Brückenteilzeit und andere Teilzeitmodelle – habe ich einen Anspruch?

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Nahezu jeder Arbeitnehmer/jede Arbeitnehmerin, der/die in Vollzeit arbeitet, lässt zumindest seine Gedanken ein oder mehrere Male um das Thema Teilzeit kreisen. Sei es, um mehr Zeit für seine Familie zu haben, sich einem Hobby und/oder Ehrenamt zu widmen oder einfach um die Work-Life-Balance neu zu gestalten. An erster Stelle steht zumeist die Frage danach, ob das finanziell zu stemmen ist. Weiterhin ist aber auch zu überlegen, ob ich als Arbeitnehmer einen Anspruch darauf habe, meine Arbeitszeit zu reduzieren. Und wenn ja, in welchem Umfang und nach welchen Modalitäten. In diesem kurzen Beitrag möchte ich auf diese Fragen antworten, wobei ich insbesondere auf die seit dem 01.01.2019 geregelte Brückenteilzeit eingehen werde.

I. Welche rechtlichen Grundlagen für Teilzeit gibt es – was sind die Voraussetzungen?

1.

Zum einen regelt § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), dass Arbeitnehmer einen generellen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit haben. Das Gesetz spricht hier von einer zeitlich nicht begrenzten Verringerung der Arbeitszeit. Das bedeutet, dass die Reduzierung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG auf Dauer angelegt ist. Diese Möglichkeit können sämtliche Arbeitnehmer nutzen. Also auch solche, die bereits in Teilzeit arbeiten.

Die wichtigste Anspruchsvoraussetzung ist dabei, dass das Arbeitsverhältnis schon länger als 6 Monate besteht. Zudem muss der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Personen beschäftigen – wobei Auszubildende nicht mitgezählt werden. Wenn beide Voraussetzungen vorliegen, muss der Arbeitgeber dem Begehren auf Reduzierung der Arbeitszeit nachkommen, wenn keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Ob ein betrieblicher Grund vorliegt, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden. Das Bundesarbeitsgericht hat die Messlatte für die Bewertung recht hoch und somit arbeitnehmerfreundlich gelegt.

Ein Grund wäre beispielsweise, wenn der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er keine geeignete Ersatzkraft finden kann. Das Gesetz spricht zudem davon, dass ein Ablehnungsgrund dann vorliegt, wenn die Verkürzung der Wochenarbeitszeit die betriebliche Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Das kann der Arbeitgeber aber nicht pauschal behaupten. Vielmehr muss er dies anhand eines Organisationskonzeptes schlüssig vortragen und beweisen können. Der Arbeitgeber trägt hierbei die Darlegungs- und Beweislast. Kann der Arbeitgeber keine betrieblichen Gründe entgegenhalten, muss er dem Wunsch nach Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG nachkommen.

2.

Daneben regelt § 15 Abs. 5 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG), dass Eltern eines minderjährigen Kindes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres einen Anspruch auf Teilzeit- in Elternzeit haben, wenn sie mit ihrem Kind in einem Haushalt leben und dieses Kind betreuen und erziehen. Voraussetzung ist auch hier wieder, dass der Arbeitgeber in der Regel 15 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) beschäftigt und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. Diese Voraussetzungen müssen aber nur erfüllt sein, wenn Teilzeit in Elternzeit begehrt wird. Elternzeit als solche steht jedem Elternteil zu.

3.

Neben diesen Möglichkeiten sieht das Gesetz weiterhin einen Anspruch auf Teilzeit vor, wenn ein naher Angehöriger oder ein Familienmitglied gepflegt wird. So sagt es § 3 des Pflegezeitgesetzes (PflegeZG) und § 2 des Gesetzes über die Familienpflegezeit (FPfZG). Beide Möglichkeiten setzen voraus, dass ein naher Angehöriger oder ein Familienmitglied pflegebedürftig ist und von dem Arbeitnehmer gepflegt wird. Die Pflegebedürftigkeit muss nachgewiesen sein.

Bei der Pflege von nahen Angehörigen besteht der Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nur dann, wenn der Betrieb mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Sofern ein Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit zur Pflege eines Familienangehörigen geltend gemacht wird, besteht diese Voraussetzung nicht. Insbesondere bei einem Antrag auf Teilzeitarbeit zur Pflege eines Familienangehörigen gilt es einige Besonderheiten zu beachten. Hier ist eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu schließen und eine Behörde einzuschalten. Insoweit berate ich Sie gerne individuell.

