Der Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung

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Der Wechsel von der privaten Krankenversicherung (PKV) in die gesetzliche (GKV)

Niedrigere Beiträge, umfangreiches Leistungsangebot – eine private Krankenversicherung erscheint als perfekt zugeschnittene Alternative für junge, gesunde Arbeitnehmer bzw. Selbständige.
Aber das muß nicht so bleiben. Sei es, daß sich die finanzielle Situation ändert, die familiäre oder die gesundheitliche, - wie können Betroffene dann weiter verfahren?

1. Wer als Angestellter zurück in die GKV möchte, muss mit seinem regelmäßigen Bruttoeinkommen unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) von 66.600 Euro (Stand 2023) fallen. Wer bereits vor dem 31. Dezember 2002 privat versichert war, für den gilt eine besondere Grenze von 59.850 Euro.

Sobald Sie diese Entgeltgrenzen unterschreiten, werden Sie wieder versicherungspflichtig – es sei denn, die Entgeltminderung ist nur "von kurzer Dauer". Was genau eine kurze Dauer bedeutet, ist nicht konkret geregelt. Sie ist in aller Regel jedoch anzunehmen, wenn die vorübergehende Minderung des Arbeitsentgelts nicht mehr als drei Monate ausmacht.

Mit Eintritt der Versicherungspflicht können Sie in eine Krankenkasse Ihrer Wahl wechseln. Auch, wenn nachfolgend das Gehalt wieder über die JAEG steigt, können Sie in der GKV bleiben. Dann jedoch nicht mehr als Pflichtversicherter, sondern als freiwillig versichertes Mitglied.

Das Gehalt läßt sich durch Teilzeitarbeit, ein Sabbatical oder ein Arbeitszeitkonto so weit reduzieren, das es auf zwölf Monate hochgerechnet unter der JAEG liegt.

Nach der Rückkehr in die GKV können Sie die Arbeitszeit und damit das Gehalt wieder anheben. Sofern das Einkommen dann wieder die JAEG übersteigt, entfällt die Versicherungspflicht – aber erst zum Ende des Kalenderjahres und nur, wenn das Einkommen auch die Entgeltgrenze des kommenden Jahres überschreitet.

Eine weitere Möglichkeit, auf diesem Wege wieder in die GKV zurückzukehren, bietet die sogenannte Brückenteilzeit. Seit dem 01.01.2019 können Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit für einen bestimmten Zeitraum reduzieren und dann zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren. Von der Brückenteilzeit mit Rückkehrrecht profitieren allerdings nur Arbeitnehmer, die seit mindestens sechs Monaten bei einem Unternehmen mit regelmäßig mehr als 45 Mitarbeitern (Auszubildende zählen nicht mit) beschäftigt sind.

Je näher Ihr Gehalt an der Entgeltgrenze von 66.600 Euro (Stand 2023) liegt, desto eher lohnt sich der temporäre Gehaltsverzicht. Je höher aber das Einkommen ist, desto schwerer lässt sich sagen, ob sich dieser Schritt angesichts der Gehaltseinbußen rentiert. Möglicherweise wäre ein Tarifwechsel in Ihrer derzeitigen PKV sinnvoller.

2. Einkommen in betriebliche Altersvorsorge umwandeln


Es besteht ein Rechtsanspruch auf die sogenannte Entgeltumwandlung: Bis zu 3.504 Euro im Jahr (Stand 2023) können Sie vom Bruttoeinkommen sozialabgabenfrei in eine betriebliche Altersvorsorge einzahlen. D. h., wenn Sie 2023 maximal (66.600 +3504 =) 70.104 € verdienen, können Sie unter die Entgeltgrenze von 66.600 Euro gelangen.

Der dafür nötige Sparbetrag errechnet sich folgendermaßen: Jahresbruttoeinkommen – 66.600 Euro = Betrag, den Sie in die bAV einzahlen sollten.

