Die Verweigerung der Rückzahlung eines fälligen Gesellschafterdarlehens durch die Geschäftsführung in der Krise.

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Das verweigerte Gesellschafterdarlehen in der Krise

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten stehen viele Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Liquidität zu sichern und gleichzeitig gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Ein besonders heikles Thema in diesem Zusammenhang ist die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen, insbesondere wenn das Unternehmen in eine Krise gerät. 

In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich aus § 15b Abs. 5 InsO in Verbindung mit § 30 GmbHG ergeben, und geben praktische Hinweise für Geschäftsführer und Gesellschafter.

Denn in einer Krisensituation kommen "Drucksituationen" nicht nur von externen Gläubigern. Insbesondere Gesellschafter und Kapitalgeber versuchen bei Unternehmensschieflage ihr Kapital zu sichern.


Grundlagen des Gesellschafterdarlehens

Ein Gesellschafterdarlehen ist ein Darlehen, das ein Gesellschafter seiner eigenen GmbH gewährt. Solche Darlehen sind in der Praxis häufig anzutreffen, insbesondere in Situationen, in denen das Unternehmen zusätzliche finanzielle Mittel benötigt, aber keine externen Kredite aufnehmen kann oder will.

Durch kontinuierliche Kapitalhingabe über viele Jahre, kann sich hier beträchtliches Gesellschafterkapital aufbauen, was es in einer Krisensituation durchaus zu sichern und auszubezahlen lohnt.


Rechtliche Einordnung in der Unternehmenskrise

Die rechtliche Komplexität beginnt, wenn das Unternehmen in eine Krise gerät. 

Gemäß § 15b Abs. 5 InsO in Verbindung mit § 30 GmbHG werden Gesellschafterdarlehen in der Krise eines Unternehmens wie Eigenkapital behandelt. Dies bedeutet, dass die Rückzahlung eines solchen Darlehens in der Krise der Gesellschaft unter bestimmten Umständen als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen angesehen werden kann.

Insbesondere im Insolvenzfall wird der Insolvenzverwalter Kapitalbewegungen in diesem Bereich ganz besonders unter die Lupe nehmen.

Es gilt daher frühzeitig eine Sicherung zugunsten des kapitalgebenden Gesellschafters vorzunehmen.


Das Verbot der Rückzahlung in der Krise

Das Kernstück dieser Regelungen ist das Verbot der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen in der Krise, wenn dadurch das Stammkapital der GmbH angegriffen wird. 

Dieses Verbot soll verhindern, dass Gesellschafter sich zu Lasten der Gläubiger bereichern, indem sie ihre Darlehen zurückfordern, während das Unternehmen zahlungsunfähig ist oder überschuldet wird.

Insolvenzrechtlich wird dieser Grundsatz zudem über die Anfechtungsregelung nach § 135 InsO abgesichert. Hierüber kann der Insolvenzverwalter im Insolvenzfall bestimmte Darlehensrückzahlungen zur Insolvenzmasse zurückfordern.


Ausnahmen und Handlungsspielräume

Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz. Eine Rückzahlung kann zulässig sein, wenn sie nicht zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt oder wenn das Darlehen zu marktüblichen Konditionen gewährt wurde und ein fremder Dritter das Darlehen unter denselben Bedingungen auch gewährt hätte (sog. Arm's-Length-Prinzip).

In diesem Fall kann eine Auszahlungsverweigerung durch die Geschäftsleitung eine Haftung begründen.


Haftungsrisiken für Geschäftsführer

Geschäftsführer müssen besonders vorsichtig sein. Die unberechtigte Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens kann zu persönlichen Haftungsrisiken führen. Ebenso die unberechtigte Verweigerung der Auszahlung eines fälligen Darlehens. Der Grad ist für die Geschäftsleitung in diesem Bereich sehr schmal und erfordert zwingend die fachkundige Beratung eines Rechtsanwalts.

Geschäftsführer sind verpflichtet, die finanzielle Lage des Unternehmens genau zu überwachen und dürfen keine Zahlungen leisten, die das Unternehmen zahlungsunfähig machen würden (wenn die Krisensituation eingetreten ist).


Fallbeispiele für verbotene Darlehensrück-zahlungen in der Krise

Die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen in der Krise einer GmbH kann, wie bereits erläutert, rechtlich problematisch und komplex sein. 

Im Folgenden werden drei Fallbeispiele mit zitierter Rechtsprechung - zum besseren Verständnis - vorgestellt, in denen die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen als unzulässig angesehen wurde:

Fallbeispiel 1: BGH, Urteil vom 14.12.2011 – II ZR 6/11

In diesem Fall hatte ein Gesellschafter seiner GmbH ein Darlehen gewährt. Als die GmbH in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde das Darlehen zurückgezahlt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Rückzahlung unzulässig war, da sie in der Krise der Gesellschaft erfolgte und zur Insolvenzreife führte. Der BGH stellte klar, dass die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen in der Krise der Gesellschaft grundsätzlich als verbotene Auszahlung von Gesellschaftsvermögen anzusehen ist.

Fallbeispiel 2: BGH, Urteil vom 10.10.2017 – II ZR 353/16

In diesem Fall ging es um die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens nach Eintritt der Insolvenzreife. Der BGH bestätigte, dass die Rückzahlung des Darlehens nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft unzulässig war. Es wurde argumentiert, dass solche Zahlungen das Vermögen der Gesellschaft zum Nachteil der Gläubiger verringern und daher als verbotene Auszahlungen anzusehen sind.

Fallbeispiel 3: BGH, Urteil vom 24.5.2005 – II ZR 123/04

In diesem Urteil befasste sich der BGH mit der Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, das unter dem Vorbehalt stand, dass es bei Bedarf zur Vermeidung einer Überschuldung zurückgezahlt werden sollte. Der BGH urteilte, dass die Rückzahlung des Darlehens unzulässig war, da sie zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Gesellschaft bereits überschuldet war. Dies verstieß gegen § 30 GmbHG, wonach Auszahlungen an Gesellschafter, die das Stammkapital angreifen, unzulässig sind.


Fazit und Handlungsempfehlungen

In Krisenzeiten ist besondere Vorsicht geboten, wenn es um die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen geht. Geschäftsführer sollten die finanzielle Lage des Unternehmens genau im Blick behalten und sich im Zweifelsfall rechtlich beraten lassen. Gesellschafter sollten sich bewusst sein, dass ihre Darlehen in der Krise wie Eigenkapital behandelt werden können und eine Rückzahlung unter Umständen nicht möglich ist.

Hierfür hat der Gesetzgeber eine verschärfte Geschäftsführerhaftung vorgegeben sowie insolvenzrechtliche Anfechtungsregeln verankert.

Sollte solch eine Konstellation auftreten, ist dringend die Hinzuziehung eines fachkundigen Rechtsanwalts anzuraten.


Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub generiert über Midjourney


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