4. Seit dem 01.01.2019 ist nun auch noch die sogenannte „Brückenteilzeit“ in aller Munde. Was genau hat es damit auf sich? 

Dass es einen allgemeinen Anspruch auf Teilzeit gibt, habe ich oben aufgezeigt. Dieser richtet sich nach § 8 TzBfG. Bisher war es jedoch so, dass der Weg in die Teilzeit – zumindest auf dieser Rechtsgrundlage – eine Einbahnstraße war. Denn der Arbeitgeber war nicht verpflichtet, die Arbeitszeit nach einer bestimmten Zeit wieder zu erhöhen. Dies hat viele Arbeitnehmer daran gehindert, den Schritt in die Teilzeit zu wagen. Mit der Brückenteilzeit hat der Gesetzgeber ein Modell geschaffen, um die Teilzeit zu begrenzen.

Um dieses Modell nutzen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht länger als 6 Monate.
  • Der Arbeitgeber beschäftigt in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende).
  • Leiharbeitnehmer sind hier nicht zu berücksichtigen. Gezählt wird aber jeder Arbeitnehmer, gleich ob Teil- oder Vollzeit.
  • Der Zeitraum der Brückenteilzeit beträgt mindestens 1 und höchstens 5 Jahre.

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann der Arbeitgeber den Umfang der Zeitreduzierung frei wählen. Also etwa jeden Tag nur noch 4 Stunden arbeiten oder aber an Montagen nicht mehr arbeiten. Ein Nachweis familiärer Gründe ist nicht erforderlich.

II. Wie beantrage ich Brückenteilzeit?

Die Brückenteilzeit ist bei dem Arbeitgeber in Textform zu beantragen. Also schriftlich, per E-Mail oder per Telefax. Der Antrag muss dabei zwingend 3 Monate vor Beginn der Brückenteilzeit gestellt sein. Die Geltendmachung der Verringerung der Arbeitszeit muss zwingend enthalten sein. Ebenfalls die Angabe des Umfangs, der Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit.

III. (Wann) kann der Arbeitnehmer ablehnen?

Wie bereits oben beschrieben, besteht die Möglichkeit für den Arbeitgeber, den Antrag auf Gewährung von Brückenteilzeit abzulehnen. Dies aber nur, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Diese müssen detailliert mitgeteilt und auch bewiesen werden.

Die Rechtsprechung ist hier sehr arbeitnehmerfreundlich. Um einen entsprechenden Antrag abzulehnen, muss die Organisation, der Arbeitslablauf oder die Sicherheit des Betriebes durch die Gewährung von Brückenteilzeit beeinträchtigt oder das Fehlen des Mitarbeiters mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden sein. In dem meisten Fällen vermag ein Arbeitnehmer dies nicht vorzutragen und zu belegen. Sofern Ihr Antrag auf Brückenteilzeit abgelehnt wurde, melden Sie sich gerne bei mir. Ich prüfe Ihren Fall.

Dagegen ist es nicht möglich, die Brückenteilzeit rechtsmissbräuchlich auszuüben. Wie z. B. die Reduzierung der Arbeitszeit mit dem Wunsch nach arbeitsfreien Tagen zwischen dem 22.12. und 02.01. eines Jahres.

Zudem genießt der Arbeitgeber einen Überforderungsschutz. Je nach Anzahl der Mitarbeiter muss er auch nur einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern Brückenteilzeit gewähren. Erst ab einer Anzahl von 200 Beschäftigten gilt dies nicht.

Wer aus der Brückenteilzeit wieder zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehrt, kann eine erneute Brückenteilzeit erst wieder nach einem Jahr verlangen. Allerdings schließt die Brückenteilzeit andere Teilzeitmodelle – z. B. die Teilzeit in Elternzeit – nicht aus.

IV. Was tun, wenn der Arbeitgeber sich weigert?

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Brückenteilzeit reagieren muss – also bewilligen oder ablehnen. Macht er dies nicht, gilt der Antrag als genehmigt.

Wenn der Arbeitgeber sich weigert, die Brückenteilzeit zu genehmigen, besteht die Möglichkeit, den Anspruch mit arbeitsgerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Hier berate ich Sie gerne. Wenn es eilt, können Sie auch kurzfristig einen Termin mit mir vereinbaren. Denn steht der beantragte Beginn der Brückenteilzeit kurz bevor, kann auch ein Eilantrag bei Gericht gestellt werden.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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