Zahlt die Kfz-Vollkaskoversicherung auch bei Kratzern im Lack?

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Wer kennt es nicht? Man stellt sein Auto auf einem Parkplatz oder am Straßenrand ab, kommt zurück und der Lack wurde zerkratzt. Das Entfernen der Kratzer kann dann schnell teuer werden, was besonders ärgerlich ist, wenn sich der Verursacher des Schadens einfach aus dem Staub gemacht hat.  

Warum also nicht einfach mit dem kleinen Schönheitsfehler leben und das Geld sparen? Eben dies ist nicht zu empfehlen, weil Kratzer im Lack oft Ursache für Rost sind. Beginnt das Blech erst einmal zu rosten, dringt früher oder später Wasser in das Auto ein. 

Demnach sollten Kratzer im Lack sachgerecht entfernt werden. Ist der Kratzer dabei so tief, dass Hausmittel und die kostengünstige „Smart Repair“-Methode keinen Erfolg bringen, bedarf es in der Regel einer kompletten Neulackierung des Autoteils. Das kann je nach betroffenem Bauteil und Fahrzeugtyp schnell ins Geld gehen. 

Dann stellt sich den Betroffenen die Frage, ob diese Kosten unter Umständen von der Kfz-Vollkaskoversicherung übernommen werden. Dies hatte nun das Oberlandesgericht (OLG) Hamm zu entscheiden:

Zahlt die Vollkaskoversicherung für Kratzer im Lack?

Nach dem Versicherungsvertrag, den der betroffene Fahrzeugeigentümer mit seiner Versicherung geschlossen hatte, besteht die Vollkaskoversicherung auch für Fahrzeugschäden, die durch einen Unfall verursacht wurden. Zu entscheiden war also, ob es sich bei den Lackkratzern um einen Unfallschaden handelt. 

Im Versicherungsvertrag wird ein Unfall definiert als „unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkende Ereignis“. Fraglich war in diesem Zusammenhang, ob es sich ein plötzliches Ereignis handelt, wenn der „Täter“ das Auto nicht nur flüchtig beschädigt, sondern über einige Minuten hinweg Kratzer herbeiführt. 

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts kommt es bei dem Merkmal der plötzlichen Schadenverursachung nicht darauf an, dass das Ereignis besonders schnell abläuft. Demnach wird ein Fahrzeug auch dann plötzlich beschädigt, wenn sich das Zerkratzen über mehrere Minuten erstreckt hat. 

Außerdem hat das OLG ausgeführt, dass die Versicherung, wenn sie behauptet, der betroffene Fahrzeuginhaber habe die Kratzer vorsätzlich selbst verursacht, eben diesen Umstand beweisen muss. Gelingt ihr diese Beweisführung hingegen nicht (wie im vorliegenden Fall), ist davon auszugehen, dass der Fahrzeugeigentümer den Schaden nicht selbst herbeigeführt hat. 

Die Versicherung ist folglich zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die bei der Beseitigung der Lackkratzer entstehen. 


Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 27.04.2020, Az.: 20 U 42/20

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