Der Beitrag zur betrieblichen Altersvorsorge muß nur ein Jahr gezahlt werden. Nach der Rückkehr in die GKV kann der Beitrag herunter- oder ausgesetzt werden.

Aber: Wenn Sie sich von der Versicherungspflicht haben befreien lassen, um trotz eines Einkommens unterhalb der Entgeltgrenze privat versichert zu bleiben, können Sie nicht ohne Weiteres zurück in die GKV. Die Befreiung wirkt nämlich weiter, auch wenn Sie eine neue Stelle haben, die eigentlich versicherungspflichtig wäre.

Erst wenn die Krankenversicherungspflicht wegen eines anderen Grundes wieder eintritt, ist eine Rückkehr in die GKV möglich. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein befreiter Arbeitnehmer für mindestens einen Monat arbeitslos wird und Anspruch auf Arbeitslosengeld I (nicht Bürgergeld) hat.

Rentner, die sich von der Versicherungspflicht haben befreien lassen, können grundsätzlich nicht mehr zurück in die GKV.

Welche Möglichkeiten haben Selbstständige?

Bei Selbstständigen gestaltet sich der Wechsel von der PKV in die GKV schwieriger, denn hier kann nicht einfach das Einkommen gesenkt werden.

1. Der Wechsel in die Festanstellung ist die einfachste Möglichkeit für Selbstständige, um in die GKV zurückzukehren. Der Verdienst im neuen Job muss mehr als 520 Euro monatlich betragen, also über der Minijob-Grenze liegen. Aber er darf die Entgeltgrenze von 66.600 (Stand 2023) nicht übersteigen.

Die selbstständige Tätigkeit müssen Sie nicht aufgeben, Sie können sie im Nebenberuf weiter ausüben. Die abhängige Beschäftigung muss allerdings der Hauptberuf sein. Das bedeutet: Sie muss den Hauptteil der Einnahmen und Arbeitszeit ausmachen.

Als Anhaltspunkte gelten eine Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden pro Woche und ein Bruttoeinkommen von mehr als der halben Bezugsgröße für die Sozialversicherung. Im Jahr 2023 sind das 1.697,50 Euro/monatl. in den alten und 1.645 Euro/monatl. in den neuen Bundesländern. Die Krankenkassen prüfen, ob eine echte abhängige Beschäftigung vorliegt.

2. Geschäftsaufgabe und Familienversicherung


Wenn ein Ehepartner gesetzlich versichert ist, gibt es eine weitere Möglichkeit, in die GKV zurückzukehren. Selbstständige können dann ihr Geschäft aufgeben, um beitragsfrei in die Familienversicherung ihres Ehepartners aufgenommen zu werden.

Dafür müssen aber einige Bedingungen erfüllt sein: So darf das Einkommen als Familienversicherter bestimmte Grenzen nicht überschreiten. Ab Januar 2023 ist lediglich ein Verdienst von 485 Euro im Monat bei einem sozialversicherungspflichtigen Job erlaubt oder ein Minijob.

Wer über die Familienversicherung in die GKV wechselt, wird automatisch auch Mitglied in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung haben Sie allerdings erst nach einer Vorversicherungszeit von zwei Jahren. Seit Januar 2019 wird bei einem nahtlosen Übergang zwischen privater und gesetzlicher Pflegeversicherung auch die Vorversicherungszeit in der privaten Pflegepflichtversicherung angerechnet (§ 33 Abs. 3 SGB XI), aber nur, wenn sie ununterbrochen bestand.

Was ist ein Härtefall?


Wenn alle og. Versuche gescheitert sind, bleiben nur zwei drastische Möglichkeiten, um zurück in die GKV zu kommen.

1. Sie melden sich arbeitslos.
Wer Arbeitslosengeld I bezieht, kann sich wieder gesetzlich versichern (§ 5 Abs. 1.2 SGB V). Das gilt selbst für Privatversicherte, die sich in der Vergangenheit von der Versicherungspflicht befreien ließen. Einzige Ausnahme sind Menschen, die 55 Jahre oder älter sind und deshalb von der Versicherungspflicht ausgeschlossen sind.

