§ 6 WpIVergV - Angemessenheit der Vergütung und der Vergütungssysteme

(1) Die Vergütungssysteme sind angemessen ausgestaltet, wenn sie

1.
deutlich zwischen der fixen und der variablen Vergütung unterscheiden, wobei
a)
die fixe Vergütung im Wesentlichen die einschlägige Berufserfahrung und die organisatorische Verantwortung im Unternehmen widerspiegelt, wie sie als Teil des Arbeits- oder Anstellungsvertrages in der Tätigkeitsbeschreibung der Risikoträger festgelegt ist, und
b)
die variable Vergütung die nachhaltige und risikobereinigte Leistung der Risikoträger sowie die Leistungen widerspiegelt, die über die Tätigkeitsbeschreibung der Risikoträger hinausgehen,
2.
geschlechtsneutral sind,
3.
mit einem soliden und wirksamen Risikomanagement vereinbar und diesem förderlich sind,
4.
Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten umfassen,
5.
ein verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln fördern,
6.
die Verbraucherrechte und -interessen berücksichtigen; insbesondere dürfen nicht ausschließlich quantitative Vergütungsparameter verwendet werden, sofern unmittelbar Verbraucherinteressen betroffen sind,
7.
Anreize für die Risikoträger, unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen, vermeiden und das Risikobewusstsein schärfen und
8.
nicht der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten und des für die Risikosteuerung zuständigen Mitglieds der Geschäftsleitung zuwiderlaufen.

(2) In der Regel sind Vergütungssysteme nicht angemessen ausgestaltet, wenn trotz negativer Erfolgsbeiträge ein der Höhe nach unveränderter Anspruch auf die variable Vergütung besteht.

(3) Vergütungssysteme laufen der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten insbesondere zuwider, wenn

1.
sich die Höhe der variablen Vergütung von Risikoträgern der Kontrolleinheiten auf der einen Seite und den Risikoträgern der von ihnen kontrollierten Organisationseinheiten auf der anderen Seite maßgeblich nach gleichlaufenden Vergütungsparametern bestimmt und die Gefahr eines Interessenkonfliktes besteht,
2.
sich die Höhe der variablen Vergütung von Risikoträgern der Kontrolleinheiten nicht danach bestimmt, inwieweit die mit den Aufgaben der Kontrolleinheiten verbundenen Ziele der Risikoträger erreicht werden,
3.
die Vergütung der Risikoträger der Kontrolleinheiten
a)
nicht so ausgestaltet ist, dass eine angemessene qualitative und quantitative Personalausstattung ermöglicht wird, oder
b)
vorwiegend auf variablen Vergütungsbestandteilen beruht.
Im Hinblick auf das für die Risikosteuerung zuständige Mitglied der Geschäftsleitung gilt Satz 1 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(4) Abfindungen und vertraglich festgelegte Karenzentschädigungen für die Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gelten als variable Vergütung. Das Wertpapierinstitut hat in Bezug auf die Zusage von Abfindungen schriftlich oder elektronisch Grundsätze festzulegen, in denen insbesondere ein Höchstbetrag oder die Kriterien für die Bestimmung der Abfindungsbeträge zu regeln sind. Abfindungen sind im Einklang mit dem Rahmenkonzept nach § 13 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 zu gewähren und angemessen zu dokumentieren. Sie müssen vorbehaltlich Satz 5 der Leistung des Risikoträgers im Zeitverlauf Rechnung tragen und dürfen negative Erfolgsbeiträge oder Fehlverhalten des Risikoträgers nicht belohnen. Folgende Vergütungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 11 und müssen bei der Beurteilung der Angemessenheit des Verhältnisses der variablen zur fixen Vergütung nach § 7 Absatz 1 nicht berücksichtigt werden:

1.
Abfindungen,
a)
auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht,
b)
die aufgrund eines Sozialplans nach § 112 Absatz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach § 79 Absatz 1 Nummer 5 des Bundespersonalvertretungsgesetzes oder nach den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen geleistet werden,
c)
die aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder Prozessvergleichs zu leisten sind oder
d)
die im Fall einer einvernehmlichen oder von dem Wertpapierinstitut veranlassten betriebsbedingten Vertragsbeendigung oder bei Abwendung eines unmittelbar drohenden gerichtlichen Verfahrens einen Betrag nicht überschreiten, der anhand einer vorher in den Grundsätzen nach Satz 2 festgelegten allgemeinen Formel berechnet wurde,
2.
vertraglich festgelegte Karenzentschädigungen für die Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, sofern die Zahlungen vorbehaltlich des § 74 Absatz 2 des Handelsgesetzbuchs die ursprünglich geschuldete Fixvergütung nicht überschreiten, und
3.
sonstige Abfindungen, sofern das Wertpapierinstitut der Bundesanstalt die Gründe für die Gewährung sowie die Angemessenheit des Betrags schlüssig dargelegt hat; bei Abfindungen bis zu einer Höhe, die 200 000 Euro nicht überschreitet, gilt der Betrag als angemessen und es kann auf eine Darlegung verzichtet werden.
Setzt sich die Vergütung aus mehreren Bestandteilen nach Satz 5 zusammen, welche in der Summe die in Satz 5 Nummer 3 genannte Schwelle überschreiten, so ist in jedem Fall eine Darlegung bei der Bundesanstalt nach Satz 5 Nummer 3 notwendig.

(5) Zusätzliche variable Vergütungen, die Risikoträgern zum Zwecke ihrer Bindung an das Wertpapierinstitut gewährt werden (Halteprämien), sind nur zulässig, wenn das Wertpapierinstitut in der Lage ist, sein berechtigtes Interesse an der Gewährung von Halteprämien zu begründen. Sie müssen insbesondere den Vorgaben des § 5 und vorbehaltlich des § 10 auch den Vorgaben des § 8 Absatz 3 und 4 und des § 11 genügen. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Verhältnisses nach § 7 Absatz 1 sind Halteprämien entweder zeitanteilig oder mit dem Gesamtbetrag zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu berücksichtigen.

(6) Bei der Erfüllung der Vorgaben dieser Verordnung trägt das Wertpapierinstitut seiner Größe, internen Organisation und der Komplexität seiner Geschäfte Rechnung.