Ab wann nicht mehr Abschlagsrechnung, sondern Schlussrechnung im Bauprozess?

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Als langjährig auf dem Gebiet des Baurechts tätige Richterin habe ich es immer wieder erlebt, dass ein Bauunternehmen während der Ausführung eines Bauvorhabens wegen offenstehender Abschlagsrechnungen Zahlungsklage erhebt.

In diesen Fällen beruft sich der Bauherr/Auftraggeber stets auf ein Leistungsverweigerungsrecht, das er etwa auf Mängel der bisher erbrachten Bauleistungen, auf Nichterreichen des vereinbarten Teilleistungsziels oder auf die fehlende Prüfbarkeit der Abrechnung stützen kann. Das Gericht wird dann den zu klärenden Fragen nachgehen.
Kommt es dann im weiteren Verlauf zu einem Zerwürfnis der Vertragsparteien und verweigern entweder der Bauherr oder der Auftragnehmer endgültig die weitere Fortsetzung der Bauarbeiten aus dem Bauvertrag, kann die Zahlungsklage nicht mehr auf die Abschlagsrechnungen gestützt werden. Das Recht, Abschlagszahlungen verlangen zu können, erlischt nämlich sowohl bei einem BGB-Vertrag als auch bei einem VOB-Vertrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine endgültige Abrechnung der Bauleistung vorliegen.

Immer dann, wenn feststeht, dass weitere Arbeiten nicht mehr ausgeführt werden, muss die Vergütungsforderung auf die vorzulegende Schlussrechnung gestützt werden. Das Bauunternehmen ist dann verpflichtet, die gesamten erbrachten Leistungen in einer Schlussrechnung prüfbar abzurechnen und die bis dahin auf Abschlagsrechnungen gestützte Vergütungsklage auf diese Schlussrechnung umzustellen. 

Das kann und muss auch während eines bereits laufenden Gerichtsverfahrens geschehen. Dies ist selbst einer anwaltlich vertretenen Partei manchmal nicht bekannt. Auf das Erfordernis der Vorlage einer Schlussrechnung sollte ein Gericht eine Klageparte, die hiervon keine Kenntnis hat, hinweisen. Nicht immer erfolgt jedoch ein solcher Hinweis oder die Klagepartei  bzw. deren Prozessbevollmächtigter unterlässt es, die Klage auf eine Schlussrechnung umzustellen.

In diesem Fall, der leider nicht selten vorkommt, wird das Gericht die Klage als „derzeit unbegründet“ ohne jede Sachprüfung allein mit der Begründung abweisen, dass die Vergütungsforderung nicht mehr auf die Abschlagsrechnungen gestützt werden kann. Die Klagepartei wird dann die gesamten Kosten eines erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der Kosten des gegnerischen Rechtsanwalts tragen müssen, obwohl ihre Vergütungsforderung im Ergebnis möglicherweise berechtigt ist. Sie muss dann eine neue Klage erheben, um auf der Grundlage einer Schlussrechnung ihre Vergütungsforderung einzuklagen.

Die mit einer neuen Klage verbundenen erheblichen Kosten und Zeitverzögerungen werden vermieden, wenn das Bauunternehmen die Forderung in der beschriebenen Situation bzw. auch bereits vorgerichtlich rechtzeitig auf die vorzulegende Schlussrechnung umstellt. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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