BGH-Urteil: Ersatz der Finanzierungskosten im Abgasskandal

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Im Rahmen des Diesel-Abgasskandals beantworten der Bundesgerichtshof, wie auch viele weitere Gerichte, immer mehr Fragen.

So hat der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 13.04.2021 (Az.: VI ZR 274/20) zu der Frage des Ersatzes der Finanzierungen von betroffenen Diesel-Fahrzeugen Stellung genommen.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte die Klägerin im Februar 2013 einen gebrauchten VW Golf in einem Autohaus erworben. Das Fahrzeug ist mit dem Diesel-Motor EA189 ausgestattet, durch welchen der Diesel-Skandal im Jahre 2015 überhaupt erst an die Öffentlichkeit gelangte.

Der Motor ist nämlich mit einer Software ausgestattet, welche erkennt, ob sich das Fahrzeug in einem standardisierten Testverfahren oder aber im normalen Straßenverkehr befindet. Innerhalb eines Testverfahrens veranlasst die Software eine erhöhte Abgasrückführung im Vergleich zum Betrieb im normalen Straßenverkehr.

Streitig war lediglich noch die Erstattung der Finanzierungskosten, welche bei der Klägerin in Höhe von 3.275,55€ für Darlehenszinsen und eine Kreditausfallversicherung zustande gekommen sind.


Stattgabe der Erstattung der Finanzierungskosten durch Vorinstanz

Die Vorinstanz hatte dem Begehren der Erstattung der Finanzierungskosten stattgegeben. 

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs, sowie auch einen Anspruch auf Erstattung der Finanzierungskosten in voller Höhe aus § 826 BGB.


Entscheidung des BGH

Der Bundesgerichtshof bestätigt das Urteil des Oberlandesgerichts und weist die Revision der Beklagten ab.

Die Vorinstanzen haben hier nämlich zutreffend angenommen, dass durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs, welches mit einer Abgas-Manipulation versehen ist, die Klägerin vorsätzlich und sittenwidrig durch die Beklagte, die VW AG, geschädigt worden ist.

Damit ist die Klägerin nach §§ 826, 249 I BGB so zu stellen, als hätte sie das Fahrzeug nie erworben. Wäre es nämlich nicht zu dem Fahrzeugerwerb gekommen, hätte die Klägerin den Kaufpreis auch nicht mithilfe eines Darlehens der Volkswagen Bank teilweise finanziert. Damit sind neben dem Kaufpreis auch die Finanzierungskosten in voller Höhe zurückzuzahlen.

Eine Vorteilsanrechnung seitens der Klägerin, welche schadensmindernd zu berücksichtigen wäre, ist zu verneinen, da diese durch die Finanzierung keinerlei Vorteile erlangt hat.

Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin keinen Liquiditätsvorteil durch die Finanzierung im Vergleich zu der Lage hat, die bestünde, wenn der Kaufvertrag gar nicht erst zustande gekommen wäre.

Auch wird der objektive Wert durch die Finanzierung nicht erhöht, wodurch auch keine Erhöhung der Gebrauchsvorteile, die den Nutzungen der Klägerin zuzuordnen wäre, zu verzeichnen ist.

Das Urteil macht deutlich: Zum Schadensersatz gehört nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die „Extrakosten“ für eine Ratenfinanzierung wie Darlehenszinsen. Der Automobilhersteller muss die getäuschten Kunden grundsätzlich so stellen, wie sie stünden, wenn sie den Kaufvertrag nie abgeschlossen hätten.

Ein weiteres verbraucherfreundliches Urteil im Diesel-Abgasskandal, welches die Rechte der Verbraucher im Kampf gegen die täuschenden Automobilhersteller stärkt und so viele Verbraucher anregt, rechtliche Schritte gegen die Hersteller einzuleiten.


Kostenlose Überprüfung Ihrer Schadensersatzansprüche

Betroffene Kunden, in deren Fahrzeug eine illegale Abschalteinrichtung eingebaut ist, können unter Umständen Schadensersatzansprüche geltend machen. Wenn Sie überprüfen möchten, ob auch Ihr Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist und welche Ansprüche Sie haben, nutzen Sie gerne unsere kostenlose und unverbindliche Erstberatung über unser Kontaktformular. Ebenso ist täglich eine telefonische Kontaktaufnahme unter 0221 67 77 00 55 möglich. Als im Dieselskandal erfahrene Verbraucherkanzlei unterstützen wir Sie gerne bei der Durchsetzung Ihrer Rechte.



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