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Zwangsheirat: Wie sie bestraft wird und was Betroffene tun können!

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Zwangsheirat: Wie sie bestraft wird und was Betroffene tun können!

Die wichtigsten Fakten

  • Eine Zwangsheirat ist eine Heirat, die unter Zwang und ohne Einwilligung des oder der Heiratenden stattfindet.
  • Die Zwangsverheiratung ist gemäß § 237 StGB strafbar.
  • Auch der Versuch und die Zwangsheirat im Ausland sind strafbar.
  • Es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Jahren.
  • Sind weitere Straftaten mit der Zwangsehe verbunden, werden diese ebenfalls bestraft – z. B. Körperverletzung oder Vergewaltigung.

So gehen Sie vor

  1. Erste Anlaufstelle bei drohender Zwangsverheiratung ist das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen unter der Nummer 08000 11 60 16.
  2. Betroffene können Schutz in Frauenhäusern suchen.
  3. Auch von Sozialämtern, Jugendämtern und speziellen Hilfsorganisationen gibt es Unterstützung.
  4. In schwerwiegenden Fällen kommt ein Opferschutzprogramm infrage.
  5. Wer vor Zwangsverheiratung flieht, kann als Flüchtling anerkannt werden und bekommt in der Regel Asyl gewährt.

Was ist eine Zwangsheirat?

Bei der Zwangsheirat handelt es sich um eine Eheschließung, mit der einer oder beide der Heiratenden nicht einverstanden sind und zu der keine Zustimmung gegeben wurde. Die Mehrheit der Betroffenen sind Frauen und Mädchen unter 18 Jahren. Meist sind mit der Zwangsehe psychischer und sozialer Druck, Drohungen, Abwertung und Gewalt verbunden. Weigern sich die Betroffenen, folgen häufig Beschimpfungen, weitere Gewalt oder sogar Mord.

Welche Formen von Zwangsheirat gibt es?

Man unterscheidet vier Arten der Zwangsheirat:

  1. Bei der Zwangsheirat mit Ausweisungsrisiko werden meist in Deutschland geborene Frauen und Mädchen in Deutschland verheiratet. Weigern sie sich, droht ihnen die Ausweisung in das Heimatland der Eltern.
  2. Wird ein in Deutschland lebender Mann mit einer Frau aus seinem Herkunftsland verheiratet, spricht man von „Importbräuten“.
  3. Bei der Ferienverheiratung oder Heiratsverschleppung werden meist in Deutschland geborene Frauen ohne ihr Wissen in den Ferien mit einem Mann aus dem Herkunftsland der Eltern zwangsverheiratet.
  4. Die Zweckehe zur Einwanderung, bei der Mädchen und Frauen häufig mit Cousins zwangsverheiratet werden, gilt als Mittel zur Einwanderung nach Deutschland.

Bei vielen Zwangsehen werden Mädchen und junge Frauen gegen ihren Willen verheiratet. Man spricht dann auch von einer Kinderheirat.

Was ist der Unterschied zur arrangierten Heirat?

Ähnlich wie die Zwangsheirat wird auch eine arrangierte Ehe von Verwandten oder Ehevermittlern veranlasst. Der Unterschied: Eine arrangierte Hochzeit findet in der Regel mit Zustimmung des Brautpaars statt. Der Übergang zur Zwangsehe ist aber fließend, da die Einschätzung, was eine einzelne Person als Zwang empfindet, sehr subjektiv ist.

Welche Strafe gibt es für Zwangsheirat?

Die Zwangsverheiratung ist erst seit 2011 ein eigener Straftatbestand im Strafgesetzbuch (StGB). Vorher wurde die Zwangsheirat als besonders schwere Nötigung gemäß § 240 Abs. 4 Nr. 1 StGB mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Strafbarkeit gem. § 237 StGB

Zum 17. März 2011 wurde die Zwangsverheiratung im Rahmen des Gesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer vor Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften in § 237 StGB definiert.

Strafbar ist demnach nicht nur die Nötigung zur Heirat mit Gewalt oder durch Drohung, sondern auch die Verschleppung ins Ausland. In beiden Fällen ist auch jeweils der Versuch strafbar. Es droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Minder schwere Fälle werden mit Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet.

