Auswirkungen von Corona auf Bauvorhaben aus Bauherren- und Unternehmersicht

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Neben arbeitsrechtlicher Problematiken, resultierend aus der Corona-Pandemie, welcher sich zahlreiche Artikel und Internetseiten widmen, bestehen momentan für Bauherren und Bauunternehmen bedauerlicherweise ebenfalls erhebliche Risiken. Das wesentliche Problem – resultierend aus dem Corona-Virus – sind Bauzeitverzögerungen.

Darüber hinaus ist, auf Grund zukünftiger, prognostizierter finanzieller Engpässe, welche auf Unternehmer- und Auftraggeberseite entstehen können, für beide Seiten darauf zu achten, dass Zahlungen, so gut als gesetzlich und vertraglich zulässig, dem aktuellen Bautenstand entsprechen, um Ausfallrisiken so gering wie möglich zu halten.

Da Bauunternehmer teilweise nicht mehr auf Arbeitskräfte aus dem benachbarten Ausland zugreifen können oder Handwerker unter Quarantäne gestellt wurden und deshalb Leistungen nicht ausführen können, kommt es bereits vor, dass Baustellen auf Grund Arbeitermangels in Verzögerung geraten. Mir sind auch schon Fälle bekannt in denen Dachdecker auf Grund der Lieferketten nicht mehr gewährleisten konnten, dass Baustellen rechtzeitig begonnen wurden. 

Fliesenleger wurden von Ihren Lieferanten darauf hingewiesen, dass keine Zusagen für die Rechtzeitigkeit von Neubestellungen mehr gegeben werden konnte oder dass besondere Fabrikate nicht mehr lieferbar sind. Dies, da viele Fliesenfabrikate aus Italien stammen. 

Selbst die Bemusterung von Fliesen, um auf andere lieferbare Fabrikate auszuweichen, gestaltet sich, wie mir Mandanten berichten problematisch, da in großen Baustoffcentern keine Bemusterungstermine mehr erfolgen können. Auch die Lieferung von Estrich scheint mancherorts schon problematisch zu sein, da die Produktion in Teilen eingestellt wurde. Dies sind nur exemplarisch aufgegriffene Fälle, welche derzeit zu Bauverzögerungen führen können.

Es stellt sich also die Frage, wie hiermit umzugehen ist.

Sofern, wie in den meisten Fällen, die Bauverträge keine diesbezüglichen Regelungen enthalten, muss auf Gesetz und ggf. (sofern vereinbart) die VOB/B zurückgegriffen werden.

Generell ist es so, dass Unternehmer mit allen zumutbaren Mitteln versuchen müssen den Bau fortzuführen. Wenn man die Rechtsprechung, wenn auch nicht zur „Ausnahmesituation Corona“ betrachtet, so haben Unternehmer auch durchaus finanzielle Aufwendungen zu tätigen, um der Verzögerung entgegen zu wirken.

Für Bauunternehmer bedeutet dies, um Schaden abzuwenden sauber zu dokumentieren, was für Anstrengungen unternommen wurden, um die Verzögerung abzuwenden. Für Bauherren auf der anderen Seite, dass sie sich nicht mit der Aussage zufriedengeben müssen, dass der Bau ins Stocken gerät, mit der pauschalen Begründung „Corona“.

Bauunternehmen müssen aus diesem Grund zwingend Behinderungsanzeigen an die Auftragnehmer versenden, wenn Sie konkret an der Ausführung Ihrer Arbeiten gehindert sind, wobei die Behinderungsumstände darzulegen sind. 

Solche Behinderungsanzeigen sind explizit in der VOB/B vorgesehen und können, sofern die Behinderungsanzeige gerechtfertigt und ordentlich ausgearbeitet ist, dazu führen, dass Vertragsstrafen und Verzugsschäden von Auftraggebern nicht geltend gemacht werden können und es kann eine Verlängerung der Bauzeit angenommen werden.

All dies gilt jedoch nur bei einer berechtigten Behinderungsanzeige, da die Corona-Pandemie nicht zwingend eine Behinderungsanzeige für jede Baustelle in jeder Bauphase rechtfertigt.

Insbesondere gilt es auch zu berücksichtigen, dass Behinderungsanzeigen nur für unvorhersehbare Ereignisse gelten können. Bei erst kürzlich abgeschlossenen Bauverträgen kann hiervon wohl nicht mehr ausgegangen werden, zumal die bedauerlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie bereits bekannt und zumindest in Teilbereichen vorhersehbar sind.

Noch mehr als in „normalen Zeiten“, sollte darüber hinaus von beiden Seiten darauf geachtet werden, dass die erfolgten Zahlungen der vertraglichen und gesetzlichen Lage entsprechen, sodass zum Schutz der Bauherren möglichst keine Überzahlungen vorliegen und auf der anderen Seite keine erheblichen Zahlungsrückstände bestehen.

Gerne stehe ich Ihnen für eine individuelle, telefonische Beratung aus dem Homeoffice zur Verfügung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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