BGH: Mietanpassung wegen Corona-bedingter Betriebsschließung ist Einzelfallfrage

  • 2 Minuten Lesezeit

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 12.01.2021 (Az. XII ZR 8/21) klargestellt, dass Gewerbemieter von ihrem Vermieter wegen pandemiebedingter Betriebsschließungen eine Mietanpassung verlangen können. Dies gilt aber nur dann, wenn ein Festhalten an der ursprünglichen Mietabsprache für den Mieter unzumutbar ist. Wann eine weitere Mietzahlung nach der ursprünglichen vertraglichen Abrede unzumutbar ist, bleibt eine Frage des Einzelfalls, so der BGH. Damit bleiben schematische Mietkürzungen – wie sie das OLG München befürwortet hat – unzulässig. Vielmehr muss der Mieter belegen, welche Nachteile (bzw. Umsatzverluste) er durch eine Betriebsschließung erlitten hat und dass diese Nachteile nicht kompensierbar waren (z. B. durch eigene Anstrengungen bzw. Versicherungsleistungen).

Mietanpassung nach § 313 BGB ist möglich

Grundsätzlich hat sich der BGH dafür ausgesprochen, dass der Mieter sich aufgrund von Betriebsschließungen wegen der Corona-Pandemie auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB berufen kann. Das Risiko staatlich verordneter Betriebsschließungen zur Eindämmung von Infektionen hat nicht allein der Mieter zu tragen. Vielmehr legt der BGH zugrunde, dass Vermieter und Mieter für einen solchen Fall, hätten sie diesen bei Vertragsschluss berücksichtigt, eine Mietanpassung vereinbart hätten. Dabei stellt das Gericht klar, dass enttäuschte Gewinnerwartungen des Mieters aufgrund pandemiebedingter Betriebsschließungen das gewöhnlich beim Mieter liegende Risiko der vertragsgemäßen Verwendung des Mietobjekts übersteigen. Für die umfangreichen staatlichen Eingriffe könne keine Vertragspartei einseitig das Risiko tragen, so der BGH.

Recht auf Mietanpassung und Höhe bleibt Einzelfallfrage

Ob der Mieter aufgrund der eingetretenen „Systemkrise“ seine Miete anpassen kann, bleibt aber eine Einzelfallfrage. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, in welchem Umfang der Mieter – bezogen auf das jeweils einzelne Mietobjekt – Nachteile wie Umsatzverluste erlitten hat. Zugunsten des Vermieters bleibt zu berücksichtigen, inwieweit es dem Mieter möglich gewesen ist, die Nachteile abzuwenden bzw. durch nicht zu erstattende Hilfeleistungen zu kompensieren. Eine existenzielle Gefährdung des Mieters ist keine Voraussetzung für eine Mietanpassung.

Fazit: BGH wählt den Mittelweg

Mit seinem Urteil hat der BGH den Mittelweg gewählt und setzt damit auf die Einzelfallgerechtigkeit. Indem er beiden Vertragsparteien das Verwendungsrisiko aus der Pandemie zuweist, aber gleichzeitig auf den Einzelfall bezogen eine konkrete Darlegung und Bewertung der erlittenen Nachteile unter Berücksichtigung möglicher Gegenmaßnahmen einfordert, rückt der BGH von schematischen Lösungsansätzen ab. Dies erhöht den Argumentationsaufwand für den Mieter für eine Mietanpassung. Gleichzeitig entlastet das Urteil Vermieter von pauschalen Mietabzügen, die einigen Mietern ggf. mehr Entlastung gebracht hätten, als sie Verluste erlitten haben.    

Spannend bleibt in diesem Kontext, inwieweit der BGH Betriebsschließungsversicherungen für eintrittspflichtig hält. Hierzu verhandelt der BGH am 26.01.2022 (Az. IV ZR 144/21).

Für den Fall von Fragen steht Ihnen Rechtsanwalt Philipp Neumann (Kanzlei 2vier2 in Frankfurt am Main) unter der Telefonnummer 069-770 394 690 bzw. per Mail unter neumann@kanzlei-2vier2.de zur Verfügung. Rechtsanwalt Philipp Neumann ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und seit über 15 Jahren in der Prozessführung tätig.    



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Neumann Maître en Droit

Beiträge zum Thema