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Corona-Krise: Welche Maßnahmen darf der Arbeitgeber ergreifen?

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Darf mein Arbeitgeber Zwangsurlaub anordnen? Kann er den Abbau von Überstunden verlangen? Darf er eine Urlaubssperre verhängen? Das sind einige der Fragen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber momentan beschäftigen. Gerade im Hinblick auf das Berufsleben stellt die Corona-Krise viele vor neue Herausforderungen.

Grundsätzlich ist für Urlaub und den Zeitausgleich durch Abbau von Überstunden das beiderseitige Einverständnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer notwendig. § 7 Abs. 1 S. 1 Bundesurlaubsgesetz regelt dies wie folgt:

„Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“

Der Arbeitnehmer beantragt den Urlaub grundsätzlich nach seinen Wünschen. Die Urlaubswünsche werden vom Gesetzgeber nur dann eingeschränkt, wenn seitens des Arbeitgebers dringende betriebliche Belange den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Das könnte z. B. ein plötzlich eingehender Großauftrag sein, der es erfordert, dass alle Mitarbeiter anpacken.

Was ist in der aktuellen Krisensituation anders?

Zurzeit stellt sich im Zusammenhang mit dem Coronavirus die Frage, ob ein Rückgang von Aufträgen und die damit verbundenen Umsatzeinbußen es dem Arbeitgeber erlauben, seine Mitarbeiter in Zwangsurlaub zu schicken. Stellen die in Verbindung mit dem Virus entstehenden, betrieblichen Einschränkungen dringende betriebliche Belange dar, die einen Zwangsurlaub rechtfertigen? Zum jetzigen Zeitpunkt ist das nicht der Fall. Als reine Vorsichtsmaßnahme darf der Arbeitgeber die Belegschaft grundsätzlich nicht kurzfristig zwangsweise in den Urlaub schicken. Dem steht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung entgegen. Das heißt, dass der Arbeitgeber – auch im Falle einer mangelnden Auftragslage – nicht ohne Weiteres Zwangsurlaub anordnen kann.

Gleiches gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer unter behördlich angeordneter Quarantäne steht, der Arbeitgeber wegen einer behördlichen Anordnung den Betrieb schließen muss oder er den Betrieb als reine Vorsichtsmaßnahme schließt. In diesen Fällen befindet sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug der Arbeitsleistung.

Darf der Arbeitgeber den Abbau von Überstunden anordnen?

Der Arbeitgeber kann ggf. anordnen, als Vorsichtsmaßnahme bereits angesammelte Überstunden abzubauen. Zunächst sind hier jedoch die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen und tarifvertraglichen Regelungen zu prüfen. Eine Anordnung des Abbaus von Überstunden könnte unter Abwägung der Interessen der Arbeitnehmer durchaus möglich sein, wenn die Regelungen in den Arbeits- oder Tarifverträgen solche Maßnahmen im Falle von Auftragsrückgängen rechtfertigen.

Darf der Arbeitgeber eine Urlaubssperre verhängen, wenn viele Mitarbeiter im Betrieb erkrankt sind?

Auch in diesem Fall gilt § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz: Der Gesetzgeber erlaubt die Einschränkung der Urlaubswünsche nur, wenn seitens des Arbeitgebers dringende betriebliche Belange den Urlaubswünschen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Wenn also wegen der erkrankten Mitarbeiter nicht sichergestellt ist, dass die Fortführung des Betriebs aufrechterhalten werden kann, ist eine vorübergehende Urlaubssperre möglicherweise gerechtfertigt.

Dürfen seitens des Arbeitgebers Überstunden angeordnet werden?

Arbeitnehmer sind grundsätzlich nur zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn hierzu eine tarif- oder arbeitsvertragliche Regelung oder eine Betriebsvereinbarung besteht. Eine Anordnung auf Überstundenleistung durch den Arbeitgeber könnte daher bei erheblichen, krankheitsbedingten Ausfällen im Betrieb durchaus gerechtfertigt sein.

Abbau von Überstunden, Urlaubsgewährung und Kurzarbeitergeld (KuG)

Im Hinblick auf das KuG ist der Arbeitgeber gehalten, vor der Inanspruchnahme den Abbau von Überstunden- sowie Zeitguthaben anzuordnen. Er kann nicht ohne Weiteres einseitig Urlaub anordnen. Es bedarf hierfür einer wirksamen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Sowohl seitens der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer besteht in der aktuellen Ausnahmesituation viel Unsicherheit über die Umsetzung solcher Maßnahmen und deren Rechtmäßigkeit. Die Anwaltskanzlei Lenné steht Ihnen hierzu gerne beratend zur Seite.



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