Die Annahme als Kind durch eingetragene Lebenspartner

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Am 19.02.2013 hat das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 1/11) geurteilt, dass § 9 Abs. 7 Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt, soweit er eine sukzessive Adoption durch eingetragene Lebenspartner nicht zulässt.

§ 9 Abs. 7 LPartG in seiner derzeit noch gültigen Fassung verletzt leibliche Kinder eines in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft lebenden Elternteils gegenüber Kindern eines Elternteils, das in einer verschiedengeschlechtlichen Beziehung lebt, in seinem Gleichheitsgrundrecht. Bisher war es so, dass ein Kind, nachdem es zum Beispiel von der Mutter adoptiert wurde, nicht mehr von der eingetragenen Lebenspartnerin der Mutter adoptiert werden konnte. War die Mutter aber in einer Beziehung mit einem Mann, so war eine solche sukzessive Adoption möglich. Kinder, die also von heterosexuell lebenden Menschen adoptiert wurden, hatten grundsätzlich das Recht auf zwei Fürsorgeverpflichtete, zwei Unterhaltsverpflichtete, zwei rechtliche Elternteile. Dies blieb Kindern, die von homosexuell lebenden Menschen adoptiert wurden, von vornherein verwehrt.

Dieses Ungleichgewicht hat der Gesetzgeber nunmehr bis 30.06.2014 zu beseitigen. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber nicht nur § 1742 BGB für auf Lebenspartner entsprechend anwendbar erklärt. In diesem Zuge müsste § 1744 BGB ebenfalls dringend geändert werden. Hiernach soll eine Annahme erst dann ausgesprochen werden, wenn der Annehmende das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat. Als angemessen wird in der Regel ein Zeitraum von ca. einem Jahr betrachtet. Das Amtsgericht Elmshorn hat in seiner Entscheidung vom 20.12.2010 (Aktz. 46 F 9/10) entschieden, dass eine Probezeit gemäß § 1744 BGB dann nicht eingehalten werden muss, wenn als Wunschkind beider Lebenspartnerinnen durch Insemination mit dem Samen eines anonymen Spenders entstandenes Kind durch die Lebenspartnerin der Mutter angenommen wird. Wir betrachten nunmehr also nicht die rechtliche Stellung eines von einem Lebenspartner angenommenen Kindes, sondern das leibliche Kind eines Lebenspartners, dass vom anderen Lebenspartner angenommen werden soll (sog. Stiefkindadoption).

Der Gesetzgeber hat dafür zu sorgen, dass eine Benachteiligung von Kindern homosexuell lebender Eltern unterbleibt. Die Anerkennung der Vaterschaft ist schon vor der Geburt des Kindes möglich, § 1594 Abs. 4 BGB. Die biologische Vaterschaft wird nicht geprüft, so dass auch ein nichtbiologischer Vater die Vaterschaft anerkennen kann. Ein Adoptionsverfahren muss nicht durchgeführt werden.

Die Möglichkeit der Anerkennung der „Mutterschaft" mag für viele (noch) indiskutabel sein, da diese (zweite) Mutterschaft biologisch unmöglich ist. Der Gesetzgeber stellt eine gesetzliche Vermutung aber ausschließlich dafür auf, dass der Ehemann der Gebärenden auch der Kindesvater ist, § 1592 Nr. 1 BGB. Eine Vermutung dafür, dass der Lebensgefährte einer Gebärenden auch der Kindesvater ist, gibt es nicht. Der Lebensgefährte wird nicht ohne weiteres als Vater eingetragen, er muss die Vaterschaft anerkennen. Der Gesetzgeber unterscheidet bei der Anerkennung der Vaterschaft nach § 1592 Nr. 2 BGB aber auch nicht danach, ob der Anerkennende grundsätzlich zeugungsfähig ist oder nicht - ob eine Vaterschaft also überhaupt möglich ist. Erkennbar wird hier, dass der Gesetzgeber die sogenannte sozial-familiäre Beziehung über die biologische Verbindung stellt.

Wenn es dem Gesetzgeber aber bei der Anerkennung der Vaterschaft gerade nicht darauf ankommt, dass der Anerkennende auch tatsächlich der biologische Vater ist, ist nicht nachvollziehbar, weshalb dies für die Mutterschaft der Lebenspartnerin der Gebärenden nicht gelten soll.

Auch wenn es derzeit noch keine ernstzunehmende Diskussion darüber gibt, ob die Anerkennung der „Mutterschaft" wider jeder biologischen Möglichkeit in Erwägung zu ziehen ist, dürfte die sog. Probezeit nach § 1744 BGB jedenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Weshalb sollte einem Kind auch nur ein Tag - geschweige denn ein Jahr - die Möglichkeit, zwei rechtliche Elternteile haben zu dürfen, verwehrt werden. Es bleibt die Frage, ob der Gesetzgeber das Adoptionsrecht für Lebenspartner in diesem Zuge großräumig aufräumt oder ob das Bundesverfassungsgericht auch hier wieder schlicht und einfach zur gesetzgebenden Gewalt umfunktioniert wird.


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