12-Jährige Luise brutal erstochen. Gehen die beiden Täterinnen straffrei aus?

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Wenn Kinder Straftaten begehen 

Die 12-Jährige Luise wurde in Rheinland-Pfalz erstochen. Ein 12- und ein 13-jähriges Mädchen stehen in Verdacht sie getötet zu haben.
 
Können die beiden Kinder dafür strafrechtlich belangt werden?
 
Dies und mehr erfahrt ihr in meinem Rechtstipp und Video.


Was bedeutet eigentlich "Strafmündigkeit" bzw. Straffähigkeit?

"Strafmündigkeit" ist der Zeitpunkt im Leben eines Menschen, ab dem er damit rechnen muss, wegen einer Straftat gerichtlich verfolgt zu werden.

Das Strafgesetzbuch (StGB) und das Jugendgerichtsgesetz (JGG) verwenden den Begriff "Strafmündigkeit" nicht, sondern wählen andere Formulierungen:
 
 Das StGB spricht von der "Schuldunfähigkeit des Kindes", das JGG von "strafrechtlicher Verantwortlichkeit" von Jugendlichen.

Wie ist die Straffähigkeit von Kindern geregelt?

Paragraf 19 StGB lautet: "Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist."

Das heißt: Bis zum 14. Geburtstag ist man nach dem Gesetz noch Kind und kann nicht strafrechtlich belangt werden, auch nicht nach dem Jugendstrafrecht. Von diesem Grundsatz gibt es keine Ausnahme.

Auch nicht bei schwerwiegenden Vorwürfen und selbst dann, wenn ein Kind im Einzelfall bei der Tat schon die erforderliche Reife hat. Ein Kind unter 14. Jahren bleibt immer straffrei und kann nicht bestraft werden.  Egal wie schwer dessen Tat war.

Weshalb ist das so gesetzlich geregelt?

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder grundsätzlich nicht einsehen können, wenn sie etwas Falsches tun, und dass sie ihr Verhalten nicht entsprechend steuern können.
 
Diese Fähigkeiten, diese Reife traut er erst Jugendlichen nach dem 14. Lebensjahr zu. Deshalb können Kinder nicht bestraft werden, Jugendliche unter Umständen aber schon.

Kann der Staat bei Straftaten von Kindern gar nichts tun?

Doch. Der Staat kann sie zwar nicht mit dem Strafrecht verfolgen oder belangen, die Familiengerichte können aber - auch gegenüber den Eltern - zu verschiedenen Zwangsmaßnahmen greifen, um auf sehr junge Straftäter und Straftäterinnen Einfluss zu nehmen.

Dazu gehört zum Beispiel die Verpflichtung, Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen.

Auch sehr schwerwiegendere Maßnahmen sind möglich. Zum Beispiel die Entziehung des Sorgerechts der Eltern und die Unterbringung straffälliger Kinder in einem Heim oder einem psychiatrischen Krankenhaus.

Solche familienrechtlichen Maßnahmen sind dann aber keine "Bestrafung durch die Hintertür", um fehlende Strafmöglichkeiten nach dem Strafrecht zu ersetzen.

Sollte man das Strafmündigkeitsalter herabsetzen?

Die Befürworter argumentieren, die körperliche Reife junger Leute setze heute eher ein als früher. Gleichzeitig sei die sittlich-charakterliche Reife verzögert. Darauf müsse mit dem Strafgesetz reagiert werden..

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) lehnt dies ab: „Kinder unter 14 Jahren würden zwar strafrechtlich nicht belangt, aber unsere Rechtsordnung kennt andere Wege, um darauf zu reagieren, etwa das Kinder- und Jugendhilferecht sowie das Familienrecht".


Nach welchen Grundsätzen werden Jugendliche überhaupt bestraft?

Ab dem 14. und bis zum 18. Geburtstag gilt man nach dem Jugendgerichtsgesetz als Jugendlicher.
 
In diesem Alter kann man sich strafbar machen und auch zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden.

Voraussetzung dafür ist aber, dass man "zur Tatzeit nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln." Ob das so ist, müssen die Gerichte in jedem Einzelfall feststellen.

Im Jugendstrafrecht geht es in erster Linie nicht um eine Bestrafung, sondern verstärkt darum, erzieherisch auf den Jugendlichen einzuwirken.

Weitere Infos findet ihr in meinem Video oder unter:

GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

Foto(s): GLÜCK - Kanzlei für Strafrecht

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