Benannter Wirtschaftsakteur - Maschinenrichtlinie / Marktüberwachungsverordnung

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1. Benannter Wirtschaftsakteur nach Marktüberwachungsverordnung

Art. 4 der Marktüberwachungsverordnung verpflichtet jeden dazu, der Produkte aus einem europäischen Drittstaat in der EU vertreiben will, einen Wirtschaftsakteur zu benennen, der für die Marktüberwachungsbehörden greifbar ist (nachfolgend „benannter Wirtschaftsakteur“). Der Zweck dieser Regelung ist die effiziente Durchsetzung der Marktüberwachungsaufgaben, Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes, Abbau bestehender Wettbewerbsverzerrungen und Förderung der Produktsicherheit. Ohne einen verantwortlichen Wirtschaftsakteur darf ein Produkt grundsätzlich nicht mehr in der EU in den Verkehr gebracht werden.

Wirtschaftsakteure sind nach Art. 4 Abs. 2 der Marktüberwachungsverordnung:

  • Hersteller mit Sitz in der EU

ist grundsätzlich jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwickelt, herstellen lässt und unter ihrem eigenen Namen oder ihrer (Handels-)Marke vertreibt;

  • Einführer mit Sitz in der EU

ist jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt aus einem Drittstaat auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringt;

  • Bevollmächtigter mit Sitz in der EU

ist jede natürliche oder juristische Person, die vom Hersteller schriftlich beauftragt wurde, im eigenen Namen bestimmte Aufgaben der Produktsicherheit für das Produkt zu übernehmen (einschlägige Harmonisierungsvorschriften der Union und Anforderungen der Marktüberwachungsverordnung);

  • Fulfilment-Dienstleister mit Sitz in der EU (subsidiär)

ist jede natürliche oder juristische Person, die mindestens zwei der nachfolgenden Dienstleistungen anbietet: Lagerhaltung, Verpackung, Adressierung und Versand. Paketzusteller sind keine Fulfilment -Dienstleister. Ein Fulfilment-Dienstleister kann zudem nur als Wirtschaftsakteur im Sinne des Art. 4 der Marktüberwachungsverordnung benannt werden, wenn kein Hersteller, Einführer oder Bevollmächtigter in der EU niedergelassen ist.

2. Keine Pflicht zur EU-Ansässigkeit nach Maschinenrichtlinie

Die Maschinenrichtlinie schreibt nicht vor, dass ein sonstiger Wirtschaftsakteur tatsächlich in der EU ansässig sein muss. Denn der Zweck der Maschinenrichtlinie ist nicht die effiziente Marktüberwachung, sondern der Schutz der Endnutzer vor gefährlichen (nichtkonformen) Maschinen. Diesen Zweck kann in allererster Linie nur der Hersteller erfüllen. Um diese Schutzpflicht zu erfüllen, muss der Hersteller aber nicht zwangsläufig seinen Sitz in der EU haben.

3. Änderungen

Die Maschinenrichtlinie wurde noch nicht aktualisiert. Eine Überarbeitung der Maschinenrichtlinie läuft jedoch bereits. 

4. Aufgaben des benannten Wirtschaftsakteurs nach Art. 4 der Marktüberwachungsverordnung

Zentrale Normen in der Marktüberwachungsverordnung in Bezug auf die benannten Wirtschaftsakteure bilden Art. 4-7 der Marktüberwachungs-VO. Der benannte Wirtschaftsakteur übernimmt insbesondere die Verantwortung für die in Art. 4 Abs. 3 der Marktüberwachungs-VO abschließend genannten Aufgaben.

5. Anwendungsbereich

Der zeitliche Anwendungsbereich und damit die nachfolgenden Anforderungen greifen ab dem 16. Juli 2021.

Art. 4 Abs. 5 der Marktüberwachungsverordnung schränkt den Anwendungsbereich auf 18 europäische Produktsicherheitsvorschriften ein. Nur wenn das vermarktete Produkt unter den Anwendungsbereich mind. einer der 18 Produktvorschriften fällt, muss ein in der EU ansässiger Wirtschaftsakteur benannt werden.

Zu den Produktvorschriften zählen grundsätzlich alle Vorschriften, die eine CE-Kennzeichnung vorsehen. Ausgenommen vom Anwendungsbereich sind aber bspw. Medizinprodukte. Im Anwendungsbereich liegen u.a. folgende Vorschriften:

  • Verordnung (EU) 2016/425 über persönliche Schutzausrüstung;
  • Maschinenrichtlinie 2006/42/EG;
  • RoHS-Richtlinie 2011/65/EU;
  • Richtlinie 2014/30/EU über elektromagnetische Verträglichkeit;
  • Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU und
  • Funkanlagenrichtlinie 2014/53/EU.

6. Pflichten nach allgemeinen Produktsicherheitsvorschriften

Wer Hersteller, Einführer oder Bevollmächtigter ist, hat grundsätzlich besondere Pflichten nach den einschlägigen Produktsicherheitsvorschriften zu beachten (z.B. Maschinen-RL).

7. Zusätzliche Pflichten nach der Marktüberwachungsverordnung

Daneben treffen die genannten Personen und die nunmehr miteinbezogenen Fulfilment-Dienstleister weitere Pflichten nach Art. 4 Abs. 3 der Marktüberwachungsverordnung. Das sind:

  • die Kontrolle, dass die EG- bzw. EU-Konformitätserklärung und – falls gesetzlich vorgeschrieben – die Leistungserklärung sowie die technischen Unterlagen erstellt wurden;
  • das Bereithalten der EG- bzw. EU-Konformitätserklärung und der Leistungserklärung vor Ort bzw. gegenüber den Marktüberwachungsbehörden;
  • die Sicherstellung, dass die technischen Unterlagen der Marktüberwachungsbehörde auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden können;
  • die Möglichkeit, alle erforderlichen Informationen und Unterlagen (in Deutsch oder Englisch) für den Nachweis der Konformität an die Behörde zu übermitteln;
  • die Mitteilungspflicht an die Marktüberwachungsbehörde, wenn Kenntnisse über ein mögliches Risiko des Produkts vorliegen;
  • die Zusammenarbeit mit der Marktüberwachungsbehörde und
  • das Ergreifen von Korrekturmaßnahmen, um die Nichtkonformität zu beseitigen oder zumindest das Produktrisiko zu vermindern (produkthaftungsrechtliche Compliance).

7. Kennzeichnungspflichten

Der in der EU ansässige benannte Wirtschaftsakteur muss seinen Namen, Handelsnamen oder Handelsmarke, die Kontaktanschrift sowie ggf. eine abweichende Postanschrift auf dem Produkt anbringen.

Dominik Görtz

Rechtsanwalt
Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth)
Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht


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