Bundesarbeitsgericht: Verfall von Urlaubsansprüchen nicht mehr ohne weiteres möglich

  • 2 Minuten Lesezeit

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Verjährung von Urlaubsansprüchen erst erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat, beginnt.

Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt bekanntlich der gesetzlichen Verjährung. Diese tritt aber nicht automatisch in Kraft, hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20. Dezember 2022 (Az.:9 AZR 266/20; zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 21. Februar 2020, Az.: 10 Sa 180/19) entschieden. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung.

Im konkreten Fall ging war die Klägerin vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte der Beklagte an die Klägerin zur Abgeltung von 14 Urlaubstagen 3.201,38 Euro brutto. Der weitergehenden Forderung der Klägerin, Urlaub im Umfang von 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren abzugelten, kam der Beklagte nicht nach, berichtet das Bundesarbeitsgericht. Das Landesarbeitsgericht sprach der Klägerin 17.376,64 Euro brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu und erachtete das Landesarbeitsgericht den Einwand des Beklagten, die geltend gemachten Urlaubsansprüche seien verjährt, für nicht durchgreifend. Die Revision des Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

„Für Arbeitnehmer war es schon immer ein Ärgernis, wenn Resturlaub am Ende des Jahres verfällt oder von der Verjährung bedroht ist. Arbeitgeber können es sich nach diesem Urteil des Bundesarbeitsgerichts aber nicht mehr allzu leicht machen und Urlaubsansprüche einfach nach einer gewissen Zeit verfallen lassen, sondern Angestellten explizit über die mögliche Verjährung informieren“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos und die Vertretung von Betroffenen bei Kündigungsschutzklagen und anderen arbeitsrechtlichen Streitigkeit spezialisiert.

„Resturlaub kann also auch Jahre später genommen werden, und Urlaubsansprüche müssen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch nach Jahren ausbezahlt werden. Das wird nur dann eingeschränkt, wenn der Arbeitgeber explizit dafür gesorgt hat, dass Beschäftigte ihren Urlaub tatsächlich nehmen können. Arbeitnehmer sollten ihre Ansprüche in jedem Falle prüfen lassen und gegebenenfalls auch gerichtlich durchsetzen“, betont Arbeitsrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung

Beiträge zum Thema