Strafbarkeit von Zwangsverheiratungen im Ausland

Ebenso strafbar ist es, wenn die Zwangsverheiratung im Ausland stattgefunden hat. Es handelt sich dann um eine sogenannte Auslandstat, für die Täter unabhängig von der Gesetzeslage in dem jeweiligen Land in Deutschland verurteilt werden können. Voraussetzung ist, dass das Opfer seinen Wohnsitz oder regelmäßigen Aufenthalt in Deutschland hat.

Strafbarkeit weiterer Straftaten in dem Zusammenhang

Hinzu kommen ggf. Strafen für weitere in dem Zusammenhang ausgeführte Straftaten, z. B.:

Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen

Da von der Zwangsverheiratung mehrheitlich minderjährige Mädchen betroffen sind, wurde als eine Maßnahme gegen Zwangsehen zum 22. Juli 2017 das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen eingeführt. Seitdem liegt das Mindestheiratsalter in Deutschland bei 18 Jahren. Davon gibt es keinerlei Ausnahmen, auch nicht, wenn – wie vorher – das Einverständnis der Eltern vorliegt.

Dabei ist es unerheblich, welche Staatsangehörigkeit die Betroffenen haben. Auch die Verlobung von Minderjährigen ist verboten, ebenso wie die Verheiratung von Kindern in einer religiösen Zeremonie.

Gibt es in Deutschland Zwangsehen?

Das Bundesfamilienministerium hat im November 2011 eine Studie der Lawaetz-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes und dem sozialpolitischen Beratungsbüro Torsten Schaak zum Thema Zwangsverheiratung veröffentlicht.

Demnach gaben 830 Beratungseinrichtungen an, dass es in Deutschland zu dem Zeitpunkt insgesamt 3443 Betroffene gab. 60 Prozent von ihnen drohte die Zwangsehe, beim Rest war diese bereits vollzogen. Nur sieben Prozent der Betroffenen waren Männer. Etwa ein Drittel aller Betroffenen war minderjährig, weitere 40 Prozent waren zwischen 18 und 21 Jahre alt.

Im Jahr 2012 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik insgesamt 56 Fälle von Zwangsehe polizeilich bearbeitet, 2013 waren es 62 Fälle und 2014 58. Die Dunkelziffer unbekannter Fälle jedoch ist vermutlich wesentlich höher. Der Berliner Arbeitskreis gegen Zwangsverheiratung verzeichnete allein im Jahr 2013 460 Fälle in Berlin.

Wo gibt es Hilfe bei drohender Zwangsheirat?

Darüber hinaus gibt es Hilfsangebote von Jugendämtern, Sozialämtern und speziellen Hilfsorganisationen. In Berlin ist das z. B. die anonyme Kriseneinrichtung Papatya. In schwerwiegenden Fällen, insbesondere bei gewaltbereiten Familienmitgliedern, kommt auch die Aufnahme in ein Opferschutzprogramm infrage. Die Flucht vor einer Zwangsehe ist auch ein Anerkennungsgrund als Flüchtling oder für die Gewährung von Asyl.

Eheaufhebung nach Zwangsheirat

Eine Ehe, die unter Zwang geschlossen wurde, kann nach § 1314 Abs. 2 Nr. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufgehoben werden. Dazu kann innerhalb von drei Jahren mithilfe eines Anwalts ein Antrag auf Eheaufhebung gestellt werden.

Im Falle einer Zwangsverheiratung von Minderjährigen gilt Folgendes:

  • Minderjährige Verheiratete, die nach Deutschland einreisen, gelten als unbegleitet und müssen vom Jugendamt in Obhut genommen werden.
  • War die betroffene Person bei der Eheschließung unter 16 Jahre alt, ist die Ehe in Deutschland nichtig.
  • War die betroffene Person bei der Eheschließung zwischen 16 und 18 Jahre alt, kann die Ehe in Deutschland aufgehoben werden.
Foto(s): ©Pexels/Deepak Khirodwala

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