Abgasskandal: Abschalteinrichtung laut EuGH-Generalanwältin illegal

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Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren zur Abgasmanipulation sind nach EU-Recht nicht zulässig. Zu dieser Einschätzung kam heute Generalanwältin Eleanor Sharpston am obersten Gericht der Europäischen Union, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). In ihren Schlussanträgen erklärt Sharpston, dass Mechanismen, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems verringern, illegal sind. Die Automobilhersteller hätten dafür zu sorgen, dass ihre Fahrzeuge die vorgeschriebenen Emissionsgrenzen während des gesamten Regelbetriebs einhalten.

Laut dem Gutachten der Generalanwältin Sharpston verstößt eine Abschalteinrichtung gegen EU-Recht. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Mechanismus in das Emissionskontrollsystem eingreift und die Abgasreinigung im Realbetrieb auf der Straße verringert oder ganz deaktiviert. In einer Prüfsituation hingegen aktiviert sich die Abgasreinigung, um die Zulassung zu erhalten. In welcher Situation sich das Fahrzeug befindet, ermittelt das Emissionskontrollsystem anhand verschiedener Parameter, wie Geschwindigkeit oder Umgebungstemperatur.

Dieselmotor: 50 Prozent mehr Emissionen auf der Straße als auf dem Prüfstand

Ein französisches Gericht war an den EuGH in Luxemburg herangetreten, um grundsätzliche Auslegungsfragen zur Zulässigkeit von Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren klären zu lassen und auf dieser Grundlage über den Abgasskandal in Frankreich urteilen zu können.

Ein technisches Gutachten im Rahmen der französischen Ermittlungen ergab, dass ein Fahrzeug des „Unternehmens X“ bis zu 50 Prozent mehr Stickoxide im Realbetrieb ausstieß als auf dem Prüfstand. Aufgrund der Merkmale und Beschreibung des Fahrzeugs im französischen Fall kann davon ausgegangen werden, dass es sich um einen VW mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189 handelt. Das französische Gericht wollte vom EuGH wissen, ob eine Abschalteinrichtung, die den Abgasausstoß beeinflusst, nach EU-Recht zulässig ist – und unter welchen Bedingungen.

Ist eine Abschaltung der Abgasreinigung zum Motorschutz gerechtfertigt?

Nach EU-Verordnung ist eine Abschalteinrichtung nur zum Motorschutz zulässig. Gemeint ist dabei: Eine Abschalteinrichtung darf nur plötzliche, unmittelbare Schäden verhindern und nicht eingesetzt werden, um den Motor langfristig gegen Verschleiß oder Verschmutzung zu schützen.

Auch das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg hält die Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren von Herstellern wie Volkswagen oder Daimler für illegal. Daher ordnete das KBA bereits hunderttausende Rückrufe an, die in den meisten Fällen ein Softwareupdate zur Deaktivierung der Abschalteinrichtung zur Folge hatten.

EuGH und BGH: verbraucherfreundliche Urteile im Abgasskandal erwartet

Als nächstes werden sich die zuständigen Richter in Luxemburg beraten und demnächst ihr Urteil fällen. Der Entscheidungsvorschlag von Generalanwältin Sharpston ist für die Richter des Europäischen Gerichtshofs zwar nicht bindend, doch die Erfahrung zeigt: In den meisten Fällen folgen die EuGH-Richter den Rechtsgutachten ihrer Generalanwälte. Es ist hier also mit einer verbraucherfreundlichen Entscheidung vom obersten Gericht der Europäischen Union zu rechnen, dass dann für alle Mitgliedsstaaten der EU gültig ist.

Ein weiteres Urteil im Dieselskandal steht demnächst an: Kommende Woche, am 5. Mai 2020, entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) über einen Fall im VW-Abgasskandal. Es soll geklärt werden, welche Schadensersatzansprüche Verbraucher gegenüber Volkswagen haben. Das Urteil wird entscheidend für weitere Verfahren gegen die Autohersteller sein, die Abschalteinrichtungen in Dieselmotoren verbaut haben.

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