Die Rechte des gewerblichen Mieters und Pächters in der Corona-Krise

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Aktuell ergehen im Zuge der Corona-Krise u. a. Schließungsanordnungen durch verschiedene Landesregierungen u. a. für Gaststätten, Hotels, Verkaufsstellen des Einzelhandels, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Messen und Freizeiteinrichtungen. Für all diese Unternehmen stellt sich die Frage, ob sie als Mieter oder Pächter weiterhin zu einer unveränderten Fortzahlung der Miete bzw. Pacht verpflichtet sind.

1. Mietminderungsrecht 

Gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist, von der Entrichtung der Miete ganz bzw. teilweise befreit. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen und Gebrauchshindernisse können einen Mangel darstellen, der ein solches Mietminderungsrecht gibt, sofern sie sich auf die Benutzbarkeit der Mietsache und nicht auf die Person des Mieters beziehen (vgl. BGH, NJW 2011, 3151; 2017, 1104, NJW-RR 1992, 267; 2014, 264). 

Dabei kommt es auch auf den vereinbarten Gebrauchszweck an (BGH, NJW-RR 1991, 1102). Gemäß § 581 Abs. 2 BGB gelten § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB und die nachfolgenden Ausführungen entsprechend für Pachtverhältnisse.

Vorliegend sind die behördlichen Maßnahmen im Zuge der Corona-Krise nicht von vornherein dem Risikobereich einer der Vertragsparteien zuzuordnen.

Grundsätzlich tendiert die Rechtsprechung des BGH dazu, das Risiko behördlicher Maßnahmen oder Gesetzesänderungen im Rahmen von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann dem Vermieter zuzuordnen, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben. 

Denn gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Vermieter von Gewerberäumen lediglich verpflichtet, den Mietgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Mieter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglicht. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache trägt bei der Gewerberaummiete dagegen grundsätzlich der Mieter. 

Folglich kam der BGH für die gesetzliche Einführung eines Rauchverbots in Gaststätten zum Ergebnis, dass hieraus keine Pflicht des Verpächters resultierte, auf Verlangen des Pächters durch bauliche Maßnahmen die Voraussetzungen zu schaffen, dass dieser einen gesetzlich vorgesehen Raucherbereich einrichten kann.

Andererseits unterscheidet sich die Corona-Krise von typischen Fällen eines Verwendungsrisikos, welches allein der Sphäre des Mieters zuzuordnen ist. Denn vorliegend stellt sich die Frage, ob es sich noch um ein typisches Vertragsrisiko des Mieters handelt, oder ob das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung so stark gestört ist, dass die Grenze des übernommenen Risikos überschritten und das Interesse der benachteiligten Partei auch nicht mehr annähernd gewahrt ist. 

Ein Minderungsrecht des Mieters dürfte daher hier grundsätzlich in Betracht kommen, wobei es im Rahmen der erforderlichen umfassenden Interessenabwägung auf die weiteren Umstände des Einzelfalls ankommt, z. B. auf die mietvertraglichen Regelungen zum Nutzungszweck und zur Risikoverteilung, die Dauer der Nutzungsbeschränkung durch die Corona-Krise sowie die für die Vertragsparteien jeweils entstehenden Nachteile.

2. Störung der Geschäftsgrundlage 

Der Frage, ob neben den Mangelgewährleistungsvorschriften die Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) anwendbar sind, stand der BGH in älteren Entscheidungen ablehnend gegenüber (vgl. NJW-RR 1992, 267). 

Zum einen könnte der Frage der angemessenen Risikoverteilung bei Äquivalenzstörungen aber im Rahmen der vorerwähnten Anwendung der Vorschriften der mietrechtlichen Mängelgewährleistung durch die Gerichte Rechnung getragen werden, zum anderen könnte die Corona-Krise generell von den Gerichten außerhalb des Gewährleistungsrechts als Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) angeknüpft werden.

3. Folgerung

Sofern der Mieter/Pächter aktuell weiterhin die Miete bzw. Pacht trotz bestehender Nutzungsbeschränkungen vorbehaltslos zahlt, kann nach der Rechtsprechung eine spätere Rückforderung ausgeschlossen sein (vgl. NJW-RR 1992, 267). Daher wäre – nach rechtlicher Prüfung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls – ein denkbares Ergebnis, dass die Miete/Pacht aktuell ggf. unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt wird.

Alternativ ist auch der gewerbliche Mieter/Pächter  nach dem Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie berechtigt, im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 die Mietzahlung vorläufig auszusetzen, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Vermieter hat dann zwar kein Kündigungsrecht, allerdings ist die Miete/Pacht bei Berufung auf diese Regelung später (nach aktueller Rechtslage bis zum  30.06.2022) nachzuzahlen.

Haben Sie Fragen? Kontaktieren Sie gerne: Dr. Rainer Korch



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