Bundesarbeitsgericht geht gegen Lohndiskriminierung vor

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Der Equal Pay Day ist ein Aktionstag, um das Bewusstsein für das geschlechtsspezifische Lohngefälle zu schärfen und fällt in Deutschland seit seiner Einführung im Jahr 2009 in den Monat März. Aktuell beträgt der Gender Pay Gap  18 %, so dass Frauen die ersten 66 Kalendertage des Jahres symbolisch „umsonst“ gearbeitet haben.


Tatsächlich verbieten gleich mehrere Normen die unterschiedliche Bezahlung aufgrund des Geschlechts: Das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), Art. 157 AEUV und § 3 Abs. 2 des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG). Hier ist jeweils sowohl die unmittelbare als auch die mittelbare Diskriminierung untersagt; wird also auf nur scheinbar neutrale Kriterien abgestellt, die aber faktisch diskriminierend wirken, ist auch dies untersagt (z.B. unterschiedliche Behandlung von Voll- und Teilzeitkräften, da letztere statistisch wahrscheinlich weiblich sind).


Das letzte aufsehenerregende Urteil zum Thema Entgeltgleichheit stammt aus dem Jahre 2021, als das Bundesarbeitsgericht erstmalig das ansonsten eher zahnlose Entgelttransparenzgesetz schärfte. Kürzlich hat das Bundesarbeitsgericht ein weiteres wegweisendes Urteil zum Thema Equal Pay gesprochen.


Mitarbeiterin verdient 1.000 € weniger als männlicher Kollege


Geklagt hatte eine Vertrieblerin, nachdem sie erfahren hatte, dass der nach ihr eingestellte männliche Kollege sein Gehalt um 1.000 € monatlich höher verhandelt hatte. Sie reichte Klage auf Zahlung der bis dahin aufgelaufenen Entgeltdifferenz und auf Schadenersatz wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung ein.


Das Urteil: Verhandlungsgeschick allein rechtfertigt kein höheres Gehalt


Im Gegensatz zu den Vorinstanzen gab das Bundesarbeitsgericht der Klage statt und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung der Entgeltdifferenz sowie 2.000,00 Euro Schadenersatz (Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21). Der Anspruch auf gleiches Grundgehalt für gleiche Arbeit werde nicht durch erfolgreichere Gehaltsverhandlungen aufgehoben, stellte das Gericht fest. Vielmehr begründe die Gehaltsdifferenz die Vermutung, dass die Klägerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts diskriminiert wurde (§ 22 AGG). Diese Vermutung zu entkräften war der Arbeitgeber nicht in der Lage und unterlag daher im Rechtsstreit.


Neue Beweislastverteilung stärkt Equal Pay-Grundsatz


Das aktuelle Urteil ist ein gamechanger, denn „der hat eben besser verhandelt“ war für den Arbeitgeber bisher eine ziemlich sichere Bank. Das alleine genügt nun nicht mehr, um unterschiedliche Gehälter zu begründen. Vielmehr ist der Arbeitgeber, der „nur“ besseres Verhandlungsgeschickt anzuführen hat, in Beweisnot und wird an der Aufgabe, weitere rein objektive Gründe für die Ungleichbehandlung anzuführen, häufig scheitern. Die Folge kann nun neben der Zahlung der Gehaltsdifferenz noch eine Schadenersatzzahlung sein.


Weitere Hinweise zum Thema und zum Urteil können Sie in der Langversion unseres Blogbeitrags unter https://kanzlei-kerner.de/blog/gleicher-lohn-fuer-gleiche-arbeit-bundesarbeitsgericht-schaerft-entgeltgleichheit/ nachlesen.




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