Ausgleichsanspruch auch bei Nichtantritt des Flugs?
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In wenigen Wochen beginnen in einigen deutschen Bundesländern die Sommerferien und Schlangen vor dem Check-in am Flughafen sind dann vorprogrammiert. Noch ärgerlicher wird es allerdings, wenn der gebuchte Flug sich verspätet oder annulliert wird. Urlauber stehen in diesem Fall aber nicht schutzlos da; so können sie unter bestimmten Voraussetzungen z. B. einen Ausgleichsanspruch fordern. Doch kann ein Urlauber diesen auch geltend machen, wenn er den Flug gar nicht mehr antritt?
Stundenlange Warterei am Flughafen
Ein Mann buchte einen Flug, der um 15:25 Uhr in Amsterdam starten und um 16:40 Uhr in Hamburg landen sollte. Der Fluggast fand sich am Abflugtag zwar rechtzeitig am Flughafen ein – allerdings startete der Flieger nicht. Nach zwei Stunden Wartezeit wurde ihm vielmehr mitgeteilt, dass die Maschine erst am Folgetag abheben würde.
Der Fluggast konnte daher seinen Termin in Hamburg nicht mehr wahrnehmen und trat den Flug am nächsten Tag gar nicht mehr an. Stattdessen wurde das Flugunternehmen zu einer Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004) aufgefordert. Die Fluggesellschaft verweigerte jegliche Zahlung – ein Ausgleichsanspruch bestehe nämlich nur, wenn der Kunde den Flug auch tatsächlich antritt. Der Streit der Parteien endete vor Gericht.
Flugantritt ist nicht zwingend nötig
Das Amtsgericht (AG) Hamburg verpflichtete die Fluggesellschaft zu einer Ausgleichszahlung von 250 Euro gemäß Art. 5 I, 7 I der Fluggastrechtverordnung.
Fluggäste haben grundsätzlich einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung, wenn ihr Flug annulliert wird oder die Maschine das Endziel mit mehr als drei Stunden Verspätung erreicht. Vorliegend hob der betreffende Flieger nicht planmäßig, sondern erst am Folgetag ab. Er kam daher auch mit mehr als drei Stunden Verspätung in Hamburg an, sodass die Fluggesellschaft zweifellos zur Ausgleichszahlung verpflichtet wäre.
Allerdings hat der Reisende den Flug gar nicht angetreten. Das war nach Ansicht des AG Hamburg aber auch nicht nötig. Reisende können schließlich nicht gezwungen werden, einen Flug nur deshalb anzutreten, um die Ausgleichszahlung zu erhalten – das gilt vor allem, wenn der Zweck der Reise aufgrund der Verspätung nicht mehr erfüllt werden kann, z. B. weil der Geschäftstermin verpasst wurde. Mit der Zahlung sollen vielmehr Unannehmlichkeiten ausgeglichen werden, die aufgrund der stundenlangen Warterei auf dem Flughafen und dem damit verbundenen Zeitverlust entstehen.
Vorliegend hat sich der Reisende rechtzeitig auf den Weg zum Flughafen gemacht und bereits zwei Stunden auf den Abflug gewartet, bis er von der erheblichen Verspätung erfuhr. Diese verlorenen zwei Stunden musste die Fluggesellschaft mit der Ausgleichszahlung kompensieren.
Fazit: Wer stundenlang auf dem Flughafen darauf wartet, dass die Maschine endlich abhebt, kann unter Umständen eine Ausgleichszahlung von der Fluggesellschaft verlangen. Das gilt auch, wenn man den Flug letzten Endes gar nicht mehr antritt.
(AG Hamburg, Urteil v. 26.04.2016, Az.: 12 C 238/15)
(VOI)
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