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Bundesarbeitsgericht setzt der tariflichen Regelungsmacht klare Grenzen

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Für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen finden tarifvertragliche Regelungen Anwendung.

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, sei es durch automatische Wirkung etwa bei beiderseits tarifgebundenen Parteien, sei es durch arbeitsvertragliche Bezugnahme oder sonstige Umstände.

Grundsätzlich ist es – vereinfacht ausgedrückt – so, dass entweder ein Tarifvertrag automatisch auf ein Arbeitsverhältnis anzuwenden ist, weil beide Parteien tarifgebunden sind oder aber eine Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag im Arbeitsvertrag auf indirektem Weg zu einer Tarifgebundenheit des betreffenden Arbeitsverhältnisses führt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr in insgesamt drei Verfahren über eine durchaus kurios anmutende Regelung in einem Tarifvertrag zu entscheiden:

Kläger waren jeweils bei einer tarifgebundenen Partei beschäftigte Mitglieder der IG Metall, somit war eine beiderseitige Tarifgebundenheit an sich gegeben.

In den jeweiligen Arbeitsverträgen war keine zusätzliche ausdrückliche Bezugnahme auf die Anwendung des Tarifvertrages enthalten.

Im Tarifvertrag selbst war eine Regelung enthalten, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit nur dann bestehen sollen, wenn die Parteien des Arbeitsvertrages eine Bezugnahmeklausel in den jeweiligen Arbeitsverträgen individualvertraglich vereinbart haben.

Dies hätte bei den jeweils klagenden Beschäftigten dazu geführt, dass trotz beiderseitiger an sich gegebener Tarifgebundenheit die betreffenden Mitarbeiter sich nicht auf die Wirkung des Tarifvertrages berufen können, da in ihren Arbeitsverträgen keine ausdrückliche Bezugsklausel enthalten war.

Hier hat das Bundesarbeitsgericht ganz klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass eine Bezugnahmeklausel in einem Arbeitsvertrag nur dann relevant ist, wenn nicht ohnehin bereits eine Tarifgebundenheit gegeben ist und dass es nicht in der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien liegt, eine solche Bezugsklausel zusätzlich zu verlangen, wenn der Tarifvertrag ohnehin aufgrund der Tarifbindung beider Parteien zwischen diesen an sich wirkt.

Das BAG hat insoweit klar zum Ausdruck gebracht, dass den beteiligten Parteien bereits unmittelbar aufgrund der beiderseitigen Tarifgebundenheit Ansprüche aus dem Tarifvertrag zustehen und es insoweit keiner zusätzlichen Bezugsklausel bedarf und auch die Wirkungen eines entsprechenden Tarifvertrages bei gegebener Tarifgebundenheit nicht an eine solche Bezugsklausel geknüpft werden können.

Dies sei auch im Übrigen mit dem durch § 4 Abs. 3 TVG geschützten Günstigkeitsprinzip nicht vereinbar.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2020 – 4 AZR 489/19 sowie 4 AZR 490/19 und 4 AZR  643/19

Foto(s): Steel Photograpie

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