Für Selbstständige bedeutet das: Sie müssen Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, die Selbstständigkeit aufgeben und sich beim Arbeitsamt arbeitslos melden.

Übrigens reicht es, einen Monat Arbeitslosengeld I zu beziehen. Seit 2013 gilt die sogenannte obligatorische Anschlussversicherung (§ 188 Abs. 4 SGB V). Wer nach der Versicherungspflicht in der Arbeitslosigkeit eine Stelle oberhalb der Minijob-Grenze annimmt, kann dadurch weiterhin freiwillig Mitglied GKV bleiben.

2. Versicherung im europäischen Ausland


Die zweite Notlösung besteht darin, in einem anderen europäischen Land in die dortige gesetzliche Pflichtversicherung einzutreten. Länder mit einer entsprechenden Krankenversicherungspflicht sind unter anderem die Niederlande, Schweden oder die Schweiz.

In der Regel müssen Sie dazu in das jeweilige Land umziehen oder dort einen Job annehmen. Weiterhin müssen Sie mindestens zwölf Monate dort versichert sein und rechtzeitig die PKV kündigen. Kehren Sie anschließend wieder dauerhaft zurück nach Deutschland, können Sie innerhalb von drei Monaten freiwilliges Mitglied der GKV werden (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).

Wer älter ist als 55 Jahre, kann kaum wechseln – aber es ist möglich

Der Gesetzgeber hat die Wechselmöglichkeiten für diese Menschen stark beschränkt, auch wenn sie etwa ein neues Arbeitsverhältnis eingehen und damit eigentlich versicherungspflichtig würden.

Betroffene haben auch dann eine Chance, wenn sie in den vergangenen fünf Jahren keinen Tag gesetzlich versichert waren. Der Wechsel in die GKV ist nur ausgeschlossen, wenn in diesem Zeitraum zusätzlich mehr als die Hälfte der Zeit keine Versicherungspflicht bestand, zum Beispiel weil

das Jahreseinkommen des Versicherten zu hoch war,

oder er im Hauptberuf selbstständig tätig war,

oder von der Versicherungspflicht befreit war (§ 8 SGB V).

Über die Familienversicherung können ältere Privatversicherte ebenfalls wechseln. Dieses ist jedoch an einige Voraussetzungen geknüpft (§ 10 SGB V). So muss der Ehe- oder Lebenspartner gesetzlich versichert sein, und das eigene Einkommen darf 485 Euro im Monat (Stand 2023) nicht überschreiten; für Minijobber liegt diese Grenze seit Oktober 2022 bei 520 Euro.

Weitere Ausnahmen bestehen für Schwerbehinderte
: Wer einen Grad der Behinderung von mind. 50 hat, kann die freiwillige Aufnahme in eine gesetzliche Kasse beantragen. Die Frist dafür beträgt drei Monate, nachdem die Behinderung festgestellt wurde. Auch in diesem Fall muss der Rückkehrer – oder alternativ auch der Ehegatte oder ein Elternteil – bestimmte Vorversicherungszeiten erfüllen (§ 9 Abs. 1 Nr. 4 SGB V).

Allerdings besteht diese Möglichkeit in der Praxis kaum. Die Krankenkassen haben das Recht, das Höchstalter für eine Aufnahme in ihrer Satzung zu begrenzen. Die meisten Kassen haben diese Grenze auf 45 bzw. 50 Jahre gesetzt.

Wenn Sie in die GKV wechseln und die PKV kündigen, können Sie möglicherweise die angesparten Altersrückstellungen zu nutzen. Viele Versicherer wandeln den PKV-Vertrag auf Wunsch in eine private Krankenzusatzversicherung um und rechnen die Altersrückstellungen darauf an.



Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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