Abschalteinrichtungen illegal: Wie reagieren die Betroffenen auf das EuGH-Urteil?

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Im Dezember 2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein wegweisendes Urteil im Abgasskandal gefällt: Die Abgasreinigung darf auf Prüfständen nicht gezielt mit Abschalteinrichtungen verbessert werden und die Grenzwerte für schädliche Abgase müssen im regulären Fahrbetrieb und über die Gesamtlebensdauer des Autos erreicht werden, so die Richter. Wie reagiert die Autobranche auf das Urteil und was bedeutet es für geschädigte Verbraucher?

Der EuGH hat am 17. Dezember 2020 geurteilt, dass auch der Verschleiß des Motors den Einsatz von Abschalteinrichtungen nicht rechtfertigt. Sie dürften nur eingesetzt werden, um vor einem plötzlichen Motorschaden zu schützen, der eine konkrete Gefahr beim Fahren mit sich bringt.

Autoindustrie und Verkehrsministerium sehen kein Problem

Der Verband der Autoindustrie (VDA) fühlt sich durch das EuGH-Urteil bestätigt: Bei modernen Motoren würden die Emissionen durch Elektronik gesteuert. Der EuGH habe klargestellt, dass das weiterhin möglich ist, „wenn es der Sicherheit des Motors und der Insassen dient“. Auch VW reagiert gelassen: Der EuGH habe das Thermofenster nicht grundsätzlich infrage gestellt. Ob es notwendig sei, um einen konkreten Motorschutz zu gewährleisten, sei eine Frage der nationalen Gerichte. VW hält seine Thermofenster nach wie vor für zulässig.

Laut Bundes­verkehrs­ministerium entspricht die Auslegung des EuGH der deutschen Rechts­auffassung. „Sie bestätigt die bisherige Anwendung der europäischen Vorschriften durch das KBA und das Vorgehen der Unter­suchungs­kommis­sion Volks­wagen“, kommentiert die Ministeriums­sprecherin Julie Heinl das Urteil auf Anfrage eines Verbraucherportals. Das Verkehrsministerium schließt sich also der Argumentation der Autoindustrie an – doch es gibt auch konträre Reaktionen.

EuGH-Urteil ist Supergau für die Autobranche

Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzende der Grünen, spricht von einer Ohrfeige für die Bundesregierung. „Die CSU-Minister Dobrindt und Scheuer haben systematisch weggeschaut, statt sämtliche betrügerische Abschalteinrichtungen aus dem Verkehr zu ziehen“, so Hofreiter.

Prof. Dr. Stephan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft bezeichnet die EuGH-Entscheidung als „Supergau“ für die Autobranche und rechnet mit einer gigantische Klagewelle. Millionen mit Thermofenstern ausgestattete Fahrzeuge seien nicht in einem legalen Zustand und müssten zurückgerufen werden. Auch für Prof. Dr. Kai Borgeest, Leiter des Zentrums für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren an der Technischen Hochschule Aschaffenburg, steht nach diesem Urteil des EuGH fest: Thermofenster sind nicht zulässig.

Doch die deutschen Behörden sehen offenbar keinen Handlungsbedarf. Deshalb will die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagen: „Sollte sich Bundesverkehrsminister Scheuer weiter weigern, die betroffenen Fahrzeuge amtlich zurückzurufen und die Hersteller zu einem Austausch der funktionsuntüchtigen Abgaskatalysatoren zu verpflichten, wird dies die DUH in ihrer laufenden Klage vor Gericht durchsetzen."

Jetzt auf Schadensersatz klagen!

Alle großen Autobauer haben Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen verbaut, die der EuGH jetzt als illegal einstuft. Das Urteil bringt Klarheit in den Dieselskandal und stärkt die Position von geschädigten Autokäufern. Die nationalen Gerichte müssen jetzt die Zulässigkeit der verschiedenen Abschalteinrichtungen unterschiedlicher Hersteller bewerten. In Deutschland befasst sich der Bundesgerichtshof (BGH) am 23. Februar 2021 mit der Zulässigkeit der VW-Softwareupdates, die ebenfalls über Abschalteinrichtungen verfügen, und am 19. März 2021 wird vor dem BGH über das Thermofenster in einem Mercedes-Modell verhandelt.

Besitzer von Fahrzeugen mit illegalen Abschalteinrichtungen können sich gegen den Betrug wehren und Entschädigungen einklagen. Die Verbraucherrechtskanzlei VON RUDEN rät betroffenen Dieselbesitzern, ihre Ansprüche zügig geltend zu machen, weil manche Ansprüche verjähren könnten. Nutzen Sie einfach unsere kostenlose Erstberatung, kontaktieren Sie uns unter der 030 – 200 590 770 oder unter info@rueden.de. Unsere erfahrenen Rechtsexperten sind gern für Sie da!

Foto(s): Pixabay


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