Die einstweilige Verfügung im Wettbewerbsrecht

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Die einstweilige Verfügung ist eine prozessuale Maßnahme, um in kurzer Zeit einen Unterlassungsanspruch vorläufig durchzusetzen und ein langwieriges Klageverfahren eventuell zu umgehen. 

Was ist eine einstweilige Verfügung?

Im Wettbewerbsrecht ist die einstweilige Verfügung eine häufig genutzte Maßnahme, um ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Mitbewerbers schnell und effektiv zu untersagen. Denn nirgendwo anders kann ein rechtswidriges Verhalten so schnell zu großen Vermögensverlusten führen. Wirbt ein Konkurrent irreführend oder kopiert er in lauterkeitswidriger Art und Weise ein Produkt und verdrängt aufgrund einer cleveren Marketingkampagne den eigentlichen „Schöpfer“ oder erkämpft sich dadurch einen anderen Vorteil, kann dies zu erheblichen Vermögenseinbußen bis hin zur Insolvenz des Mitbewerbers führen. Bevor man den tatsächlichen Schaden berechnen kann, sollte das oberste Ziel sein, das Verhalten des Mitbewerbers zunächst zu stoppen, damit kein weiterer Schaden entsteht. 

Hier hilft der im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) normierte Unterlassungsanspruch. Unterlassungsklagen können sich aufgrund der starken Überlastung der Gerichte teilweise monate- bis jahrelang hinziehen. Möchte man aber eilig eine Entscheidung herbeiführen, steht einem das Tor der einstweiligen Verfügung offen. Diese ermöglicht es, im Optimalfall bereits am Tag der Einlegung, ansonsten einige Tage später, eine Entscheidung des Gerichts zu erhalten. Denn legt der Antragsteller die Dringlichkeit des Falles dar, hat das Gericht sofort zu entscheiden. Im Wettbewerbsrecht gilt dabei die Besonderheit, dass diese Dringlichkeit vermutet wird. 

Vorteile einer einstweiligen Verfügung

Neben der schnellen gerichtlichen Entscheidung ist es von Vorteil, dass es dem Grunde nach nur der Einlegung des Schriftsatzes durch den Antragsteller braucht, damit das Gericht entscheiden kann. Ein häufig langwieriger Wechsel anwaltlicher Schriftsätze findet in diesem Verfahren nicht statt. Zudem muss im Rahmen der einstweiligen Verfügung durch den Antragsteller kein Beweis angetreten werden. Vielmehr reicht es aus, dass er die behaupteten Tatsachen glaubhaft macht. Es wird also ein geringerer Grad von Wahrscheinlichkeit verlangt. 

Warum überhaupt noch klagen?

Die einstweilige Verfügung ersetzt das Klageverfahren letztendlich nicht. Als Antragsteller einer einstweiligen Verfügung ist man nach Durchführung des Verfahrens dazu angehalten, seine Rechte im Klageverfahren geltend zu machen. Dies hat den Grund, dass der durch das Gericht erlassene Beschluss ein Titel ist, welcher zwar durchgesetzt werden kann. Dieser wird aber nicht rechtskräftig und bleibt demnach stets angreifbar.

Ausnahmsweise kann ein Klageverfahren dann vermieden werden, wenn der Antragsgegner eine sogenannte Abschlusserklärung abgibt. Mit dieser Abschlusserklärung erklärt sich der Antragsgegner einverstanden, dass er auf eventuelle Rechtsbehelfe gegen oder weitere aus dem Beschluss erwachsene Rechte verzichtet und diesen als endgültige Regelung des Streitfalles anerkennt. 

Muss ich Fristen einhalten?

Wichtig ist, dass man sich nur innerhalb eines begrenzten Zeitraums für eine einstweilige Verfügung entscheiden kann. Zwar schreibt das Gesetz keine Frist zur Einlegung der einstweiligen Verfügung vor. Entscheidend ist vielmehr hierbei wieder die Dringlichkeit. Hier hat sich durch jahrelange Rechtsprechung herausgebildet, dass sich der Antragsteller mit Kenntnisnahme der Rechtsverletzung nicht mehr als einen Monat Zeit lassen sollte, um die einstweilige Verfügung einzureichen. 

Wie kann ich mich gegen eine einstweilige Verfügung wehren?

Ist man als Antragsgegner mit einer einstweiligen Verfügung konfrontiert, stehen mehrere Möglichkeiten offen, sich hiergegen zu wenden. 

Ist zu erwarten, dass der Gegner eine einstweilige Verfügung plant, etwa weil man zuvor abgemahnt wurde, kann man vorsorglich eine sogenannte Schutzschrift im entsprechenden Register einreichen. Hierbei handelt es sich um eine Erwiderung auf eine zu erwartende einstweilige Verfügung, welche das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen hat. 

Möchte man sich nicht mit dem gegen einen ergangenen Beschluss zufriedengeben, kann dagegen Widerspruch eingelegt werden. Sodann hat das entscheidende Gericht eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und letztendlich durch Urteil zu entscheiden. 

Zudem kann der Antragsgegner den Antragsteller auffordern, Klage zu erheben. Dies kann für den Antragsgegner vorteilhaft sein. Eventuell kann der Antragsteller den Vollbeweis, den er nun zu führen hat, nicht erbringen. Weiterhin können nun auch Zeugen oder etwa Sachverständige als Beweismittel angebracht werden. 

Bundesverfassungsgericht pocht auf Waffengleichheit

Seit dem Beschluss des BVerfG vom 30. September 2018 (1 BvR 1783/17) muss dem Antragsgegner auch im einstweiligen Verfügungsverfahren zwingend die Möglichkeit eingeräumt werden, auf das mit dem Antrag geltend gemachte Vorbringen zu erwidern. Dies kann dadurch gewährleistet sein, dass der Antragsgegner zuvor außergerichtlich abgemahnt wurde und die daraufhin erfolgte Stellungnahme der einstweiligen Verfügung beigelegt wird. Die Abmahnung sowie die unter ordnungsgemäßer Fristsetzung erfolgte Möglichkeit zur Stellungnahme der Gegenseite ist unbedingt aufgrund der kurzen Einlegungsfrist der einstweiligen Verfügung zu berücksichtigen. Ist eine vorherige Abmahnung nicht erfolgt, hat das Gericht dem Antragsgegner im Verfahren die Möglichkeit zu eröffnen, zu dem Verfügungsantrag des Antragstellers Stellung zu nehmen. Dies verzögert die gewünschte Entscheidung des Gerichts seitens des Antragstellers nicht unerheblich. 

Einstweilige Verfügung als scharfes Schwert im Wettbewerbsrecht

Mit einer einstweiligen Verfügung kann im Wettbewerbsrecht bereits viel erreicht werden. Nicht umsonst wird dieses Verfahren dem Klageverfahren häufig vorgezogen. Insbesondere die gesetzliche Dringlichkeitsvermutung hilft, die eigenen Interessen schnell durchzusetzen. Denn im Wettbewerb ist Zeit immer Geld. Ein sich lange ziehendes Verfahren ist häufig nicht zielführend. . 

Zögern Sie nicht, Ihre Interessen im einstweiligen Verfügungsverfahren durchzusetzen bzw. sich gegen rechtswidrige Verfügungen zur Wehr zu setzen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei. Wir besprechen mit Ihnen die für Sie im Einzelnen erforderlichen und sinnvollen Schritte und freuen uns über Ihre Kontaktaufnahme.

Rechtsanwalt Dennis Tölle

Tölle Wagenknecht Rechtsanwälte Partnerschaft mbB


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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