BGH: Entschädigung wegen Corona-Lockdown durch Betriebsschließungsversicherung möglich

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Der BGH hat mit Urteil vom 18.01.2023 (Az. IV ZR 465/21) eine Versicherung auf Grundlage der Versicherungsbedingungen ("Bedingungen für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe (BBSG 19)") verurteilt, einer Inhaberin eines Hotelbetriebs wegen des zweiten Corona-Lockdowns eine Entschädigung leisten zu müssen. Der Hotelbetrieb war aufgrund einer Verordnung der Landesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie untersagt worden, Übernachtungsangebote ab dem 30.10.2020 anzubieten. Die Versicherung hatte eine Entschädigung verweigert, da die Versicherungsbedingungen zwar auf meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne der §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes verwiesen hatten (ohne namentliche Aufzählung), der Corona-Virus jedoch bei Vertragsabschluss nicht Gegenstand dieser Regelungen gewesen sei.

Der BGH hat mit seinem nunmehr ergangenen Urteil klargestellt, dass die Versicherungsbedingungen eine Entschädigung aus Anlass einer Betriebsschließung wegen des Corona-Virus (SARS-Cov-2) nicht ausgeschlossen haben. Nachdem der Gesetzgeber den Corona-Virus SARS-Cov-2 in die Auflistung der §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes aufgenommen hatte, trat für die Versicherung auch die Verpflichtung ein, eine nachfolgende Betriebsschließung aufgrund dieses Virus zu entschädigen. Den Versicherungsbedingungen lasse gerade nicht die Beschränkung entnehmen, dass die Versicherung nur Betriebsschließungen wegen solcher Krankheiten bzw. Krankheitserreger umfasse, die bei Vertragsschluss in den §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes aufgelistet gewesen sind. Vielmehr umfasst der Versicherungsschutz auch den jeweils aktualisierten Rechtszustand. Danach war eine Entschädigung für den Lockdown ab Ende Oktober 2020 zu leisten.

Einen Versicherungsschutz für den früheren Lockdown hat der BGH hingegen verneint. Auch wenn der Corona-Virus SARS-Cov-2 aufgrund einer Verordnung als meldepflichtiger Krankheiten und Erreger bestimmt worden ist, hat sich der Versicherungsschutz hierdurch aufgrund der Bedingungen nicht erweitert. Denn erst mit der namentlichen Aufführung des Erregers im Gesetz (§§ 6 und 7 Infektionsschutzgesetz) trat eine Versicherungspflicht ein. Damit ist es dem Versicherungsunternehmen erlaubt gewesen, den Versicherungsschutz an die Formalie (Aufzählung im Gesetz statt in einer Verordnung) zu knüpfen.

Mit Urteil vom 26. Januar 2022 (Az. IV ZR 144/21) hatte der BGH einen Versicherungsschutz aus Anlass des SARS-Cov-2-Virus abgelehnt, da die namentliche Aufzählung der versicherten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in den Versicherungsbedingungen den Corona-Virus nicht aufgezählt hat.

Mit dem jetzigen Urteil stellt der BGH klar, dass Versicherungsbedingungen, die ohne Beschränkungen auf Rechtsvorschriften verweisen, einen Versicherungsschutz nach der jeweils aktuellen Rechtslage begründen (sogenannter dynamischer Verweis).



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