein Zusammentreffen von mehr als zwei Haushalten derzeit auch verboten.

3. Abhalten der Eigentümerversammlung 

In einer Eigentümergemeinschaft sind manchmal Entscheidungen zu treffen, die nicht aufgeschoben werden können. Was ist zu tun, wenn der irreparable Ausfall einer alten Heizungsanlage zu befürchten ist? Aus eigenem Recht darf der Verwalter keine neue Heizung einbauen lassen. Die Eigentümer müssen also über die Auftragsvergabe beschließen.

Aus diesem Grund berufen Verwalter häufig sogenannte Ein-Mann-Versammlungen bzw. Vertreterversammlungen ein. Das bedeutet, der Verwalter weist im Einladungsschreiben darauf hin, dass eine persönliche Teilnahme an der Versammlung nicht gestattet ist. Er fordert die Eigentümer auf, ihm Vollmachten zu erteilen. Der Verwalter leitet die Versammlung dann, ohne dass eine einzige weitere Person daran persönlich teilnehmen darf. Wegen der Verletzung von Teilnahme-/Stimmrechten sind Beschlüsse der Ein-Mann-Versammlung jedoch nichtig, also von Anfang an unwirksam (AG München, BeckRS 2020, 43132; AG Lemgo, ZWE 2020, 480).

Bittet der Verwalter in der Einladung hingegen nur darum, ihm eine Vollmacht für die Eigentümerversammlung zu erteilen, so ist das zulässig (LG Frankfurt a. M., NJW-RR 2021, 144).

4. Umlaufbeschluss statt Eigentümerversammlung?

Seit dem 01.12.2020 gilt ein neues Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Nach § 23 Abs. 3 S. 2 WEG können die Wohnungseigentümer beschließen, dass bei einem Umlaufbeschluss (Beschlussfassung ohne Eigentümerversammlung) für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt. Hieraus resultiert häufig das Missverständnis, dass Umlaufbeschlüsse jetzt immer mit Stimmenmehrheit gefasst werden können. Das ist jedoch nicht der Fall. Ein im Umlaufverfahren gestellter Beschlussantrag kommt nur dann wirksam zustande, wenn alle Wohnungseigentümer in Textform (z.B. per E-Mail) zugestimmt haben. Gerade bei größeren Wohnungseigentümergemein-schaften ist das kaum zu erwarten.

5. Online-Versammlung statt Präsenz-Eigentümerversammlung?

Auf den ersten Blick scheint die in § 23 Abs. 1 WEG erwähnte Teilnahme an der Eigentümersammlung im Wege elektronischer Kommunikation (sogenannte Online-Eigentümerversammlung) die Lösung zu sein. Allerdings kann der Verwalter nicht von sich aus darüber entscheiden, eine Online-Eigentümerversammlung abzuhalten. Die Eigentümer müssen darüber beschließen, ob die Online-Teilnahme an der Eigentümerversammlung zulässig ist. Gerade diese Beschlussfassung ist aber derzeit nicht möglich, weil aufgrund der Corona-Pandemie die Eigentümerversammlungen untersagt sind. Man dreht sich hier also im Kreis.

6. Fazit

Eine größtmögliche Rechtssicherheit ist nur dadurch zu erlangen, dass das Abhalten einer Eigentümerversammlung in Abstimmung und mit Genehmigung der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde stattfindet (§ 27 Abs. 2 S. 1 der 12. BayIfSMV). Die Hürden hierfür sind zwar hoch, aber es ist machbar.


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